Hildegard Knef


1948 kam die deutsche Schauspielerin Hildegard Knef nach Hollywood. Doch der Erfolg blieb zunächst aus. Erst Mitte der Fünfzigerjahre glänzte sie am Broadway in der Hauptrolle des Musicals Silk Stockings. Dann kehrte sie erschöpft nach Deutschland zurück, wo sie 1962 eine sensationelle Karriere als Chanson-Sängerin begann. 1970 machte sie sich auch noch mit dem Weltbestseller Der geschenkte Gaul einen Namen als Schriftstellerin.

Ttabellarische Biografie: Hildegard Knef


Hildegard Knef: »Für mich soll’s rote Rosen regnen«

Leseprobe aus
Dieter Wunderlich: Unerschrockene Frauen. Elf Porträts
Piper Verlag, München 2013

Wie üblich, wurde die Inszenierung vor der Broadway-Premiere erst einmal in anderen Städten ausprobiert. Damit begann das Ensemble am 22. November 1954 in Philadelphia. In ihrem Buch Der geschenkte Gaul gibt Hildegard Knef ein Gespräch mit Kollegen nach der Vorpremiere wieder: »›Wann probieren wir eigentlich, wenn wir acht Vorstellungen in der Woche spielen? Ich meine, mittwochs und samstags haben wir Matineen – die fallen doch wahrscheinlich als Probetage aus‹, sage ich. Sie sehen auf; enttäuschte Lehrer, die ihren Musterschüler beim Abschreiben erwischt haben. ›Kind‹, sagt [Cole] Porter, ›du weißt offenbar nicht, dass der Tag ab jetzt achtundvierzig Stunden hat.‹ Ernie [Martin] reckt sich, sagt: ›Lasst uns noch einmal schlafen, bevor es abgeschafft wird.‹«

Aber es verging keine ganze Woche, da erkrankte die Hauptdarstellerin an Masern. Um die Produktion nicht zu gefährden, spielte Hildegard Knef dennoch weiter, und das Ensemble blieb trotz der Ansteckungsgefahr zusammen. »Vollgepumpt mit Marlenes Antibiotika und Aufputschmitteln« hielt Hildegard Knef durch. Allerdings bat sie ihre Mutter, zu kommen und ihr beizustehen. Am 10. Januar 1955 traf Frieda Wulfestieg mit einem von ihrer Tochter bezahlten Flugticket in Boston ein, wo Silk Stockings inzwischen gespielt wurde.

Nach chaotischen Änderungen, einem Wechsel des Regisseurs und mehrmaligen Verschiebungen des Termins für die Premiere am Broadway wollte die um zehn Kilo abgemagerte Hildegard Knef schon aus dem Projekt aussteigen, ließ sich dann aber doch zum Weitermachen überreden. Mit der Hauptrolle in Silk Stockings ging sie ein großes Risiko ein, denn man verglich sie selbstverständlich mit Greta Garbo in Ninotschka. Erich Pommer hatte sie davor gewarnt, alles auf eine Karte zu setzen, denn ein Misserfolg am Broadway ließe sich nicht totschweigen.

Am 24. Februar war es dann endlich so weit: Silk Stockings kam im Imperial Theatre am Broadway auf die Bühne. Sogar der ehemalige US-Präsident Harry S. Truman saß im Publikum. Die Vorstellung war ein voller Erfolg. Marlene Dietrich gratulierte ihrer Freundin während des Schlussapplauses auf der Bühne und organisierte in Sardi’s Restaurant die Premierenfeier.

Das gut dreieinhalb Stunden lange Musical wurde achtmal pro Woche aufgeführt. Als Hildegard Knef, für die man eigens ein Penthouse über dem Grosvenor Hotel in der Fifth Avenue gemietet hatte, im Mai trotz einer Grippe auftrat, brach sie während einer Vorstellung zusammen und musste daraufhin eine Woche lang aussetzen. »Ein Musical in New York zu spielen ist mit das Härteste, was es gibt«, sagte sie später. »Das hat mich fast umgebracht.«
»Monatelang spielte sie vor ausverkauftem Haus am Broadway, keine Deutsche vor ihr hat das geschafft.« Der

Dieter Wunderlich: Unerschrockene Frauen. © Piper Verlag 2013

Journalist Manfred George hielt die Hauptdarstellerin in Silk Stockings für vergleichbar mit Marlene Dietrich und fügte hinzu, Hildegard Knef habe sogar das Potenzial, eine Schauspielerin »von weit größerem Rang als [die] Dietrich« zu werden.

Dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel zufolge stand Hildegard Knef 675 Mal als Ninotschka in Silk Stockings auf der Bühne, am 14. April 1956 zum letzten Mal. Eigentlich wäre sie aufgrund des Run-of-the-Play-Vertrags verpflichtet gewesen, im Anschluss an die Broadway-Spielzeit noch einmal mit dem Stück auf Tournee zu gehen, aber ein ärztliches Attest befreite sie davon. Zur gleichen Zeit trennte sie sich von ihrer Agentin Elli Silman, mit der sie und ihre Mutter sich überworfen hatten.
Am 4. Mai gab Hildegard Knef noch eine Abschiedsparty in New York. Dann ging sie mit Frieda Wulfestieg an Bord der SS »America«. Sie war erschöpft und abgemagert. »Ich wiege 44 Kilo, die meisten halten mich für schwindsüchtig, empfehlen diskret Schweizer Hochgebirge, ein stilles Sanatorium. Kuhmilch.«

Leseprobe aus Dieter Wunderlich: Unerschrockene Frauen. Elf Porträts

© Piper Verlag, München 2013
Quellenangaben und Fußnoten wurden in dieser Leseprobe weggelassen, sind jedoch im Buch zu finden.
Zitate, soweit nicht von Hildegard Knef:
Jürgen Trimborn: Hildegard Knef. Die Biographie, Goldmann Verlag 2007, S. 220 / S. 14

Hildegard Knef (tabellarische Biografie)

Ian McEwan - Der Zementgarten
Mit seinem Debütroman "Der Zementgarten" präsentiert Ian McEwan eine einfühlsame Elegie über die Adoleszenz, eine beklemmende, subtile und zugleich groteske psychologische Studie über vier verwaiste Kinder zwischen sechs und siebzehn in einer Ausnahmesituation.
Der Zementgarten

 

(Startseite)

 

Nobelpreis für Literatur

 

Literaturagenturen

 

Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.