Der Duft der Frauen

Der Duft der Frauen

Der Duft der Frauen

Der Duft der Frauen – Originaltitel: Scent of a Woman – Regie: Martin Brest – Drehbuch: Bo Goldman, nach dem Roman "Der Duft der Frauen" von Giovanni Arpino – Kamera: Donald E. Thorin – Schnitt: Harvey Rosenstock, William Steinkamp, Michael Tronick – Musik: Thomas Newman – Darsteller: Al Pacino, Chris O'Donnell, James Rebhorn, Philip Seymour Hoffman, Gabrielle Anwar, Richard Venture, Bradley Whitford, Rochelle Oliver, Margaret Eginton, Tom Riis Farrell u.a. – 1992; 160 Minuten

Inhaltsangabe

Am letzten Schultag vor Thanksgiving fordert der Rektor, der das Opfer eines bösen Streichs geworden ist, den 17-jährigen Charlie und einen anderen Schüler ultimativ auf, ihm bis Montagmorgen die Namen der Übeltäter zu nennen. Das lange Wochenende nutzt Charlie, um durch die Betreuung eines blinden Ex-Offiziers Geld zu verdienen. Unerwartet fliegt dieser mit ihm nach New York: Er will noch einmal alles genießen und sich dann erschießen ...
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Kritik

Die Tragikomödie "Der Duft der Frauen" ist eine Hymne an Integrität und Zivilcourage. Die grandiose schauspielerische Leistung von Al Pacino macht aus dem Film zugleich eine eindrucksvolle Charakterstudie über einen Blinden mit vielen Ecken und Kanten, Facetten und Gegensätzen.
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Charlie Simms (Chris O’Donnell) kommt aus einfachen Verhältnissen, aber ein Stipendium ermöglicht es dem Siebzehnjährigen, das Elite-Internat Baird bei Boston zu besuchen.

Als er eines Abends mit seinem Mitschüler George Willis jr. (Philip Seymour Hoffman) aus der Bibliothek kommt, sehen sie, wie Harry Havemeyer (Nicholas Sadler), Trent Potter (Todd Louiso) und Jimmy Jameson (Matt Smith) einen Streich vorbereiten, und um zu verhindern, dass die Lehrerin Mrs Hunsaker (June Squibb) die drei Übeltäter erkennt, lenkt George sie ab.

Am nächsten Morgen – es ist Mittwoch, der letzte Schultag vor Thanksgiving – fährt der Rektor Mr Trask (James Rebhorn) mit seinem neuen Jaguar auf den für ihn reservierten Parkplatz. Da wird er über Lautsprecher verhöhnt, und an der Straßenlampe über ihm füllt sich ein riesiger Luftballon. Wie von Harry und seinen beiden Komplizen erwartet, zersticht Trask den Ballon – der nicht nur mit Gas, sondern auch mit weißer Farbe gefüllt ist. Damit werden der Rektor und sein Auto besudelt.

Von Mrs Hunsaker erfährt er, dass Charlie und George die Täter gesehen haben. Er bestellt die beiden in sein Büro, aber sie behaupten, es sei zu dunkel gewesen, um Gesichter zu erkennen. Das glaubt ihnen der Rektor nicht. Er gibt Charlie und George bis nach dem Thanksgiving-Wochenende Zeit, um die Übeltäter zu denunzieren. Für Montagmorgen beruft er ein Tribunal des Disziplinarkomitees der Lehranstalt ein und droht den beiden Schülern mit der Relegation. Dann schickt er George hinaus und erklärt Charlie, er habe vor, ihm zu einem Studienplatz in Harvard zu verhelfen, aber das werde er nur tun, wenn er die Namen der Schuldigen von ihm genannt bekomme.

Weil Charlie ohne die Protektion des Rektors keine Chance hätte, auf einer Elite-Universität zu studieren, aber auch keine Mitschüler verraten möchte, gerät er in Gewissensnöte.

Während George und Harry an diesem Mittwochnachmittag zum Skifahren nach Vermont fliegen, nutzt Charlie das lange Wochenende, um etwas Geld zu verdienen: Er meldet sich auf eine Zeitungsanzeige bei Karen Rossi (Sally Murphy), die mit ihrem Mann Donny (Michael Santoro) und den beiden Kindern Francine und Willie vier Tage wegfahren möchte und jemanden sucht, der während ihrer Abwesenheit ihren blinden Onkel Frank (Al Pacino) betreut.

Lieutenant Colonel Frank Slade erblindete im Dienst. Nun sitzt der verbitterte, alkoholkranke Ex-Offizier in seinem Zimmer und vertreibt sich die Zeit mit Telefonsex. Er besteht darauf, mit seinem militärischen Titel angesprochen zu werden, demütigt den höflichen, schüchternen Schüler und brüskiert ihn mit sexistischen und zynischen Äußerungen. Auf diese Weise versucht er, sich Respekt zu verschaffen.

