Szenen einer Ehe
Szenen einer Ehe
Inhaltsangabe
Kritik
(1) Unschuld und Panik
Der zweiundvierzigjährige Johan (Erland Josephson) und seine Ehefrau Marianne (Liv Ullmann) sind seit zehn Jahren verheiratet und haben zwei Töchter: Karin und Eva. Johan ist Medizinprofessor, Marianne arbeitet als Juristin in einer Anwaltskanzlei. Bevor Marianne Johan kennen gelernt hatte, war sie bereits einmal verheiratet; das Kind aus ihrer ersten Ehe hatte nur einige Tage lang gelebt.
Für ein Zeitungsfeature über ein vorbildliches Ehepaar sucht eine Journalistin Johan und Marianne aus und interviewt die beiden. Auszüge aus dem Artikel zitiert Johan während eines Abendessens mit dem eng befreundeten Unternehmerehepaar Peter und Katharina. Unter dem Einfluss des Alkohols beginnen die beiden Gäste sich gegenseitig zu beschimpfen und von einer Scheidung zu reden.
Beim anschließenden Geschirrspülen behauptet Marianne, in einer glücklichen Beziehung komme es darauf an, dieselbe Sprache zu sprechen.
(2) Die Kunst, alles unter den Teppich zu kehren
Ohne Marianne etwas davon zu erzählen, schreibt Johan Gedichte. Nur einer Kollegin, mit der er seit dem Studium befreundet ist, mit der er jedoch nie ein Verhältnis hatte, gibt er sie zu lesen, aber sie rät ihm davon ab, einen Verleger dafür zu suchen, denn die Gedichte seien mittelmäßig.
Währenddessen spricht Marianne mit einer Klientin, die sich nach zwanzig Jahren Ehe von ihrem Mann scheiden lassen will, weil es in ihrer Familie an Liebe fehle: Sie liebe weder ihren Mann noch ihre drei Kinder, aber sie habe stets ihre Pflicht erfüllt, obwohl sie die Scheidungsabsicht bereits vor fünfzehn Jahren ihrem Mann offenbart hatte. Jetzt, wo alle Kinder aus dem Haus sind, könne sie ihren Vorsatz endlich verwirklichen.
Marianne reagiert darauf etwas verstört und redet am Abend mit Johan über ihre Beziehung, aber das zermürbende Gespräch endet ergebnislos, weil sie sich gegenseitig nicht verstehen. Sie sprechen nicht dieselbe Sprache.
(3) Paula
Marianne freut sich, weil Johan einen Tag früher als erwartet von einer Dienstreise nach Hause kommt, doch er gesteht ihr, das sei nur, weil er sich vor einem halben Jahr in eine dreiundzwanzigjährige Studentin namens Paula verliebt habe und mit ihr am nächsten Tag für mindestens sieben Monate nach Paris reisen werde. Obwohl Marianne keine Szene macht, redet Johan sich immer heftiger in Wut und behauptet, Marianne bereits seit vier Jahren verlassen zu wollen. Die Affäre mit Paula sei bloß ein Anlass, um diesen Wunsch endlich in die Tat umzusetzen. Dabei mache er sich über die Aussichten dieser Beziehung keine Illusionen.
Am anderen Morgen will Marianne ihn nicht gehen lassen; sie bettelt um einen Aufschub der Abreise und klammert sich an ihn. Johan reißt sich jedoch los und verlässt das Haus.
Verzweifelt ruft Marianne ihre Freunde Birgit und Frederik an und stellt verärgert fest, dass die beiden – und offenbar auch andere Bekannte – seit Monaten von der Affäre ihres Mannes mit Paula gewusst haben.
