Schattenwelt
Schattenwelt
Inhaltsangabe
Kritik
Nach zweiundzwanzig Jahren wird das ehemalige RAF-Mitglied Bernd Widmer (Ulrich Noethen) aus der Haft entlassen. Verurteilt wurde er wegen des tödlichen Terroranschlags auf den Bankier von Seichfeld, bei dem auch dessen Gärtner Berner ums Leben kam. Sein damals achtjähriger Sohn Samuel („Samy“) wurde von der Mutter Marita Gellert (Eva Mattes) allein großgezogen. Sie war zwar bei dem Attentat dabei gewesen, hatte sich aber rechtzeitig in die DDR abgesetzt und später von einer Kronzeugenregelung profitiert.
Die Rechtsanwältin Ellen Weber (Tatja Seibt) holt Widmer vom Gefängnis ab und bringt ihn zu einer Wohnung in einer Mietskaserne in Freiburg im Breisgau, die sie für ihn besorgt hat.
Eines Tages klingelt es bei ihm: Der dreißigjährigen Nachbarin Valerie Matos (Franziska Petri) fiel vor seiner Türe die Einkaufstüte aus der Hand, und sie verletzte sich an den Scherben. Ob er ein Pflaster habe? Das hat er nicht, aber er gibt ihr ein Handtuch und hilft ihr beim Aufsperren.
Kurz darauf fehlt das Banknotenbündel, das Widmer in seiner Kleidung eingenäht aus dem Gefängnis schmuggelte und in der Wohnung hinter einem Wandspiegel versteckte. Er nimmt an, Valerie habe es gestohlen, aber sie lenkt seinen Verdacht auf den Hausverwalter Lewinsky (Gottfried Breitfuss), der über einen Generalschlüssel verfügt.
Valerie ist die Geliebte des Kriminalkommissars Decker (Uwe Kockisch), des Lebensgefährten von Ellen Weber.
Vergeblich fragt Widmer seine Anwältin nach seinem Sohn. Marita Gellert will nicht, dass Widmer wieder Kontakt mit ihm aufnimmt. Ellen Weber nennt Widmer lediglich die Telefonnummer von Samuels Mutter. Marita legt jedoch sofort wieder auf, als Widmer sie anruft. Valerie besorgt ihm schließlich Maritas Adresse in Berlin und fährt ihn in einem gestohlenen Wagen hin.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
In einer Raststätte gibt sie sich unvermittelt zu erkennen: Sie heißt nicht Matos, sondern Berner und ist die Tochter des von der RAF ermordeten Gärtners. Der Anschlag geschah vor den Augen der damals Achtjährigen, die in ihrem Baumhaus saß. Inzwischen hat Valerie selbst einen kleinen Sohn, Robbi (Rino Zepf), der allerdings bei Pflegeeltern (Andrea Löwl, Udo Lange) aufwächst, weil ihr das Sorgerecht entzogen wurde, nachdem sie ihn verprügelt hatte. Valerie bedroht Widmer mit einer Pistole, aber er überwältigt sie und fährt mit ihr weiter, bevor die Polizei eintrifft.
In Berlin springt Valerie plötzlich aus dem Fahrzeug. Widmer reißt die Tür auf, um sie zurückzuholen. Dadurch verursacht er einen Unfall mit einem Motorradfahrer. Während er sich über den Verletzten beugt, steigt Valerie wieder ein und fährt allein weiter.
Sie passt Marita Gellert ab und verschafft sich mit vorgehaltener Pistole Zugang zu deren Wohnung. In einer Kiste findet sie die zahlreichen Briefe, die Widmer während der Haft an seinen Sohn schrieb. Marita hat sie alle abgefangen und zerfetzt. Samuel (Christoph Bach) und sein schwuler Lebensgefährte Talat (Mehdi Nebbou) rufen an und gratulieren Marita zum Geburtstag. Sie wundern sich über die ihnen unbekannte Besucherin Maritas. Valerie redet mit Samuel und lässt sich dessen Adresse geben.
Dann macht sie Widmer ausfindig, der leicht verletzt im Krankenhaus liegt, drängt ihn, sich anzuziehen und fährt mit ihm zu Samuel.
Dort rastet sie erneut aus. Sie bedroht Widmer mit ihrer Waffe, zwingt ihn, sich hinzuknien und will ihn zwingen, endlich zuzugeben, dass er ihren Vater erschoss. Bei dem Gerangel löst sich ein Schuss – und trifft Talat. Widmer zerrt Valerie zum Auto und rast mit ihr los.
Er und seine Mittäter hätten damals nur eine Entführung vorgehabt, sagt er. Aber es sei alles schief gelaufen. Nachdem er von Seichfeld erschossen hatte, griff ihn der Gärtner mit einer Hacke an, und er tötete Valeries Vater in Notwehr. Dabei kam er sich vor wie im Krieg.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Während sich die meisten anderen Filme über die RAF mit den Tätern und vielleicht auch noch mit den prominenten Opfern beschäftigen, rückt Connie Walther in ihrem Film „Schattenwelt“ eines der namenlosen Opfer in den Mittelpunkt. (Die Figuren sind allerdings fiktiv.) Die Handlung spielt nicht in den Siebzigerjahren, sondern gut zwei Jahrzehnte später. Während sich das ehemalige RAF-Mitglied Bernd Widmer nach zweiundzwanzig Jahren Haft wieder im Alltagsleben einzurichten versucht, kommt Valerie nicht darüber hinweg, dass ihr Vater beim Terroranschlag auf einen Bankier vor ihren Augen erschossen wurde. Mit einem Gewaltakt zerstörten Widmer und seine Komplizen damals ihr Leben. Nun will sie sich dafür rächen. Dabei stirbt am Ende ein Unbeteiligter – so wie bei mehreren RAF-Anschlägen.
Bis man versteht, wer die geheimnisvolle Nachbarin ist, hält man „Schattenwelt“ eher für einen Thriller. Sobald die Figurenkonstellation durchschaubar ist, wird daraus ein Drama.
Die Farben der Bilder sind so ausgewaschen, dass sie fast grau aussehen. (Aber es ist bewusst kein Schwarz-Weiß.) Damit symbolisiert Connie Walther die Schatten der Vergangenheit und die Düsternis im Leben der Protagonisten.
Erzählt wird chronologisch, fast ohne Rückblenden. Eine Reihe von Fragen bleibt offen, und nicht alle Zusammenhänge sind nachvollziehbar. Auch die Bedeutung einer Nebenfigur wie Decker ging mir nicht auf.
Überzeugend sind die beiden Hauptdarsteller in „Schattenwelt“: Ulrich Noethen und Franziska Petri.
Dass Peter-Jürgen Boock (* 1951), der von 1981 bis 1998 wegen seiner Mitgliedschaft in der RAF sowie seiner Beteiligung an der Ermordung von Jürgen Ponto und Hanns Martin Schleyer inhaftiert gewesen war, am Drehbuch mitwirkte, sorgte für Kritik.
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