Anna und der König

Anna und der König

Anna und der König

Anna und der König - Originaltitel: Anna And the King - Regie: Andy Tennant - Drehbuch: Steve Meerson und Peter Krikes, nach Tagebüchern von Anna Leonowens - Kamera: Caleb Deschanel - Schnitt: Roger Bondelli - Musik: George Fenton - Darsteller: Jodie Foster, Chow Yun-Fat, Bai Ling, Tom Felton, Keith Chin, Syed Alwi u.a. - 1999; 160 Minuten

Inhaltsangabe

Die englische Witwe Anna Leonowens reist 1862 mit ihrem kleinen Sohn und zwei indischen Bediensteten nach Bangkok, um dem ältesten Sohn des Königs Mongkut die englische Sprache und westliche Bildung zu lehren. Ihr selbstbewusstes Auftreten verlangt dem König Respekt ab und er verliebt sich in sie ...
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Kritik

Die angeblichen Erlebnisse der Engländerin Anna Leonowens in Siam lagen bereits dem Musical-Welterfolg "The King an I" zugrunde. In seiner Neuverfilmung erzählt Andy Tennant die märchenhafte Geschichte episch breit und eher konventionell, aber vor einer ungewöhnlich pompösen, farbenprächtigen Kulisse.
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Die spröde Engländerin Anna Leonowens (Jodie Foster) reist 1862 mit ihrem kleinen Sohn Louis (Tom Felton) und zwei indischen Bediensteten nach Bangkok. Ihr Ehemann Tom, ein britischer Offizier, starb vor 23 Monaten. Louis hat England noch nie gesehen, denn die Familie hatte in Indien gelebt. Siam ist eines der wenigen südostasiatischen Länder, das nicht von westlichen Staaten beherrscht wird, sondern eine eigenständige Regierung hat. Hier soll Anna dem ältesten Sohn des Königs Mongkut (Chow Yun-Fat), Prinz Chulalongkorn (Keith Chin), die englische Sprache und westliche Bildung lehren.

Enttäuscht stellen die Reisenden fest, dass niemand sie vom Schiff abholt. Mit Rikschas lassen sie sich zum Palast bringen, wo sie von Premierminister Kralahome (Syed Alwi) empfangen werden. Erst nach drei Wochen führt er sie zu einer großen Audienz des wie ein Gott verehrten Königs, aber dann hält er auch diesen Zeitpunkt für ungünstig. Anna lässt sich jedoch nicht zurückhalten, stürmt durch die ergeben knienden Menschen nach vorne zum König und spricht ihn an, ohne sich zu Boden zu werfen. Ein unerhörter Vorgang! Doch der König ist beeindruckt und beauftragt die englische Lehrerin, nicht nur seinen ältesten Sohn, sondern alle 58 Kinder zu unterrichten, die er mit 23 Ehefrauen und 42 Konkubinen gezeugt hat. Zehn der Frauen sind gerade wieder schwanger.

Anna bringt dem König Respekt entgegen, ist aber nicht bereit, die englischen Traditionen zugunsten des siamesischen Hofzeremoniells aufzugeben. Der König merkt rasch, dass sie gerade dadurch den Horizont seiner Großfamilie zu erweitern vermag. Und die Engländerin erkennt, dass Mongkut ein visionärer Herrscher ist, der seine Untertanen in eine bessere Zukunft führen will.

Als Tuptim (Bai Ling), eine neue Konkubine des Königs, dabei ertappt wird, dass sie mit ihrem früheren Geliebten Balat, der sich in ein Kloster zurückgezogen hat, weiterhin heimlich in Kontakt geblieben ist, muss das Paar sich vor Gericht verantworten. Anna kann nicht mit ansehen, wie die kahlgeschorene junge Frau blutig geschlagen wird, protestiert dagegen und kündigt an, beim König zu intervenieren. Der empfängt sie zwar, erklärt er jedoch ungehalten, dass er gerade aufgrund ihres Einschreitens nichts mehr für Tuptim und Balat tun könne, denn jetzt würde er seine Autorität verlieren, wenn er sie begnadigte. Tuptim und Balat werden öffentlich geköpft.

