Eine Stadt wird erpresst

Eine Stadt wird erpresst

Eine Stadt wird erpresst

Originaltitel: Eine Stadt wird erpresst – Regie: Dominik Graf – Drehbuch: Rolf Basedow, Dominik Graf – Kamera: Alexander Fischerkoesen – Schnitt: Hana Müllner – Musik: Sven Rossenbach, Florian van Volxem – Darsteller: Uwe Kockisch, Misel Maticevic, Julia Blankenburg, Thomas Neumann, Hubertus Hartmann, Arved Birnbaum, Lutz Teschner, Oona von Maydell, Petra Kleinert, Jevgenij Sitochin, Maxim Kovalevski, Wilfried Pucher, Heiko Senst u.a. – 2006; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Im März 2006 wird die Stadt Leipzig erpresst. Mit viel Technik beobachtet die Polizei die Übergabe von Diamanten im Wert von 20 Millionen Euro, aber die Täter bleiben unerkannt. Eine Spur führt zum Dorf Gralwitz, das dem Braunkohleabbau weichen soll. Die Bewohner sind wild entschlossen, ihre Heimat nicht kampflos aufzugeben. Als die Polizei Fragen stellt, geben sich die Leute gegenseitig Alibis. Nachts streifen sie mit Taschenlampen durch die Felder. Suchen sie die Diamanten?
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Kritik

Die Handlung des Thrillers "Eine Stadt wird erpresst" wirkt konstruiert und wird ebenso hastig wie sprunghaft erzählt. Dominik Graf zeichnet ein düsteres Bild von Menschen und Landschaften in der ehemaligen DDR.

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In der Nacht auf den 3. März 2006 fällt einem Nachtwächter im Rathaus von Leipzig ein ferngesteuertes Spielzeugauto mit Dynamitstangen auf, das auf einem Korridor herumfährt. Er alarmiert die Polizei, die wiederum Sprengstoffexperten anfordert. Während ein Roboter auf das verdächtige Modellauto zufährt, zerstört es sich in einer nicht weiter gefährlichen Explosion. Die Dynamitstangen waren Attrappen. Gleichzeitig gehen in Leipzig die Lichter aus. Ein Hochspannungsmast wurde gesprengt. In dem Rathaus-Korridor, in dem die Polizei Spuren sichert, klingelt ein unter einem Stuhl liegendes Handy. Ronny Banderes (Misel Maticevic) hebt es auf. Ein Unbekannter meldet sich, droht mit weiteren Explosionen an neuralgischen Orten der Stadt und kündigt ein Fax mit Forderungen an. Die Erpresser verlangen Diamanten im Wert von 20 Millionen Euro.

Ronny Banderes wird am 4. März über das Handy aufgefordert, die Diamanten in zwei Zigarrenschachteln verpackt zum Hauptbahnhof zu bringen. Nachdem er dort das Handy und eine der beiden Schachteln seiner Kollegin Maria Rogalla (Julia Blankenburg) übergeben hat, wird er zum Parkplatz gelotst. Dort findet er einen Wagen, den Zündschlüssel dazu und ein neues Handy für weitere Anweisungen. Vier Stunden lang werden die beiden Polizeibeamten durch Leipzig geschickt. Nach Einbruch der Dunkelheit erhält Maria die Aufforderung, ihre Schachtel von einer Brücke in einen Kanal werfen. Banderes stößt in einem Waldstück außerhalb der Stadt auf einen angebundenen Schäferhund und legt die andere Schachtel in den Rucksack, der dem Tier umgeschnallt ist. Dann fordert ihn der Unbekannte auf, die Leine abzunehmen und den Hund laufen zu lassen.

Maria Rogalla und Dietrich Kalinke (Uwe Kockisch), der Vorgesetzte von ihr und Ronny Banderes, verfolgen gleich darauf einen ohne Licht fahrenden Pkw mit Anhänger. Sie stellen den Fahrer. Aber er hat nichts mit den Erpressern zu tun, sondern holte heimlich Erde von seinem alten Grundstück, das er wegen des Braunkohlebergbaus aufgeben musste. Die will er in den Vorgarten des Hauses kippen, das man ihm und seiner Frau als Ersatz zur Verfügung gestellt hat, denn dort ist der Boden so vergiftet, dass nichts wächst.

Mit viel Technik und einem großen Aufgebot überwachte die Polizei die Übergabe der Diamanten. Man wollte die Diamanten zurückbekommen oder ihnen wenigstens auf der Spur bleiben. Beides missglückte. Der Einsatzleiter (Arved Birnbaum) erwartet nun von Dietrich Kalinke, dass er den Fall aufklärt. Der leitende Oberstaatsanwalt Lappe (Hubertus Hartmann) misstraut jedoch dem augenscheinlich alkoholkranken Kalinke, der seit 1977 bei der Polizei ist, zuerst in der DDR, nun im wiedervereinigten Deutschland. „Wenn der einen Fehler macht“, sagt der Staatsanwalt, „wie erklärt man dann, dass so einer überhaupt noch im Dienst ist?“

Eine Försterin erzählt Kalinke, sie habe am Abend des 4. März im Wald einen Schäferhund gesehen, der etwas umgeschnallt hatte. Weil er wilderte, schoss sie auf ihn, verletzte ihn jedoch nur.

Die Blutspur des angeschossenen Tieres führt ins Dorf Gralwitz, das dem Braunkohleabbau weichen soll. Die Bewohner sind jedoch entschlossen, ihre Heimat nicht kampflos aufgeben. Sie haben unter der Leitung von Günter Naumann (Thomas Neumann) alle zusammen eine Firma mit dem Namen „Ostrotor“ gegründet, die sich mit der Entwicklung alternativer Energien beschäftigt.

