American Psycho

American Psycho

American Psycho

Originaltitel: American Psycho - Regie: Mary Harron - Drehbuch: Mary Harron und Guinevere Turner, nach dem Roman "American Psycho" von Bret Easton Ellis - Kamera: Andrzej Sekula - Schnitt: Andrew Marcus - Musik: John Cale - Darsteller: Christian Bale, Willem Dafoe, Chloë Sevigny, Jared Leto, Josh Lucas, Samantha Mathis, Matt Ross, William Sage, Cara Seymour, Justin Theroux, Guinevere Turner, Reese Witherspoon u.a. - 2000; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Der New Yorker Broker Patrick Bateman unterscheidet sich von seinen Kollegen so wenig, dass er sogar von seinem Vorgesetzten verwechselt wird. Wie andere Yuppies auch, definiert er sich ausschließlich über sein Aussehen und Statussymbole. Seine innere Leere und Gefühllosigkeit kompensiert er durch Gewalttaten oder -fantasien.

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Kritik

In ihrer Verfilmung des Romans "American Psycho" deutet Mary Harron die von Bret Easton Ellis detailliert geschilderten Gewaltexzesse nur an und hebt stattdessen die komischen Elemente hervor. Auf diese Weise entstand eine absurde Satire auf die Yuppies der Achtzigerjahre.
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Der siebenundzwanzigjährige Patrick Bateman (Christian Bale) ist bei „Pierce & Pierce“ (!) in New York als Broker beschäftigt, nicht um seinen Lebensunterhalt zu verdienen – den finanziert ihm sein Vater –, sondern um zu den Yuppies zu gehören. Er bewohnt ein teures Apartment in Manhattan, betreibt aufwändig Körperpflege, trainiert seinen Körper, trägt Kammgarn-Anzüge von DeRigueur von Schoeneman und trifft sich mit anderen Yuppies in einem exklusiven Club. „Was hat das alles für einen Sinn?“, fragt er sich frustriert. Er wundert sich, wieso er keine anderen Gefühle als Gier und Abscheu kennt und befürchtet, die Maske der Zurechnungsfähigkeit könne ihm herunterrutschen.

Evelyn Williams (Reese Witherspoon) betrachtet sich als seine Verlobte und möchte baldmöglichst heiraten. Sie ahnt weder etwas von seinem Verhältnis mit ihrer besten Freundin Courtney Rawlinson (Samantha Mathis) noch von seinen allabendlichen Sexspielen mit Prostituierten und Bekannten.

In einer Reinigung beschwert Patrick sich darüber, dass ein großer blutroter Fleck auf einem Bettlaken nicht herausgegangen ist, aber die chinesische Angestellte (Margaret Ma) versteht ihn ebenso wenig wie er sie. Zufällig kommt eine Bekannte (Marie Dame) vorbei und fragt, was das für ein Fleck sei. „Preiselbeersaft mit Apfel“, erklärt er und wimmelt sie so rasch wie möglich ab.

Eines Nachts stößt er auf einen bettelnden Obdachlosen namens Al (Reg E. Cathey). Zuerst fordert er ihn dazu auf, positiv zu denken, sich Arbeit zu suchen und etwas aus seinem Leben zu machen. Dann öffnet er sein Aktenköfferchen, nimmt ruhig ein Messer heraus und ersticht den Bettler.

Als ein anderer Yuppie mit dem Namen Paul Allen (Jared Leto) im Club prahlt, er könne jederzeit einen Tisch im „Dorsia“ bekommen, obwohl das teure Restaurant stets auf Wochen hinaus ausgebucht ist, kann Patrick seinen Zorn kaum noch beherrschen. Unter einem falschen Namen lädt er ihn ein. Paul wundert sich darüber, dass der Boden vor seinem Sessel säuberlich mit Zeitungen ausgelegt ist. Während Paul einen blasierten Vortrag über Musik hält, zieht er eine Regenhaut über seinen Cerrutti-Anzug, nimmt eine Axt und erschlägt Paul. Dann schreit er: „Versuch jetzt mal eine Reservierung im ‚Dorsia‘ zu kriegen, du beschissener, aufgeblasener Kerl!“

Kurz darauf taucht in seinem Büro der Privatdetektiv Donald Kimball (Willem Dafoe) auf, der von Paul Allens Freundin Meredith beauftragt wurde, dessen Verschwinden aufzuklären. Aber mit seinen Fragen an Patrick kommt er kaum weiter.