Aufgrund dieses entsetzlichen Erlebnisses packt Anna und begibt sich mit ihrem Sohn und den beiden indischen Bediensteten zum Hafen, um Schiffskarten zu kaufen. Da wird sie von Premierminister Kralahome zurückgeholt: Ein aufrührerisches Heer unter General Alak sei im Anmarsch und nur sie könne den König überzeugen, dass er seine Familie in Sicherheit bringen müsse.

Tatsächlich gibt der König Annas Drängen nach und macht sich mit seiner Familie und einigen Getreuen auf den Weg zum Kloster Kong Khai. Doch Alak durchschaut seine Absicht und verfolgt ihn. Es gibt nur noch eine Chance: Mongkut befiehlt Anna und Kronprinz Chulalongkorn, den Weg mit der Familie fortzusetzen, während er mit weniger als einer Handvoll Soldaten zurückbleibt. An der Brücke, die sich noch zwischen Alak und den Königstreuen befindet, bringen die Männer Sprengstoff an. Dann erwartet der König die Aufständischen an der Brücke. Alak wittert eine Falle und hält seine Männer am Flussufer an. Erst als der König in die Mitte der Brücke reitet, wagen Alak und seine Männer sich ebenfalls auf das Bauwerk. Offenbar ist Mongkut bereit, sich mit den Feinden in die Luft sprengen zu lassen. Doch in diesem Augenblick sind an mehreren Stellen in den Hängen am Fluss Explosionen zu hören. Alaks Anhänger glauben, die Engländer seien gekommen, um dem König von Siam beizustehen. Vergeblich versucht Alak, sie zurückzuhalten: Sie fliehen. In dem Getümmel werden zwei, drei von ihnen erschossen. Schließlich steht Alak allein vor dem König auf der Brücke. Mongkut lässt ihn am Leben, dreht sich um und reitet fort. Da greift Alak nach dem Gewehr eines Gefallenen und legt auf den König an. Im letzten Augenblick reißt ein Soldat an der Auslöseschnur für die Sprengladungen unter der Brücke: In der gewaltigen Explosion kommt Alak ums Leben.

König Mongkut ist zunächst entrüstet, dass Anna und Chulalongkorn gegen seinen Befehl am Fluss geblieben sind, aber dann sieht er ein, dass sie ihm durch die Sprengungen das Leben gerettet haben.

Er versteht jetzt, wieso im Westen ein Mann mit einer einzigen Frau glücklich sein kann. Anna und der König haben sich längst ineinander verliebt, doch sie dürfen ihrer Liebe nicht nachgeben. Während Anna das Land verlässt, erzählt der erwachsene Kronprinzen – wie zu Beginn des Films – aus dem Off von der großen, unerfüllten Liebe seines Vaters und dem Licht, dass durch Anna auf das Königreich Siam gefallen ist.

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In zwei Büchern beschrieb Anna Leonowens ihre angeblichen Erlebnisse als Gouvernante und enge Vertraute des siamesischen Königs Mongkut (The English Governess at the Siamese Court, The Romance of the Harem).

Nach diesen Vorlagen schrieb Margaret Landon 1943 einen Bestseller. Drei Jahre später wurde der Stoff erstmals verfilmt („Anna und der König von Siam“, mit Rex Harrison und Irene Dunn). Ein Musical von Richard Rodgers folgte 1951: „The King and I“ („Der König und ich“). An dessen Welterfolg knüpfte fünf Jahre später Walter Lang mit seiner gleichnamigen Verfilmung an (Buch: Ernest Lehman, Kamera: Lean Shamroy, Darsteller: Yul Brynner, Deborah Kerr, Rita Moreno). 1999 wagte sich Andy Tennant an eine Neuverfilmung: „Anna und der König“.

