Frank Lucas
Frank Lucas wurde am 9. September 1930 in La Grange, North Carolina, als ältestes von sechs Kindern einer afroamerikanischen Familie geboren. Er wuchs in Greensboro auf. Im Alter von zwölf Jahren musste er angeblich hilflos zusehen, wie ein Cousin, dem vorgeworfen wurde, einer weißen Frau nachgestellt zu haben, vom Ku-Klux-Klan ermordet wurde [Rassismus in den USA].
Mit knapp zwanzig Jahren zog Frank Lucas nach Harlem und begann dort, für den ebenfalls schwarzen Gangsterboss Ellsworth („Bumpy“) Johnson (1906 – 1968) als Fahrer zu arbeiten. Nachdem Johnson am 7. Juli 1968 in einem Restaurant in Harlem einem Herzanfall erlegen war, beanspruchte Frank Lucas die Nachfolge des „Paten von Harlem“ und setzte sich gegen seine Rivalen durch.
Zu dieser Zeit beherrschte die Cosa Nostra das Heroin-Geschäft in New York nahezu vollständig. Niemand hätte sich vorstellen können, dass ein Einzelner, noch dazu ein Afroamerikaner es wagen würde, der Mafia das Monopol streitig
zu machen. Frank Lucas tat es und revolutionierte den Drogenhandel in New York, indem er das Heroin nicht über Zwischenhändler, sondern direkt von Erzeugern im „Goldenen Dreieck“ (Burma, Thailand, Vietnam, Laos) erwarb. Die dafür erforderlichen Kontakte vermittelte ihm der mit einer seiner Cousinen verheiratete ehemalige US-Sergeant Leslie („Ike“) Atkinson, der in Bangkok eine Bar betrieb und in großem Stil mit Drogen handelte. Korrupte US-Militärs sollen das Heroin in Särgen von US-Soldaten versteckt haben, die im Vietnam-Krieg gefallen waren („Cadaver Connection“).
Durch die Ausschaltung der Zwischenhändler konnte Frank Lucas die Preise seiner Konkurrenten unterbieten. Außerdem entwickelte er für sein beinahe hundertprozentig reines Heroin ein Branding unter dem Namen „Blue Magic“. Allein in den Jahren 1972/73 soll Frank Lucas („Superfly“) mehr als 800 Kilogramm Heroin im Verkaufswert von 240 Millionen Dollar aus Südostasien nach Amerika geschmuggelt haben (Süddeutsche Zeitung, 14. November 2007).
Die enormen Einnahmen erlaubten es Frank Lucas, in Chicago, Detroit, Los Angeles, Florida, North Carolina und Puerto Rico Immobilien zu erwerben. Auf einer Ranch in North Carolina züchetete er dreihundert Angus-Rinder. Allein der Zuchtbulle soll 125 000 Dollar gekostet haben. Trotz seines Reichtums zog Frank Lucas es vor, sich zurückhaltend zu kleiden. Einen Pelzmantel, den ihm seine aus Puerto Rico stammende Ehefrau Julie für angeblich 125 000 Dollar gekauft hatte, trug er nur selten. Er verkehrte mit Größen der Unterwelt, aus Politik, Wirtschaft und der Unterhaltungsbranche. Sogar Howard Hughes will er in einem Klub in New York die Hand geschüttelt haben.
Julie und Frank Lucas bekamen sieben Kinder, sechs Söhne und eine Tochter (Francine Lucas-Sinclair).
1975 endeten die kriminellen Karrieren von Leslie Atkinson und Frank Lucas.
Leslie Atkinson schickte 1975 zwei Pakete mit Heroin an ahnungslose ältere Frauen in Fayetteville, North Carolina. Mit der Begründung, es handele sich um einen Irrtum, sollten sie dort von Kontaktleuten abgeholt werden. Das hatte Atkinson offenbar schon öfter so gemacht, aber diesmal beschwerte sich eine der Empfängerinnen bei der Post und die andere rief die Polizei. Durch Fingerabdrücke überführt, wurde Leslie Atkinson am 19. Januar 1975 in Goldsboro, North Carolina, verhaftet und im Jahr darauf verurteilt. Er verbüßte bis 2007 eine Haftstrafe.
Der Polizist Richard („Richie“) M. Roberts (* 1941), der Anfang der Siebzigerjahre in New Jersey Mitarbeiter der neuen, dem Justizministerium der USA unterstellten Strafverfolgungsbehörde zur Drogenbekämpfung, der „Drug Enforcement Administration“ (DEA) geworden war, trug Anfang 1975 maßgeblich zur Verhaftung von Frank Lucas bei. Aufgrund der gesammelten Beweise wurde Frank Lucas im Jahr darauf von einem Gericht in New Jersey zu siebzig Jahren Haft verurteilt, und man beschlagnahmte seinen gesamten Besitz. Auch seine Frau Julie musste wegen ihrer Beteiligung an den Drogengeschäften für fünf Jahre ins Gefängnis.
Weil Frank Lucas mit den Behörden kooperierte und dadurch mehr als hundert andere Verbrecher angeklagt werden konnten, wurde seine Gefängnisstrafe auf fünfzehn Jahre reduziert und 1981 zur Bewährung ausgesetzt. Allerdings musste er von 1984 bis 1991 erneut ins Gefängnis, denn man hatte Heroin und Kokain bei ihm gefunden. Verteidigt wurde er 1984 von Richie Roberts, der parallel zu seiner Polizeiausbildung Jura studiert hatte und inzwischen als Strafverteidiger arbeitete.
Durch einen Zeitungsartikel von Mark Jacobson wurde Steven Zaillian („Schindlers Liste“) auf Frank Lucas aufmerksam. Nach seinem Drehbuch drehte Ridley Scott den Film „American Gangster“. Angeblich war Frank Lucas jeden Tag am Set.