(4) Das Tal der Tränen
Ein halbes Jahr nach der Trennung ruft Johan an und fragt, ob er Marianne besuchen dürfe. Er nützt dazu eine kurze Reise Paulas nach London. Marianne schickt die Kinder zu einer Tante, um ungestört mit ihm zusammen sein zu können. Johan hat ohnehin ihre Geburtstage vergessen und ist froh, sie nicht sehen zu müssen. Mit der eifersüchtigen Paula ist Johan offenbar auch nicht glücklich, denn er hat sich für einen Drei-Jahres-Vertrag an der Universität Cleveland beworben. Wenn er jahrelang nicht in Europa sein werde, sei es besser, vorher noch die Scheidung durchzuführen, meint Marianne ganz nüchtern und praktisch. Sie sehnt sich nach seiner Umarmung, doch als er sie auf dem Fußboden nehmen will, wehrt sie ihn ab, weil sie weiß, das ihr Verlangen am nächsten Tag um so schmerzlicher sein wird. Am Ende gehen sie doch zusammen ins Bett. Mitten in der Nacht steht Johan auf; er hält es nicht mehr aus und geht. Der Versuch, wieder zueinander zu finden, ist gescheitert.
(5) Die Analphabeten
Gut gelaunt bringt Marianne Johan die von ihr bereits vorbereiteten Scheidungspapiere in sein Arbeitszimmer an der Universität. Er ist erkältet und deprimiert. Die Stelle in Cleveland hat jemand anders bekommen. Paula empfindet er bloß noch als Belastung. Selbstbewusst und zuversichtlich wie nie zuvor, verführt Marianne ihn. Sie scheut sich nicht, ihm zu sagen, dass sie sich von ihm in einem schmerzlichen Prozess befreit habe und inzwischen überzeugt sei, dass ihre ständige Rücksichtnahme auf ihn und ihr fortwährend schlechtes Gewissen die Liebe getötet und die Ehe zum Scheitern gebracht haben. Johan reagiert auf die Überlegenheit Mariannes mit einem Wutausbruch und prügelt auf sie ein. Als er wieder zur Besinnung kommt, bedauert er sein Verhalten und unterzeichnet den Scheidungsvertrag.
(6) Mitten in der Nacht in einem dunklen Haus
Einige Jahre später verabreden Johan und Marianne sich zu einem gemeinsamen Wochenende in ihrem früheren Landhaus, obwohl sie inzwischen beide wieder verheiratet sind. Johans Frau ist zur Kur nach Italien gereist, und auch Mariannes Ehemann Hendrik hält sich beruflich im Ausland auf. Das Landhaus weckt zu viele Erinnerungen; da fühlen sie sich gehemmt. Deshalb ruft Johan seinen Freund Frederik an und lässt sich von ihm die Erlaubnis geben, dessen Angelhäuschen für ein Wochenende mit einer Frau zu benützen.
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„Szenen einer Ehe“ ist das gründliche, nuancierte Psychogramm einer Ehe. Das Geschehen spielt sich fast ausschließlich in Dialogen ab, und neben Johan und Marianne treten nur wenige Minuten lang ein paar andere Figuren auf. In diesem Kammerspiel hat Ingmar Bergman sogar auf Musikuntermalung verzichtet.
Obwohl die Sprache der Dialoge zumindest in der deutschen Synchronisation teilweise unnatürlich geschraubt ist und Marianne bei ihren Telefonaten satzweise wiederholt, was der Gesprächspartner sagt, damit es auch der Zuschauer versteht, geht von dem Film eine außergewöhnliche Faszination aus.
Ein Werk von magnetischer Kraft, ungeheurer Intelligenz und bedrückender Melancholie, die von Blitzen erotischer Ekstase durchbrochen wird. („Time Magazine“)
Ursprünglich inszenierte Ingmar Bergman „Szenen einer Ehe“ als sechsteilige Fernsehserie. Erst aufgrund des Erfolgs machte er daraus auch noch eine auf drei Stunden gekürzte Kinofassung.
Wieder mit Liv Ullmann und Erland Josephson in den Rollen von Marianne und Johan drehte Ingmar Bergman dreißig Jahre nach „Szenen einer Ehe“ unter dem Titel „Sarabande“ eine Art Fortsetzung.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003
Ingmar Bergman (kurze Biografie / Filmografie)
Ingmar Bergman: Das Lächeln einer Sommernacht
Ingmar Bergman: Wilde Erdbeeren
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Ingmar Bergman: Sarabande