Rassismus in den USA

Der afroamerikanische Kommunist und Gewerkschafter Angelo Herndon wird 1931 als Anführer einer Demonstration von weißen und nichtweißen Arbeitslosen festgenommen und später zu zwanzig Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

25. März 1931: Neun zwischen vierzehn und neunzehn Jahre alte afroamerikanische Jugendliche (Haywood Patterson, Eugene Williams, Roy and Andy Wright, Clarence Norris, Charlie Weems, Olen Montgomery, Ozie Powell, Willie Roberson) werden am 25. März 1931 in Paint Rock bei Scottsboro, Alabama, aus einem Güterzug geholt und verhaftet, weil zwei weiße Landstreicherinnen – Ruby Bates und Victoria Price – behaupten, sie seien von ihnen vergewaltigt worden. Mit Ausnahme des Jüngsten werden die Jugendlichen am 9. April zum Tod verurteilt („Scottsboro Case“). Nach jahrzehntelangen gerichtlichen Auseinandersetzungen kommen sie frei.

Weil der in Europa gefeierten afroamerikanischen Altistin Marian Anderson (1902 – 1993) die Constitution Hall in Washington, D. C., wegen ihrer Hautfarbe verschlossen bleibt, gibt sie am Ostersonntag 1939 ein Open-Air-Konzert am Lincoln-Memorial, zu dem 75 000 Menschen strömen. – Am 7. Januar 1955 singt sie als erste Afroamerikanerin in der Metropolitan Opera in New York.

Im Juni 1941 verbietet US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Diskriminierung von Nichtweißen in der Armee.

Der Oberste Gerichtshof der USA erklärt am 3. April 1944 die Regelung, derzufolge Nichtweiße nicht an den innerparteilichen Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur teilnehmen dürfen, für verfassungswidrig.

In Baton Rouge, Louisiana, wo die weißen Busfahrer die von der Stadt beschlossene Lockerung der Rassentrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht akzeptieren, weigert sich Reverend T. J. Jemison im Juni 1953, seinen Sitzplatz für einen Weißen freizumachen. Der Fahrer steuert daraufhin eine Polizeiwache an, aber der afroamerikanische Geistliche bekommt Recht. Daraufhin streiken die weißen Busfahrer vom 15. bis 19. Juni. Vom 20. bis 25. Juni boykottieren dann die Afroamerikaner die Busse in Baton Rouge, um gegen das Verhalten der Busfahrer zu demonstrieren.

Der Oberste Gerichtshof der USA gibt am 17. Mai 1954 einem Afroamerikaner Recht, der von einer Weißen vorbehaltenen Schule verlangt hatte, seinen Sohn aufzunehmen. Seit Ende des 19. Jahrhunderts müssen allen Schülern gleich welcher Hautfarbe gleiche Bildungschancen eingeräumt werden. Faktisch sind jedoch die Schulen für die Weißen besser als andere. Aufgrund des neuen Urteils, demzufolge die Rassentrennung an den Schulen gegen die Verfassung verstößt, müssen in 21 Bundesstaaten Gesetze geändert werden.

Weil er der weißen Frau eines Ladenbesitzers in Money, Mississippi, nachgepfiffen haben soll, wird der aus Chicago stammende vierzehnjährige Afroamerikaner Emmett Till, der zu Besuch bei seinem Onkel ist, am 28. August 1955 von weißen Farmern brutal ermordet. Eine weiße Geschworenenjury spricht die des Mordes Angeklagten – Roy Bryant, den Mann der Frau, und dessen Halbbruder J. W. Milam – trotz erdrückender Beweise frei. (Stanley Nelson dreht darüber den Dokumentarfilm „The Murder of Emmett Till“.)

Die Afroamerikanerin Rosa Parks (1913 – 2005) weigert sich am 1. Dezember 1955 in Montgomery, Alabama, ihren Sitzplatz in einem öffentlichen Bus für einen Weißen freizumachen. Deshalb wird sie festgenommen und zu einer Geldstrafe verurteilt. Aus Protest organisieren Bürgerrechtler wie Jo Ann Robinson, Edgar D. Nixon und Martin Luther King in Montgomery einen 382 Tage dauernden Bus-Boykott der Afroamerikaner. Damit erreichen sie, dass der Oberste Gerichtshof der USA im Dezember 1956 die Rassendiskriminierung in den öffentlichen Verkehrsmitteln von Alabama untersagt.

US-Präsident Dwight D. Eisenhower erlässt am 9. September 1957 ein neues Gesetz über die Bürgerrechte der Nichtweißen.

Aufgrund des bereits erwähnten Urteils des Obersten Gerichtshofs der USA vom 17. Mai 1954 räumt auch der Bundesstaat Arkanas Eltern das Recht ein, ihre Kinder ab September 1957 unabhängig von der Hautfarbe in öffentliche Schulen zu schicken. In der Hauptstadt Little Rock werden jedoch neun nichtweiße Schüler daran gehindert, eine bisher weiße High School zu betreten. Gouverneur Orval E. Faubus lässt das Gebäude tagelang von der Nationalgarde umstellen, um sie gegen Nichtweiße abzuriegeln. Am 23. September dürfen Afroamerikaner in die Schule, aber daraufhin verlassen die meisten Weißen das Gebäude, und es kommt zu blutigen Auseinandersetzungen auf den Straßen. Eisenhower schickt 1000 Fallschirmjäger nach Little Rock, um die Ordnung wieder herzustellen.