Sobald seine Nichte mit ihren Angehörigen fort ist, lässt Slade seinen Betreuer einen Koffer packen. Ein Taxi hat er bereits bestellt. Sie fahren zum Flughafen und fliegen Erster Klasse nach New York. Charlie kann es kaum fassen, welche Energie der gealterte Colonel entwickelt. Mehrmals äußert er Bedenken, aber der autoritäre Offizier lässt sie nicht gelten. Sie wohnen in einer Suite im Hotel Waldorf Astoria, und zum Abendessen fährt der Chauffeur Manny (Gene Canfield) die Herren mit einer Stretchlimousine in das Luxusrestaurant Oak Room. Dort eröffnet Slade seinem Betreuer, dass er in New York noch mit einer schönen Frau schlafen und sich dann erschießen werde. Charlie hofft, dass es sich bei der Ankündigung des Selbstmordes nur um einen weiteren sarkastischen Spruch des Blinden handelt.

Als Slade merkt, dass Charlie Sorgen hat, lässt er sich den Vorfall im Internat schildern. Er versteht die Tragweite der anstehenden Entscheidung, und dass der Junge nicht skrupellos zum Verräter wird, um seine eigene Zukunft zu retten, imponiert ihm.

Am Donnerstagmorgen lässt Slade die Schneiderin Sofia (Anh Duong) ins Hotel kommen und gibt je einen Anzug für sich und Charlie in Auftrag.

Am Abend überraschen sie Slades älteren Bruder Willy R. Slade (Richard Venture) mit einem Besuch. Willy feiert mit seiner Frau Gretchen (Rochelle Oliver), den Söhnen Randy (Bradley Whitford) und Garry (Tom Riis Farrell) sowie Randys Ehefrau Gail (Margaret Eginton) Thanksgiving. Randy verheimlicht nicht, dass er seinen Onkel hasst und klärt Charlie darüber auf, wie dieser erblindete: Beim Jonglieren mit Handgranaten war dem Colonel einer der Sprengkörper zu Boden gefallen und detoniert. Das Fest endet im Streit.

Charlie bemerkt am Freitagmorgen, dass der Colonel seine geladene Armeepistole bei sich hat. War die Selbstmorddrohung ernst gemeint? Er will Karen Rossi anrufen, aber Slade reißt ihm den Zettel mit der Telefonnummer aus der Hand und verschluckt ihn.

In der Hotelhalle riecht Slade den Duft einer schönen Frau und lässt sich von Charlie zu ihr führen. Sie heißt Donna (Gabrielle Anwar) und wartet auf ihren Freund Michael (David Lansbury), der sich offensichtlich verspätet hat. Der Blinde tanzt mit Donna Tango, aber gleich darauf wird sie von Michael abgeholt.

Inzwischen hat der Chauffeur Manny für den Colonel einen Termin mit einer Edelprostituierten vereinbart. Slade schwärmt von ihrer Schönheit, als er zur Limousine zurückkommt.

Um ihn von seinen Selbstmordabsichten abzubringen, schlägt Charlie am Samstag einen Ausflug vor. Sie mieten bei dem Autohändler Freddie Bisco (Leonard Gaines) einen Ferrari, und in einer verkehrsarmen Straße will Slade unbedingt selbst hinters Steuer. Weil er das Tempolimit nicht einhält, werden sie von dem Streifenpolizisten Gore (Ron Eldard) angehalten und verwarnt. Dass der Fahrer blind ist, merkt der Officer nicht.

Nachdem sie den Wagen wieder zurückgegeben haben, stehen sie bei Rot an der Park Avenue. Dem Blinden dauert es zu lange, und er überquert im dichten Verkehr die Straße. Auf der anderen Seite stolpert er allerdings über einen Abfallbehälter.

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Unter dem Vorwand, er wolle eine erlesene Zigarre rauchen, die es nicht einmal im Waldorf Astoria zu kaufen gibt, schickt Slade seinen Betreuer am Sonntagmorgen in ein exklusives Tabakwaren-Geschäft einige Blocks weiter. Charlie kehrt jedoch bereits in der Hotelhalle um – und findet in der Suite seinen Verdacht bestätigt: Der Colonel hat seine Pistole bereitgelegt und ist dabei, seine Uniform anzuziehen. Charlie versucht, ihn vom Selbstmord abzuhalten, aber Slade nimmt die Waffe in die Hand und droht, auch ihn zu erschießen. Obwohl Charlie vor Angst schwitzt und vor Aufregung weint, lässt er sich nicht aus dem Zimmer drängen, sondern redet weiter auf den Lebensmüden ein. Als dieser sich die Pistole an die Stirn setzt, reißt Charlie ihm den Arm weg, und es kommt zu einem Gerangel. Am Ende gibt Slade sein Vorhaben auf, lässt sich einen Whisky einschenken und setzt sich erschöpft auf die Couch. Dass er den Traum einer dauerhaften Beziehung mit einer Frau aufgeben musste, stammelt er, sei einer der Gründe für die Selbstmordabsichten gewesen.