Naumann und Kalinke kennen sich. Anna, die siebenjährige Tochter des damaligen DDR-Offiziers Naumann, wurde 1986 von einem betrunkenen Spitzensportler totgefahren. Kalinkes Aufgabe war es, gegen den Schuldigen zu ermitteln. Aber der Fall wurde ihm entzogen, und der Prominente kam ungestraft davon.

Der Gralwitzer Bürgermeister Fritz Rössler (Lutz Teschner) ist freundlich, aber Kalinke hat das Gefühl, dass etwas vor ihm verborgen wird. Rebecca Rössler (Oona von Maydell), die Tochter des Bürgermeisters, behauptet, der Torwart des örtlichen Fußballvereins (Heiko Senst) sei am Abend des 4. März bei ihr gewesen, und der angebliche Ehebrecher prügelt sich auf der Straße vor Kalinkes Augen mit seiner Frau (Petra Kleinert). Die polizeilichen Ermittlungen ergeben allerdings, dass er zur fraglichen Zeit an einem illegalen Glücksspiel im Bordell teilnahm, also nicht bei Rebecca Rössler gewesen sein kann.

Nachts streifen die Dorfbewohner mit Taschenlampen durch die Felder. Was suchen sie?


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Kalinke vermutet, dass der Schuss der Jägerin auch den Rucksack des durch Rehe abgelenkten Schäferhundes traf und die Diamanten deshalb verstreut wurden. Er tritt vor eine Gruppe der Dorfbewohner und erklärt ihnen, dass die Steine, nach denen sie suchen, Beweismittel seien und jeder sich strafbar mache, der einen davon unterschlage. Daraufhin zeigt ihm der Bauer Heinke (Wilfried Pucher), dessen Enkel tagsüber mit einem ferngelenkten Auto spielte, einen kleinen Diamanten. Den habe er auf seinem Hof gefunden, sagt er trotzig, und er werde ihn für seinen Enkel aufheben. Dann verschluckt Heinke den Edelstein. Kalinke nimmt ihn fest.

Eine Spur führt zu zwei Russen, die Kalinke in der Nacht des Stromausfalls in einer Diskothek in Leipzig auffielen: Der eine steckte Rebecca Rössler Geldscheine in den Ausschnitt, und der andere schlug ihm mit der Faust ins Gesicht, als er ihn in der Toilette beim Koksen störte. Andrej Dobrovskij (Jevgenij Sitochin) und Juri Gribow (Maxim Kovalevski), so heißen sie, wohnen in einem Hotel in Leipzig.

Maria lässt sich in der Hotelbar von Dobrovskij zu einem Drink einladen. Dann geht sie mit dem Betrunkenen in sein Zimmer. Dort öffnet er den Safe, wirft einen Haufen Banknoten aufs Bett, setzt sich in einen Sessel und will ihr beim Ausziehen zusehen. Aber bevor sie damit anfangen kann, schläft er ein. Kurz darauf kommt Gribow herein, fällt aufs Bett und schläft ebenfalls ein. Als das Telefon klingelt, hebt Dobrovskij ab, notiert den Namen „Dr. Strietzel“ und verlässt das Zimmer. Gribow erwacht. Er versucht, Maria ins Bett zu zerren, aber sie flüchtet.

Kurz darauf werden die beiden Russen im Hotel verhaftet. Offenbar war das ganze Dorf an der Erpressung beteiligt, und man versuchte, die Diamanten an die Russenmafia zu verhökern.

Die observierte Tochter des Bürgermeisters führt die Polizei ungewollt zu einem Zwinger, in dem der angeschossene Schäferhund liegt, der dem Dorfbewohner Ernst Patschke (Christoph Letkowski) gehört. Es stellt sich heraus, dass Günter Naumann der leibliche Vater von Rebecca Rössler ist. Das von dem betrunkenen Sportler totgefahrene Mädchen war ihre Halbschwester.

Nach einem Fußballspiel verhaften Dietrich Kalinke, Ronny Banderes und Maria Rogalla Günter Naumann. Da rebellieren die Dorfbewohner gegen die Polizei. Die drei Polizeibeamten ziehen sich mit Naumann ins Sportlerheim zurück. Dort nimmt Naumann etwas aus einem Schrank. Dann packt er Kalinke, schiebt ihn vor sich her ins Freie, zieht die Handgranate ab, die er aus dem Schrank nahm und sprengt sich mit dem Kommissar zusammen in die Luft.

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Die Handlung des Thrillers „Eine Stadt wird erpresst“ von Dominik Graf und Rolf Basedow wirkt konstruiert und wird ebenso hastig wie sprunghaft erzählt. Die Kamera fliegt über die vom Braunkohleabbau zerstörte Landschaft in der Nähe von Leipzig. Die vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl versprochenen „blühenden Landschaften“ sind das nicht. Der Boden ist vergiftet, und die Bewohner des (fiktiven) Dorfes Gralwitz, das dem Tagbergbau weichen soll, sind es im übertragenen Sinne auch. Sie unternehmen alles, um die Zerstörung ihrer Heimat zu verhindern und schrecken vor Straftaten nicht zurück. Den Ruinen von Fabriken entsprechen menschliche Wracks wie der desillusionierte Kommissar Dietrich Kalinke.

Dominik Graf erhielt für „Eine Stadt erpresst“ seinen siebten Grimme-Preis.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011

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