So genannte „Freedom Riders“ demonstrieren mit „Freiheitsfahrten“ gegen die weiter bestehende Rassentrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln. In Alabama werden sie am 14. Mai 1961 tätlich angegriffen.

Aufgrund schwerer Rassenunruhen in Montgomery verhängt der Gouverneur von Alabama am 23. Mai 1961 das Kriegsrecht. Ausgelöst wurden die Krawalle, als Weiße eine Kirche zu stürmen versuchten, um eine Predigt von Martin Luther King zu verhindern.

Als sich der neunundzwanzigjährige James Meredith im September 1962 als erster Afroamerikaner an der University of Mississippi in Oxford immatrikulieren will und ihm der Gouverneur den Zugang zur Hochschule verweigert, kommt es zu Rassenkrawallen, bei denen zwei Personen getötet und schätzungsweise 200 verletzt werden. Bundestruppen sorgen schließlich dafür, dass James Meredith sich einschreiben kann.

Medgar Evers, der Leiter der National Association for the Advancement of the Colored People (NAACP), wird am 12. Juni 1963 vor seinem Haus in Jackson, Mississippi, ermordet.

Etwa 200 000 nichtweiße Amerikaner marschieren am 28. August 1963 nach Washington, D. C.. Sie fordern Arbeit und Freiheit. Bei den Kundgebungen am Lincoln-Memorial sprechen der afroamerikanische Gewerkschafter A. Philip Randolph und Martin Luther King („I have a Dream“).

George Wallace, der Gouverneur von Alabama, weigert sich, die inzwischen illegale Rassendiskriminierung an den Schulen seines Bundesstaates aufzuheben und setzt am 10. September 1963 die Nationalgarde ein, um die weißen Schulen „negerfrei“ zu halten. Daraufhin sorgt US-Präsident John F. Kennedy dafür, dass die Nationalgarde von Alabama der Bundesregierung unterstellt wird und ermächtigt den Verteidigungsminister, Einheiten der US-Streitkräfte einzusetzen, um die Rechtsbeugung in Alabama zu beenden.

Bei einem Bombenanschlag am 15. September 1963 in einer Baptistenkirche in Birmingham, Alabama, werden vier afroamerikanische Mädchen im Alter von elf bis vierzehn Jahren getötet und weitere 20 Personen verletzt.

In Mississippi werden am 21. Juni 1964 zwei jüdische und ein afroamerikanischer Bürgerrechtler gelyncht: Andrew Goodman, Michael Schwerner und James Chaney.

US-Präsident Lyndon B. Johnson unterzeichnet am 2. Juli 1964 das Civil Rights Law, das die Gleichberechtigung der Geschlechter, Rassen, ethnischen und religiösen Minderheiten endgültig vorschreibt. Daraufhin kommt es zu schweren Rassenunruhen, vor allem in New York, nachdem dort ein Polizist bei Krawallen einen zehnjährigen Afroamerikaner erschossen hat.

Malcolm X., ein muslimischer Anführer der Schwarzenbewegung in den USA, wird am 21. Februar 1965 in Harlem (New York) auf offener Straße von Mitgliedern der „Nation of Islam“ erschossen. (Spike Lee dreht über Malcolm X. eine Filmbiografie mit Denzel Washington in der Hauptrolle.)

Martin Luther King führt am 21. März 1965 einen Marsch von Selma, Alabama, nach Montgomery an, um gegen die Diskriminierung der Nichtweißen bei der Wahlrechtsregistrierung zu protestieren.

Nachdem ein weißer Polizist am 11. August 1965 einen afroamerikanischen Autofahrer wegen des Verdachts auf Trunkenheit am Steuer angehalten hat, kommt es in Watts (Los Angeles) zu sechstägigen Rassenunruhen, bei denen 34 Personen ums Leben kommen und nach offiziellen Angaben 1032 verletzt werden. 700 Häuser brennen nieder.

Mit dem Ziel, die afroamerikanischen Staatsbürger zu ermutigen, ihr verfassungsmäßiges Recht auf Selbstbewaffnung in Anspruch zu nehmen und sich gegen Übergriffe zu wehren, gründen Huey P. Newton und Bobby Seale 1966 die „Black Panther Party“, die sich zu einer militanten Bürgerrechtspartei entwickelt.

In den Slums von Chicago und in Cleveland, Ohio, kommt es im Juli 1966 zu Rassenunruhen. In Cleveland wiederholt sich das im April 1967.

Der Oberste Gerichtshof der USA erklärt das in 16 Bundesstaaten bestehende Eheverbot zwischen Weißen und Nichtweißen am 12. Juni 1967 für verfassungswidrig.