Weil nur für Charlie ein Rückflug gebucht ist, fährt Manny den Colonel und dessen Begleiter mit der Stretchlimousine nach New Hampshire. Unterwegs erkundigt Slade sich nach Charlies Eltern und erfährt, dass dessen Vater die Familie längst verließ und der Junge sich mit seinem Stiefvater nicht besonders gut verträgt.

Am Montagmorgen versammeln sich Lehrer und Schüler der Baird School in der Aula. George kommt mit seinem Vater (Baxter Harris); Charlie sitzt zunächst allein vor dem Tribunal – bis die Tür noch einmal aufgeht und Slade von Manny hereingeführt wird. Das hat Charlie nicht erwartet.

Der Rektor wendet sich zunächst an George und verlangt die Namen der Übeltäter von ihm. Der Schüler windet sich, behauptet, am Dienstagabend seine Kontaktlinsen nicht getragen zu haben und meint dann, es könnten Harry Havemeyer, Trent Potter und Jimmy Jameson gewesen sein. Charlie leugnet nicht, die Täter erkannt zu haben, weigert sich jedoch strikt, sie zu denunzieren. Trask empfiehlt dem Disziplinarkomitee daraufhin, Charlie zu relegieren und George zu belobigen. Doch da erhebt sich der Colonel und kritisiert den Rektor, die Eliteschule in einen „Stall von Verrätern“ verwandelt zu haben, rückgratlose Feiglinge heranzuziehen und einen integren, unbestechlichen und prinzipientreuen Charakter wie Charlie Simms dafür bestrafen zu wollen, dass er Zivilcourage bewies. Nach dem leidenschaftlichen Auftritt des blinden Kriegsveterans beschließt der Disziplinarausschuss gegen Trasks Willen, Harry Havemeyer, Trent Potter und Jimmy Jameson unter besondere Aufsicht zu stellen, George Willis nicht zu belobigen und Charlie Simms weder weiter zu befragen noch zu relegieren.

Als Slade, Charlie und Manny das Gebäude verlassen, läuft ihnen die unverheiratete Politik-Lehrerin Christine Downes (Frances Conroy) nach und bedankt sich begeistert für die unverblümte Rede des Colonels. Der beeindruckt sie gleich noch mehr, indem er die Marke ihrer Seife am Duft erkennt. Nachdem er sich von ihr mit der Andeutung verabschiedet hat, er werde sich bei ihr melden, blickt Christine Downes ihm bewundernd nach.

Manny fährt Slade nach Hause. Vom Auto aus beobachtet Charlie, wie der Blinde sich liebevoll den beiden kleinen Kinder seiner Nichte zuwendet.

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1974 verfilmte Dino Risi den 1969 von Giovanni Arpino (1927 – 1987) veröffentlichten Roman „Il buio e il miele“ („Der Duft der Frauen“, Übersetzung: Ulrike Bossert und Matthias Rawert, München 1993, 188 Seiten, ISBN: 3-453-06950-1): „Der Duft der Frauen“. Das hier besprochene Remake aus dem Jahr 1992 stammt von Bo Goldman (Drehbuch) und Martin Brest (Regie).

Eine unerwartete Reise nach New York wird für einen siebzehnjährigen Schüler zu einem Selbsterfahrungstrip, den er nie vergessen wird. Zugleich verschafft er sich den Respekt eines zynischen Misanthrophen, dem er neuen Lebensmut gibt. Die Tragikomödie „Der Duft der Frauen“ ist eine Hymne an Integrität und Prinzipientreue, Unbestechlichkeit und Zivilcourage. Die grandiose schauspielerische Leistung von Al Pacino macht aus dem Film zugleich eine eindrucksvolle Charakterstudie über einen Blinden mit vielen Ecken und Kanten, Facetten und Gegensätzen.

Die Schulszenen in „Der Duft der Frauen“ sind nicht unbedingt überzeugend, und der Schluss ist für Nicht-Amerikaner viel zu pathetisch geraten, aber der in New York spielende groteske Hauptteil ist dafür umso großartiger und fesselnder. Wie Al Pacino in der Rolle eines Blinden mit Gabrielle Anwar Tango tanzt, bleibt ebenso in Erinnerung wie das Psychoduell des lebensmüden Colonels mit seinem jungen Betreuer Charlie Simms (Chris O’Donnell).

Al Pacino dominiert den Film, aber Chris O’Donnell ist weit mehr als ein Stichwortgeber für ihn. Für die Rolle des lebensmüden Blinden erhielt Al Pacino völlig zu Recht einen „Oscar“. Nominiert hatte man „Der Duft der Frauen“ auch in den Kategorien Bester Film, Bestes Drehbuch, Beste Regie.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2009

Dino Risi: Der Duft der Frauen

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Der Roman "Der Hengst St. Mawr" von D. H. Lawrence ist eine expressionistische Fabel über den Gegensatz zwischen Wildnis und Zivilisation. Bemerkenswert ist das misanthropische Weltbild der Protagonistin.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.