An diesem Abend lässt Patrick den Chauffeur seiner Stretchlimousine neben einem Straßenmädchen (Cara Seymour) halten. Ohne nach ihrem Namen zu fragen, nennt er sie Christie und behauptet, er heiße Paul Allen. Während der Fahrt ruft er bei einem Callgirl-Ring an und bestellt eine zweite Prostituierte in sein Apartment. Kurz nachdem er sein Apartment mit Christie betreten hat, trifft auch das Callgirl Sabrina (Krista Sutton) ein. Patrick fordert die beiden auf, sich auszuziehen und geht mit ihnen ins Bett. Beim Sex betrachtet er statt Christie und Sabrina seinen eigenen Körper im Spiegel. Wir sehen zwar nicht, was er mit den Frauen anstellt, erfahren aber später, dass Christie anschließend die Notaufnahme eines nahen Krankenhauses aufsuchen und operiert werden musste.

Als Courtneys Freund Luis Carruthers (Matt Ross) im Club mit neuen Geschäftskarten angibt, folgt Patrick ihm hasserfüllt zur Toilette, zieht schwarze Lederhandschuhe an und packt ihn am Hals, um ihn zu erwürgen. Luis glaubt, Patrick habe seine schwulen Blicke richtig gedeutet und wolle es hier mit ihm treiben. Vor Erregung beginnt er stoßweise zu atmen. Da lässt Patrick angewidert von ihm ab.

Unvermittelt lädt Patrick seine Sekretärin Jean (Chloë Sevigny) zum Essen ein, tut so, als reserviere er einen Tisch im „Dorsia“ und fordert sie auf, ihn in seinem Apartment abzuholen. Als er den Kühlschrank öffnet, um ihr einen Becher Joghurt zu geben, liegt darin der Kopf eines Menschen, aber Jean schaut nicht hin. Sie sitzt ahnungslos auf der Couch, als er sich von hinten nähert und ein schweres Bolzenschussgerät an ihren Hinterkopf hält. Da läutet das Telefon, und aus der Nachricht, die Evelyn auf dem Anrufbeantworter hinterlässt, schließt Jean, dass Patrick eine Verlobte hat. Der stellt das Bolzenschussgerät unbemerkt hinter die Couch und hält Jean nicht auf, die meint, es sei wohl besser, wenn sie jetzt ginge.

Trotz der schlimmen Erfahrung lässt Christie sich noch einmal von dem angebotenen Geld dazu verleiten, mit in Patricks Apartment zu kommen. Die zweite Prostituierte heißt diesmal Elizabeth (Guinevere Turner). Im Bett bemerkt Christie plötzlich, wie sich das Laken, unter dem es Patrick und Elizabeth treiben, blutrot färbt. Entsetzt rennt sie davon. Sie stolpert über Leichen, die in Plastiksäcken verpackt sind. Patrick folgt ihr mit einer Kettensäge ins Treppenhaus. Christie hat einen Vorsprung, aber er wirft die eingeschaltete Kettensäge nach ihr und tötet sie.

An einem Geldautomaten stößt er auf eine streunende Katze und will sie gerade erschießen, als eine ältere Frau auftaucht und fragt: „Was machen Sie denn da?“ Da tötet er statt der Katze die Frau. Er wird von Streifenwagen der Polizei verfolgt, entkommt jedoch nach einem Schusswechsel, bei dem mehrere Polizisten sterben. Anschließend erschießt Patrick in seinem Apartmenthaus den Pförtner und einen Mann vom Reinigungsdienst. In seiner Wohnung greift er zum Telefon, ruft den Anwalt Harold Carnes (Stephen Bogaert) an, erreicht nur den Anrufbeantworter, gesteht aber stammelnd, schwitzend und schluchzend, zwanzig bis vierzig Menschen umgebracht zu haben, darunter Paul Allen. Die Mehrzahl der Morde habe er auf Video aufgezeichnet. Hin und wieder habe er versucht, mit dem Fleisch der Opfer etwas zu kochen, und in einigen Fällen etwas von ihrem Gehirn gegessen.

