Stefan Jerzy Zweig

Stefan Jerzy Zweig wurde 1941 in Krakau geboren. Seine Eltern – der Rechtsanwalt Dr. Zacharias Zweig und dessen Ehefrau Helena – waren polnische Juden. 1941 kam die Familie, zu der auch Stefan Jerzys ältere Schwester Sylwja gehörte, ins Ghetto von Krakau, später in verschiedene Lager, und schließlich wurde sie auseinandergerissen.

Vater und Sohn wurden im August 1944 in einem Viehwaggon in das Konzentrationslager Buchenwald transportiert. Stefan Jerzy Zweig erhielt die Häftlingsnummer 67509. Seine Körpergröße wurde auf der Karteikarte mit „97 cm“ angegeben. Als Grund für die Inhaftierung des dreieinhalbjährigen Kindes schrieb jemand „Polit Pole Jude“. Zur Lagerverwaltung gehörende Häftlinge – darunter Willi Bleicher und Robert Siewert – nahmen den Jungen in ihre Obhut. Stefan Jerzy Zweig war nicht das einzige Kind im KZ Buchenwald, aber das jüngste und wurde deshalb zum Symbol für den Überlebenswillen, zum „Kind von Buchenwald“.

Einige Wochen nach Stefan Jerzy Zweigs Einlieferung stand sein Name auf einer Liste von zweihundert Kindern, die nach Auschwitz deportiert werden sollten. Im letzten Augenblick wurde er ins Krankenrevier gebracht und unter Typhuskranken versteckt. Jemand strich seinen Namen auf der Liste durch und ersetzte ihn durch den des sechzehnjährigen Romani Willy Blum.

Als die Bewacher das Konzentrationslager Buchenwald am 11. April 1945 fluchtartig verließen und die ersten amerikanischen Soldaten auftauchten, waren Stefan Jerzy Zweig und sein Vater unter den Überlebenden.

Wegen seiner guten Englischkenntnisse arbeitete Zacharias Zweig noch einige Wochen als Übersetzer im Internationalen Häftlingskomitee von Buchenwald.

Während eines Aufenthalts in Polen wurde Zweigs Befürchtung, dass die Nationalsozialisten seine Frau Helena und seine Tochter Sylwja in Auschwitz umgebracht hatten, zur Gewissheit.

Wegen einer Tuberkulose verbrachte Stefan Jerzy Zweig drei Jahre in verschiedenen Lungensanatorien in Polen, in der Schweiz und in Südfrankreich. Erst 1949 gingen er und sein Vater in Marseille an Bord eines Schiffes, das sie nach Israel brachte.

Weil Zacharias Zweig dort keine Anwaltstätigkeit ausüben konnte, fing er als Sachbearbeiter im israelischen Finanzministerium an und blieb dort bis zu seiner Pensionierung. Stefan Jerzy Zweig machte Abitur und leistete seinen Wehrdienst in der israelischen Armee ab. Sein Mathematikstudium in Tel Aviv brach er vorzeitig ab.

Immer wieder erzählte Zacharias Zweig seinem Sohn, der sich daran kaum noch erinnern konnte, von der Gefangenschaft im Konzentrationslager Buchenwald, und für die Shoah-Gedenkstätte Yad Vashem schrieb er darüber einen Bericht. (Die Aufzeichnungen wurden 1987 unter dem Titel „Mein Vater, was machst du hier …? Zwischen Buchenwald und Auschwitz“ vom dipa-Verlag in Frankfurt am Main veröffentlicht.)

Von dem Roman, den der DDR-Schriftsteller Bruno Apitz 1958 unter dem Titel „Nackt unter Wölfen“ über „das Kind von Buchenwald“ veröffentlicht hatte, erfuhren die Zweigs zunächst nichts. Als dann aber Frank Beyer den Roman

verfilmte („Nackt unter Wölfen“, 1963), suchten Journalisten nach Stefan Jerzy Zweig. Sie entdeckten den israelischen Staatsbürger in Lyon, wo er sein Mathematikstudium doch noch einmal aufgenommen hatte. Stefan Jerzy Zweig las eine französische Übersetzung des Buches – und war über den Medienrummel nicht besonders erbaut.

Die Popularität half ihm jedoch, 1964 – nach dem erneuten Abbruch seines Mathematikstudiums – von der Filmhochschule Babelsberg aufgenommen zu werden. Der Dreiundzwanzigjährige zog nach Ostberlin und ließ sich zum Kameramann ausbilden. Seinen Abschlussfilm drehte er in der Gedenkstätte Buchenwald. Im Januar 1972 übersiedelte Stefan Jerzy Zweig mit einer DDR-Bürgerin, die er inzwischen geheiratet hatte und ihrem gemeinsamen Sohn nach Wien, wo er vom ORF als Kameramann eingestellt wurde und später der zweite Sohn geboren wurde. Im gleichen Jahr (1972) starb sein Vater.

Hans Joachim Schädlich beschäftigte sich in seinem Roman „Anders“ (Rowohlt Verlag, Reinbek 2003) unter anderem mit der Verfälschung historischer Tatsachen in dem Roman „Nackt unter Wölfen“.

Anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald stellte Stefan Jerzy Zweig am 11. April 2005 in einem israelischen Hotel am Toten Meer sein im Eigenverlag publiziertes Buch vor: „Tränen allein genügen nicht“.

© Dieter Wunderlich 2005

Frank Beyer: Nackt unter Wölfen
Konzentrationslager Buchenwald

Hubert Fichte - Versuch über die Pubertät
Hubert Fichte springt von Assoziation zu Assoziation, ohne sich um die wechselnden Zeitebenen zu kümmern: "Versuch über die Pubertät" wirkt wie eine Collage, ein Stakkato aus kurzen Sätzen, denen es nicht an Sarkasmus fehlt.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.