Dreckskerle

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Dreckskerle

Dreckskerle. Les salauds – Originaltitel: Les salauds – Regie: Claire Denis – Drehbuch: Jean-Pol Fargeau, Claire Denis – Kamera: Agnès Godard – Schnitt: Annette Dutertre – Musik: Stuart Staples – Darsteller: Vincent Lindon, Chiara Mastroianni, Julie Bataille, Michel Subor, Lola Créton u.a. – 2013; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Der Fabrikant Jacques stürzt sich aus dem Fenster, und seine Tochter wird mit schweren Verletzungen der Vagina ins Krankenhaus gebracht. Die Witwe und Mutter Sandra ruft ihren Bruder, den Schiffskapitän Marco Silvestri, zu Hilfe. Weil er glaubt, dass der steinreiche Unternehmer Edouard Laporte etwas mit dem Suizid und dem Sexualverbrechen zu tun hat, macht er sich an dessen Geliebte Raphaëlle heran ...
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Kritik

In dem Thriller "Dreckskerle" entwirft Claire Denis ein düsteres Bild von einer amoralischen Gesellschaft, in der Geld und Macht alles er­mög­li­chen. Weil die Handlung nur bruch­stück­haft skizziert wird, müssen sich die Zuschauer selbst ein Bild machen.
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Durch einen Anruf erfährt der einzelgängerische Schiffskapitän Marco Silvestri (Vincent Lindon) auf hoher See, dass sich sein Schwager Jacques (Laurent Grévill) aus dem Fenster stürzte und seine Nichte Justine (Lola Créton) Opfer eines Sexualverbrechens wurde. Er verlässt sein Frachtschiff, gibt seine gute Anstellung auf und reist nach Paris, um seiner Schwester Sandra (Julie Bataille) beizustehen.

Jacques und Sandra führten den Familienbetrieb der Silvestris: eine Schuhfabrik. Zuletzt liefen die Geschäfte schlecht, und die Witwe wird von einem Rechtsanwalt (Eric Dupond-Moretti) darauf hingewiesen, dass sie innerhalb von 45 Tagen Konkurs anmelden müsse. Das Fabrikanten-Ehepaar hatte sich viel Geld von dem steinreichen Unternehmer Edouard Laporte (Michel Subor) geliehen, und es sieht so aus, als habe das mit Jacques‘ Suizid zu tun.

In der Nacht, in der Jacques sich das Leben nahm, wurde seine Tochter von der Polizei aufgegriffen und ins Krankenhaus gebracht. Sie war apathisch durch die Straßen gegangen, nur mit Stöckelschuhen bekleidet und mit blutverschmierten Schenkeln. Der Arzt Dr. Béthanie (Alex Descas) stellt bei der völlig verstörten jungen Frau schwere Verletzungen im Intimbereich fest.

Um Sandras dringendste Rechnungen begleichen zu können, löst Marco eine für die Ausbildung seiner beiden Töchter abgeschlossene Versicherung auf und verkauft dem befreundeten Autohändler Guy (Christophe Miossec) seinen Sportwagen.

Aus den Medien erfährt Marco, dass Edouard Laporte eine Geliebte und einen kleinen Sohn hat: Raphaëlle (Chiara Mastroianni) und Joseph (Yann Antoine Bizette). Der Kapitän mietet die Wohnung darüber und macht sich an die beiden heran. Er repariert Josephs Fahrrad und beginnt eine Affäre mit Raphaëlle, zunächst in der Absicht, durch sie mehr über Laporte herauszufinden, aber schließlich verliebt er sich tatsächlich in sie.

Als Raphaëlle vor der Schule auf ihren Sohn wartet, sagt eine Lehrerin, Joseph sei bereits von seinem Vater abgeholt worden. Edouard Laporte teilt Raphaëlle mit, dass sie ihn nicht zurückbekommen werde, solange sie mit dem in einer viel zu großen leeren Wohnung über ihr wohnenden Mieter eine Beziehung habe.

Zur gleichen Zeit verschwindet Justine aus dem Krankenhaus.


Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
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Marco vermutet Justine in einem abgelegenen, mit Videokameras überwachten Gehöft, das augenscheinlich für Orgien eingerichtet ist. Blutverschmierte Maiskolben lassen ahnen, was mit Justine und vielleicht auch anderen Mädchen geschah. Während Marco sich umsieht, wird Justine von einem Mann (Grégoire Colin) und einer Frau (Florence Loiret Caille) in einem Auto weggebracht.

Unterwegs übernimmt Justine das Lenkrad und gibt Vollgas, bis sie die Kontrolle über den Wagen verliert.

Edouard Laporte besucht Raphaëlle kurz und bringt Joseph mit, damit sich der Junge von seiner Mutter verabschieden kann, bevor er von seinem Vater in ein Internat in Genf gebracht wird. Marco kommt herunter und stürzt sich auf Laporte. Bei dem Handgemenge fällt die Pistole auf den Boden, die Marco von seiner Schwester bekam. Raphaëlle hebt sie auf und schießt. Sie trifft Marco in die Brust.

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In dem vielschichtigen Neo-Noir-Thriller „Dreckskerle. Les salauds“ entwirft die französische Filmregisseurin, Drehbuchautorin und Professorin an der Filmhochschule La fémis in Paris Claire Denis (*1948) ein düsteres Gesell­schafts­bild. Es ist eine Welt, in der Geld und Macht alles ermöglichen und „Dreckskerle“ ihre Interessen skrupellos verfolgen. Nur Marco Silvestri, der vor der kaputten Familie zur Seefahrt floh, glaubt, für Aufklärung, Rache und Gerechtigkeit sorgen zu können. Bis auf Justine (nomen est omen) sind auch die Frauen in „Dreckskerle. Les salauds“ amoralisch. Sandra scheint dem Gläubiger Edouard Laporte sogar ihre Tochter ausgeliefert zu haben.

Über das verbrecherische Netzwerk, dem Justine zum Opfer fällt, erfahren wir nicht viel. Blutverschmierte Maiskolben lassen allerdings ahnen, wie impotente Männer dort junge Frauen quälen, die sie zuvor mit Alkohol und Drogen oder auf andere Weise gefügig gemacht haben. Claire Denis charakterisiert Edouard Laporte – einen mächtigen, reichen Mann, bei dem wir vielleicht an Dominique Strauss-Kahn denken sollen – in einer Szene: Er liegt neben seiner schönen Geliebten Raphaëlle im Bett, auf dem Rücken, und ohne sie auch nur anzuschauen, sagt er: „Hol mir einen runter!“

Claire Denis verweigert eine narrative oder gar lineare Entwicklung. Nur bruchstückhaft und in Andeutungen erfahren wir, was geschieht bzw. geschehen ist, und am Ende von „Les salauds. Dreckskerle“ liefert Claire Denis auch keine Auflösung wie in einem herkömmlichen Thriller. Die Zuschauer müssen sich selbst ein Bild machen.

Synchronsprecher in „Dreckskerle. Les salauds“ (Buch und Regie: Cay-Michael Wolf): Michael Lott (Marco Silvestri), Edda Fischer (Raphaëlle), Claudia Theresa Muench (Sandra), Walter Gontermann (Edouard Laporte), Volker Wolf (Dr. Béthanie), Thomas Anzenhofer (Guy), Oliver Krietsch-Matzura (Rechtsanwalt), Kirstin Hesse (Elysée), Maximilian Boguth (Joseph), Annette Potempa (Justine) u. a.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016

Michel Houellebecq - Vernichten
Der Roman "Vernichten" zerfällt in drei Handlungsstränge, und Michel Houellebecq versucht gar nicht, sie zusammenzuführen. Die Charaktere der Romanfiguren werden nicht ausgeleuchtet, und es ist auch keine psychologische Entwicklung erkennbar. Belangloses lädt Michel Houellebecq mit Pseudo-Bedeutung auf. "Vernichten" ist ein formal anspruchsloser, melancholischer Roman. Manche Feuilletonisten glauben in der gelangweilten Attitüde eine neue Art der von Michel Houellebecq gewohnten Provokationen zu sehen, denn er konterkariert damit die Erwartungen der Leserinnen und Leser.
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