Im Juli 1967 kommt es in einigen Großstädten der USA zu Rassenunruhen, so in Newark, Cincinnati und Detroit. Dabei werden 83 Menschen getötet und schätzungsweise 4000 verletzt.

Als erster Afroamerikaner wird Thurgood Marshall am 2. Oktober 1967 Richter am Obersten Gerichtshof der USA.

Huey P. Newton wird im Oktober 1967 von der Polizei in Oakland angeschossen und kurz darauf, am 28. Oktober, festgenommen. Man klagt ihn wegen der Ermordung des Polizisten John Frey an. Im Mai 1970 wird er aus dem Gefängnis entlassen, weil die Anklage nicht zu halten ist.

Ein Bühnenkuss zwischen einer Weißen und einem Afroamerikaner in dem Stück „The Great White Hope“ von Howard Sackler verursacht im Dezember 1967 einen Skandal.

Am 1. März 1968 legt die von US-Präsident Lyndon B. Johnson im Vorjahr eingesetzte Kerner-Kommission ihren Bericht über die Ursachen gewaltsamer Ausschreitungen in von Afroamerikanern bewohnten Vierteln vor. Die Kommission nennt Armut als entscheidende Ursache.

Martin Luther King wird am 4. April 1968 während einer Ansprache vom Balkon eines Hotels in Memphis, Tennessee, von einem Weißen erschossen. Daraufhin kommt es in 125 amerikanischen Städten zu Rassenunruhen, denen innerhalb einer Woche 46 Menschen zum Opfer fallen.

FBI-Chef J. Edgar Hoover bezeichnet die „Black Panthers“ im September 1968 als „größte Bedrohung für die nationale Sicherheit des Landes“.

Bei einer Schießerei am 17. Januar 1969 auf dem Campus der Universität von Los Angeles kommen zwei Anführer der „Black Panthers“ – John Huggins und Aprentice („Bunchy“) Carter – ums Leben.

21 Mitglieder der „Black Panther Party“ werden am 2. April 1969 in New York verhaftet und angeklagt, Bombenattentate auf Kaufhäuser, U-Bahnen und Polizeistationen geplant zu haben. Am 13. Mai 1971 spricht ein Gericht sie in allen Punkten der Anklage frei.

Im Mai 1969 wird Bobby Seale, eines der Gründungsmitglied der „Black Panther Party“, in Connecticut verhaftet und unter Mordanklage gestellt.

In der Nacht auf den 4. Dezember 1969 stürmen Polizisten die Wohnung von Fred Hampton, des Vorsitzenden der „Black Panther Party“, in Chicago, und erschießen ihn. Von den ebenfalls anwesenden Personen stirbt eine, und drei werden schwer verletzt, darunter Fred Hamptons schwangere Verlobte.

George Jackson, ein führendes Mitglied der „Black Panther Party“, wird am 21. August 1971 im Gefängnis von St. Quentin von Gefängnisbeamten erschossen.

Nach dem Freispruch von vier Polizisten, die einen Afroamerikaner erschlagen haben sollen, kommt es am 17. Mai 1980 zu tagelangen schweren Rassenunruhen in Miami, Florida.

Ein Amateur filmt am 3. März 1991 in Los Angeles, wie der afroamerikanische Autofahrer Rodney King bei einer Verkehrskontrolle von vier weißen Polizisten mit Knüppeln fast zu Tode geprügelt wird. Der Freispruch der Polizisten am 29. April 1992 durch ein Geschworenengericht in Simi Valley 60 Kilometer außerhalb von L. A. löst blutige Rassenunruhen in Los Angeles aus, die sechs Tage lang anhalten. Dabei werden 58 Personen getötet und mehr als 2300 verletzt.

Anfang November 1992 wird in Detroit, Michigan, der fünfunddreißigjährige afroamerikanische Autofahrer Malice Wayne Green von mehreren Polizisten zu Tode geprügelt.

Der umstrittene muslimische Schwarzenführer Louis Farrakhan organisiert am 16. Oktober 1995 einen so genannten „Million Man March“ nach Washington, D. C., an dem Frauen nicht teilnehmen dürfen. Die 400 000 Männer, die mitmachen, demonstrieren für eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen. Louis Farrakhan fordert sie auf, sich auf ihre Rolle als Familienoberhaupt zu besinnen und eine schwarze Gemeinschaft ohne Drogen, Waffen und Gewalt zu bilden.

© Dieter Wunderlich 2006
Hauptquelle: Eine von den Übersetzern Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié
zusammengestellte Zeittafel im Anhang des Romans

Martin Luther King (kurze Biografie)
Rosa Parks (kurze Biografie)

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Norman Jewison: In der Hitze der Nacht
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Tanguy Viel - Das Verschwinden des Jim Sullivan
Das originelle Spiel mit Klischees, viele witzige Einfälle und ein gelungener Aufbau machen "Das Verschwinden des Jim Sullivan", Tanguy Viels Persiflage auf einen amerikanischenr Roman, zu einem besonderen Lesevergnügen.
Das Verschwinden des Jim Sullivan