Tagebuch einer Kammerzofe

Tagebuch einer Kammerzofe

Tagebuch einer Kammerzofe

Tagebuch einer Kammerzofe - Originaltitel: Le Journal d'une femme de chambre - Regie: Luis Buñuel - Drehbuch: Luis Buñuel und Jean-Claude Carriere, nach dem Roman "Tagebuch einer Kammerzofe" von Octave Mirbeau - Kamera: Roger Fellous - Schnitt: Luis Buñuel und Louisette Hautecoeur - Darsteller: Jeanne Moreau, Michel Piccoli, Georges Géret, Daniel Ivernel, Françoise Lugagne, Jean Ozenne u.a. - 1964; 95 Minuten

Inhaltsangabe

1928 kommt die Pariserin Célestine als Kammerzofe zu einer großbürgerlichen Familie in der Normandie. Entsetzt stellt sie fest, in welch feine Gesellschaft sie da geraten ist: Monsieur ein Lüstling, Madame verbittert, ihr Vater ein Fetischist, der Gärtner ein Sadist, der Nachbar ein Militarist ... – Sie will abreisen, doch als sie am Bahnhof erfährt, dass das kleine Bauernmädchen Claire vergewaltigt und ermordet wurde, kehrt sie zurück ...
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Kritik

"Tagebuch einer Kammerzofe" ist eine maliziöse Satire auf das hinter seiner ehrbaren Fassade verdorbene französische Großbürgertum. Luis Buñuel griff dabei auf den 1900 veröffentlichten gleichnamigen Roman von Octave Mirbeaus zurück.
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1928 fährt die dreiunddreißigjährige Pariserin Célestine (Jeanne Moreau) mit dem Zug von Paris in die Normandie, um bei der großbürgerlichen Familie Monteil in Saint Aubin als Kammerzofe anzufangen. Der Gärtner Joseph (Georges Géret) holt sie mit der Kutsche vom Bahnhof ab.

Der Antisemit schimpft über „Untermenschen“ und propagiert seine nationalistische Einstellung. Als er eine Gans schlachten soll, beobachtet Célestine, wie er dem Tier zuerst die Augen aussticht und es sadistisch quält. Madame Monteil (Françoise Lugagne) ist so pedantisch, dass sie sogar die Zuckerstückchen nachzählt. Sie ist verbittert und fragt den Pfarrer (Jean-Claude Carrière) um Rat, wie sie der sexuellen Gier ihres Ehemanns (Michel Piccoli) begegnen soll. Als der Geistliche erfährt, dass Monsieur sich mehrmals in der Woche seiner Frau zu nähern versucht, ist er entsetzt und hofft, dass Madame wenigstens nichts dabei empfindet. Dann bringt er das Gespräch auf das Geld, das er für die Reparatur des Kirchendachs benötigt. Monsieur Monteil ist bekannt dafür, dass er jeder Frau nachsteigt. Auch bei Célestine versucht er es, aber sie wehrt ihn ab. Madame ist nicht eifersüchtig; ihr geht es nur darum, dass nicht wieder – wie im Fall der letzten Kammerzofe – Geld gezahlt werden muss, um eine Affäre ihres Mannes aus der Welt zu schaffen. Ihr Vater, Monsieur Rabour (Jean Ozenne), der ebenfalls im Haus wohnt, bewahrt in einem Schrank Damenschuhe und -stiefeletten auf und bittet Célestine, damit in seinem Zimmer auf und ab zu gehen und dabei den Rock etwas anzuheben, damit er von seinen früheren Liebschaften träumen kann.

Als Monsieur Rabour stirbt, klagt seine Tochter über die Erbschaftssteuer. Da reicht es Célestine: Sechs Tage nach dem Tod des alten Mannes kündigt sie, packt ihren Koffer und geht zum Bahnhof. Dort erfährt sie, dass das kleine Bauernmädchen Claire (Dominique Sauvage), das sie ins Herz geschlossen hatte, am Todestag von Monsieur Rabour im Wald vergewaltigt und ermordet wurde. Sie erinnert sich, dass Joseph an diesem Abend mit dem Fuhrwerk unterwegs war, um leere Fässer wegzubringen. Ist er der Mörder? Um es herauszufinden und ihn zu überführen, kehrt Célestine zu den Monteils zurück.

Monsieur Monteil befindet sich mit seinem Nachbarn, Captain Mauger (Daniel Ivernel), im Streit, weil der Militarist ständig Steine und Gerümpel über den Zaun wirft. Gerade, als die Monteils zur Beerdigung von Monsieur Rabour fahren wollen, tut er es wieder. Monteil geht auf ihn los und kann gerade noch von seiner Frau mit dem Hinweis auf ihre Trauer zurückgehalten werden. So kommt es statt zu einer Schlägerei zu einem Termin beim Friedensrichter (Claude Jaeger). Captain Mauger leugnet, jemals etwas aufs Nachbargrundstück geworfen zu haben, und weil er sich dabei auf seine Offiziersehre beruft, glaubt ihm der Richter.

Nachdem Captain Mauger seine Hausangestellte und Geliebte Rose (Gilberte Géniat) fortgeschickt hat, bietet er Célestine die Ehe an. Sie verspricht, es sich zu überlegen. Fast zur gleichen Zeit erhält sie auch von Joseph einen Heiratsantrag. Célestine geht mit dem Gärtner ins Bett, um mehr herauszubekommen, aber sie findet kein weiteres Indiz für ihren Verdacht. Schließlich löst sie an einem von Josephs Schuhen den Eisenbeschlag von der Sohle und sorgt dafür, dass er am Tatort gefunden wird. Zwei Gendarme nehmen Joseph daraufhin fest, obwohl er seine Unschuld beteuert.

Durch die Vermählung mit Captain Mauger steigt die Kammerzofe Célestine ins Bürgertum auf.

Aus Mangel an Beweisen wird Joseph aus dem Gefängnis entlassen. Er zieht in eine andere Stadt und vertritt dort weiterhin seine nationalistischen, antisemitischen Parolen.

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„Tagebuch einer Kammerzofe“ ist eine maliziöse Satire auf das hinter seiner ehrbaren Fassade verdorbene französische Großbürgertum zwischen den beiden Weltkriegen. Luis Buñuel (1900 – 1983) griff dabei auf den 1900 veröffentlichten Tagebuchroman „Le Journal d’une femme de chambre“ von Octave Mirbeau (1848 – 1917) zurück.

Das hatte Jean Renoir auch schon getan: „Das Tagebuch einer Kammerzofe“.

Das Tagebuch einer Kammerzofe (1946) – Originaltitel: The Diary of a Chambermaid – Regie: Jean Renoir – Buch: Jean Renoir und Burgess Meredith, nach literarischen Vorlagen von Octave Mirbeau, André Heuse, André de Lord und Thielly Nores – Kamera: Lucien Andriot – Darsteller: Paulette Goddard, Burgess Meredith, Francis Lederer, Hurt Hatfield

Célestine dient als Kammerzofe im großbürgerlichen Haus der Familie Lanlaire. Der an Schwindsucht leidende Sohn Georges verliebt sich in Célestine, und seine Mutter bestärkt ihn dabei, weil sie befürchtet, er werde sonst fortgehen. Auch der Diener Joseph liebt Célestine, aber er kann ihr keine Zukunft bieten. In seiner Verzweiflung verübt er einen Raubüberfall auf den Nachbarn, der dabei ums Leben kommt und zwingt dann Célestine, ihn auf der Flucht zu begleiten …

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.