Hubert Fichte


Hubert Fichte wurde am 21. März 1935 in Perleberg in der Prignitz als unehelicher Sohn einer Souffleuse geboren. Weil er von einem Juden gezeugt worden war, schickte seine Mutter ihn als Siebenjährigen in ein katholisches Waisenhaus in Schrobenhausen, denn sie glaubte, dort sei er sicherer vor den Nationalsozialisten.

Nach dem Krieg versuchte Hubert Fichte sich auf Hamburger Bühnen als Kinderdarsteller. Im Alter von vierzehn Jahren lernte er den Schriftsteller und Orgelbauer Hans Henny Jahnn (1894 – 1959) kennen und entdeckte durch ihn seine eigene Homo- bzw. Bisexualität. Zwei Jahre später brach er den Besuch der höheren Schule ab.

1952 bis 1954 lebte Hubert Fichte in der Provence, wo er unter anderem in einem Weinberg arbeitete und Schafe hütete. Danach absolvierte er in Schleswig-Holstein eine landwirtschaftliche Ausbildung (1955 – 1957) und verbrachte einige Zeit als Praktikant in Schweden.

Von 1961 an lebte er in Hamburg mit der Fotografin Leonore Mau zusammen. 1963 veröffentlichte er unter dem Titel „Der Aufbruch nach Turku“ einen Band mit Erzählungen und wurde Schriftsteller.

Lieber als in bürgerlichen Kreisen verkehrte Hubert Fichte mit Menschen am Rande der Gesellschaft und in Subkulturen. Gespräche, die er in St. Pauli geführt hatte, erschienen 1972 unter dem Titel „Interviews aus dem Palais d’amour“. 1971 bis 1975 reiste er für ethnologische Studien nach Bahia, Tahiti und Trinidad. Seine Erkenntnisse schlugen sich in seiner „Ethnopoesie“ nieder („Xango“, 1976; „Petersilie“, 1980).

Seinen 1974 begonnenen, auf neunzehn Bände angelegten Romanzyklus „Geschichte der Empfindsamkeit“ konnte Hubert Fichte nicht mehr fertigstellen. Er starb am 8. März 1986 im Hafenkrankenhaus in Hamburg.

Hubert Fichte: Bibliografie (Auswahl)

  • Der Aufbruch nach Turku (Erzählungen, 1963)
  • Im Tiefstall (Erzählung, 1965)
  • Das Waisenhaus (Roman, 1965)
  • Die Palette (Roman, 1968)
  • Detlevs Imitationen „Grünspan“ (Roman, 1971)
  • Interviews aus dem Palais d’amour (Interviews aus St. Pauli, 1972)
  • Wolli Indienfahrer (Interviews aus St. Pauli, 1978)
  • Versuch über die Pubertät (Roman, 1974)
  • Xango. Bahia, Haiti, Trinidad. Die afroamerikanischen Religionen II (1976)
  • Petersilie. Santo Domingo, Venezuela, Miami, Grenada.
    Die afroamerikanischen Religionen IV (1980)
  • Psyche. Anmerkungen zur Psychiatrie in Senegal (1980)
  • Lazarus und die Waschmaschine. Kleine Einführung in die Afroamerikanische Kultur (Aufsatzsammlung, 1985)
  • „Deiner Umarmungen süße Sehnsucht“. Die Geschichte der Empfindungen am Beispiel der französischen Schriften des Grafen August von Platen-Hallermünde (1985)
  • Hotel garni (Roman, 1987)
  • Die Geschichte der Empfindlichkeit (fragmentarischer Romanzyklus, 12 Bände,
    1987 – 2006)
  • Der kleine Hauptbahnhof (Roman, 1988)
  • Eine glückliche Liebe (Roman, 1988)
  • Homosexualität und Literatur (Essays, 1988)

Literatur über Hubert Fichte

  • Jan-Frederik Bandel: Hubert Fichte. Hotel garni, Doppelzimmer. Aachen 2004
  • Jan-Frederik Bandel: Fast glaubwürdige Geschichten. Über Hubert Fichte. Aachen 2005
  • Jan-Frederik Bandel, Lasse Ole Hempel und Theo Janßen: Palette revisited. Eine Kneipe und ein Roman. Hamburg 2005 (auch als Film)
  • Hartmut Böhme und Nikolaus Tiling (Hg.): Medium und Maske. Die Literatur Hubert Fichtes zwischen den Kulturen. Stuttgart 1995
  • Peter Braun: Die doppelte Dokumentation. Fotografie und Literatur im Werk von Leonore Mau und Hubert Fichte. Stuttgart 1997
  • Michael Fisch: Verwörterung der Welt. Über die Bedeutung des Reisens für Leben und Werk von Hubert Fichte. Aachen 2000

© Dieter Wunderlich 2005

Hubert Fichte: Versuch über die Pubertät

Veza Canetti - Die Gelbe Straße
Die Wiener "Arbeiter-Zeitung" veröffentlichte 1932/33 zwei Erzählungen von Veza Canetti, die sie später mit drei anderen zu dem Roman "Die Gelbe Straße" zusammenfügte, der aber erst 1990 – siebenundzwanzig Jahre nach ihrem Tod – veröffentlicht wurde.
Die Gelbe Straße

 

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.