Dabei hat Anna Leonowens entscheidende Teile ihrer eigenen Biografie erfunden, und ihre Beschreibung der paradiesischen Verhältnisse in Siam hat kaum etwas mit der Wirklichkeit zu tun. Geboren wurde sie nicht am 5. November 1834 als Tochter des Captains Thomas Crawford in Wales, wie sie behauptete, sondern drei Jahre früher unter dem Namen Anna Edwards in Bombay. Ihr Vater, ein Tischler, starb drei Monate vor ihrer Geburt. Die Schulzeit verbrachten Anna und ihre ältere Schwester Eliza in England. Als sie nach Indien zurückkehrten, verheiratete der Stiefvater Eliza mit einem achtunddreißigjährigen Sergeanten und suchte auch für Anna einen mehr als doppelt so alten Mann aus. Um der geplanten Eheschließung zu entgehen, lief Anna von zu Hause fort und schloss sich Reverend Percy Badger und seiner Frau auf ausgedehnten Reisen an. Danach will sie den Major Thomas Leonowens geheiratet haben. Tatsächlich vermählte sie sich im Alter von achtzehn Jahren mit Thomas Leon Owens, einem vier Jahre älteren einfachen Büroangestellten der englischen Armee. Sie gebar vier Kinder, von denen nur die beiden jüngeren überlebten: der Sohn Louis und die Tochter Avis. Nachdem Owens am 8. Mai 1859 in Malaysia einem Schlaganfall erlegen war, schickte Anna ihre Tochter Avis in ein Internat in England und zog mit Louis nach Singapur. Dort erhielt sie durch die Vermittlung von Freunden eine Einladung des Königs von Siam, der sie 1862 folgte. Sie war allerdings keine Gouvernante am königlichen Hof in Bangkok, sondern eine der Englischlehrerinnen. Nach vier Jahren verließ sie das Königreich Siam, verbrachte einige Jahre in den USA – wo sie ihre beiden Bücher schrieb – und siedelte sich dann in Kanada an. 1915 starb sie in Montreal.

Mongkut wurde am 18. Oktober 1804 geboren. Er lebte als buddhistischer Mönch, als im April 1851 sein Halbbruder, König Rama III., starb und man ihm die Krone antrug. König Mongkut lernte nicht nur Latein und Englisch, sondern er begeisterte sich auch für die westlichen Naturwissenschaften. Aufgrund seiner Kenntnisse gelang es ihm, eine Sonnenfinsternis am 18. August 1868 exakt vorherzusagen. Dann aber schienen die einfachen, abergläubischen Menschen Recht zu behalten, die das Verschlucken der Sonne durch den Drachen Rahu für ein böses Omen hielten, denn bald darauf erkrankte König Mongkut an Malaria und starb an seinem 64. Geburtstag. Sein ältester Sohn Chulalongkorn folgte ihm auf den Thron.

Das Bild der Offizierswitwe, die dem vergötterten, despotischen König selbstbewusst gegenübertritt, ihm Respekt abverlangt und den Kronprinzen zum kultivierten Staatsmann erzieht, entspricht ebenso wenig der Wirklichkeit wie die Schilderung der unerfüllten Liebe zwischen dem siamesischen König und der Engländerin.

Andy Tennant erzählt die märchenhafte Geschichte episch breit und eher konventionell, in ruhigen Bildern vor einer ungewöhnlich pompösen, farbenprächtigen Kulisse. Dementsprechend wurden Luciana Arrighi und Jenny Beavan, die für die Ausstattung und die Kostüme in „Anna und der König“ verantwortlich waren, für „Oscars“ nominiert.

Auf einem 1.400.000 Quadratmeter großen Areal eines Golfclubs bei Ipoh in Malaysia ließ Luciana Arrighi von rund zweitausend Künstlern und Arbeitern einen 30.000 Quadratmeter großen Palastnachbau errichten. Jenny Beavan beschäftigte fünfzehn Schneiderinnen, die aus 16 Kilometer thailändischem Stoff tausende von Kostümen nähten. Drei Monate vor den Dreharbeiten begann Rona Brown zusammen mit 56 Trainern die 19 Elefanten auf ihre Rollen vorzubereiten. Das Budget betrug 75 Millionen Dollar.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003

Thomas Lehr - Nabokovs Katze
Thomas Lehr spielt virtuos mit der Sprache. "Nabokovs Katze" funkelt vor geistreichen Einfällen und brillanten Formulierungen. Aber als Leser quält man sich auch immer wieder durch breit ausgewälzte Passagen.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.