Die Wohnung, in der Patrick die meisten seiner Opfer ermordete, soll offenbar neu vermietet werden, denn Patrick stößt eines Tages in den leeren Zimmern auf eine Immobilienmaklerin und ein interessiertes Ehepaar. Verwundert stellt er fest, dass die Schränke, in denen er einige der Leichen aufbewahrt hatte, ausgeräumt sind.

Völlig durchgedreht ruft er Jean an. Die findet danach in seinem Schreibtisch seinen Terminkalender und stellt verblüfft fest, dass keine Termine eingetragen sind. Stattdessen hat Patrick auf den Seiten blutrünstige Szenen mit nackten Frauen gezeichnet.

Zwei Wochen nachdem er Paul Allen ermordete, trifft Patrick bei einer Abendgesellschaft zufällig Harold Carnes. Der Anwalt hielt Patricks Anruf vom ersten Augenblick an für einen schlechten Scherz. Offenbar kennt er ihn unter einem anderen Namen, denn er sagt, die Wahl des Namens „Patrick Bateman“ sei ein Fehler gewesen, denn dieses Weichei könne keiner Fliege etwas antun. Und mit Paul Allen habe er selbst vor zehn Tagen in London gegessen. Also sei das alles leicht durchschaubar gewesen.

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Patrick Bateman ist ein Broker, der sich von seinen Kollegen so wenig unterscheidet, dass er sogar von seinem Vorgesetzten verwechselt wird. Wie andere Yuppies auch, definiert er sich ausschließlich über sein Aussehen und Statussymbole.

Ich trage einen Kammgarn-Anzug mit Nagelkopfmuster und Überkaro von DeRigueur von Schoeneman, ein Hemd aus Baumwoll-Broadcloth von Bill Blass, eine Macclesfield-Seidenkrawatte von Savoy und ein Baumwoll-Einstecktuch von Ashear Bros. (Patrick Bateman in „American Psycho“, Roman von Bret Easton Ellis)

Ich sehe mein eigenes leeres Gesicht, die körperlose Stimme dringt aus dem Mund: Wir leben in schrecklichen Zeiten. (a. a. O.)

Zwar sieht Patrick Bateman sehr gut aus, aber er kennt keine anderen Gefühle als Gier und Abscheu und ist psychotisch auf sich selbst fixiert. Seine innere Leere kompensiert er durch Gewalttaten oder -fantasien, die zugleich als Ventil für seinen Zorn dienen. Ob er wirklich ein bestialischer Serienmörder ist, oder sich die Perversitäten nur vorstellt bzw. einbildet, bleibt offen.

Der Titel „American Psycho“ und der Name „Patrick Bateman“ verweisen auf den Film „Psycho“ von Alfred Hitchcock, in dem der Protagonist Norman Bates heißt. Dass „Bateman“ auch ein wenig wie „Batman“ klingt, ist wohl auch kein Zufall.

Mary Harron hat den umstrittenen Roman „American Psycho“ (1991) von Bret Easton Ellis (*1964) verfilmt (Übersetzung: Clara Drechsler und Harald Hellmann; Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003). Den Stil des Autors ahmt sie nach, wenn Patrick Bateman detailverliebt beschreibt, was alles zu seiner Morgentoilette gehört, und wie im Roman auch, wird die Geschichte aus der Perspektive des Protagonisten erzählt. Aber statt die blutrünstigen Gewaltexzesse in allen Einzelheiten zu schildern, wie es Bret Easton Ellis tut, deutet Mary Harron sie nur an und hebt mehr die komischen Elemente hervor. Auf diese Weise entstand eine absurde Satire auf die Yuppies der Achtzigerjahre.

Morgan J. Freeman drehte 2002 ein – mit dem Original allerdings nicht vergleichbares – Sequel über eine Studentin namens Rachel, die Patrick Bateman entkommen ist: „American Psycho 2. All American Girl“.

American Psycho 2. All American Girl – Regie: Morgan J. Freeman – Drehbuch: Alex Sanger und Karen Craig – Kamera: Vanja Cernjul – Schnitt: Mark Sanders – Musik: Norman Orenstein – Darsteller: Mila Kunis, William Shatner, Jenna Perry, Michael Kremko u.a., 2002; 90 Minuten

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004

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Richard David Precht stellt in "Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?" spannende Fragen. Es sind allerdings zu viele. Deshalb bleibt er mit seiner lockeren, teilweise szenisch ausgeschmücken Darstellung an der Oberfläche.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.