Shoah

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Shoah

Shoah – Originaltitel: Shoah – Regie: Claude Lanzmann – Kamera: Dominique Chapuis, Jimmy Glasberg, William Lubtchansky – Schnitt: Ziva Postec, Anna Ruiz – 1985; 565 Minuten

Inhaltsangabe

Bei "Shoah" handelt es sich um einen einzigartigen Dokumentarfilm über die Shoah. Anders als üblich mischt Claude Lanzmann nicht Archivmaterial, Interview-Ausschnitte und nachgestellte Szenen, sondern konzentriert sich ganz auf die Aussagen der von ihm Befragten. Er erläutert und kommentiert nichts, insistiert nur mit seinen Fragen und erhält erschütternde Antworten.
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Kritik

Mit seiner ungewöhnlichen Vorgehensweise kommt Claude Lanzmann in "Shoah" sehr viel näher an die grauenvolle Wirklichkeit heran als die üblichen Dokumentationen oder Spielfilme, und er hält Erinnerungen an den Holocaust wach.

Bei „Shoah“ handelt es sich um einen einzigartigen Dokumentarfilm über die Shoah bzw. den Holocaust. Anders als üblich mischt der Franzose Claude Lanzmann (* 1925) nicht Archivmaterial, Interview-Ausschnitte und nachgestellte Szenen, sondern konzentriert sich ganz auf die Aussagen der

Menschen, die er in Polen, Israel, Deutschland, in der Schweiz, in den USA und anderswo befragt. Claude Lanzmann lässt die Kamera weiterlaufen, auch wenn sie schluchzen und nicht mehr sprechen können. Bei den Befragten handelt es sich um Betroffene, Zeitzeugen und Bewohner von Orten, an denen sich Vernichtungslager befanden. Mutmaßliche Täter und Antisemiten lässt Claude Lanzmann heimlich mit versteckter Kamera filmen oder nachdem er ihnen Anonymität versprochen hat. Er erläutert und kommentiert nichts, insistiert nur mit seinen Fragen und erhält erschütternde Antworten. Wir sehen keine Leichenberge, sondern nur wie es in Auschwitz, Treblinka, Sobibor und Chelmno während der Dreharbeiten aussieht: Manchenorts gibt es Gedenkstätten, anderswo sind Ruinen von Unkraut überwuchert. Immer wieder zeigt Claude Lanzmann Züge und symbolisiert damit die Deportationen in die Vernichtungslager.

Mit dieser außergewöhnlichen Vorgehensweise kommt Claude Lanzmann in „Shoah“ sehr viel näher an die grauenvolle Wirklichkeit heran als die üblichen Dokumentationen oder Spielfilme. Wir spüren die bleibenden psychischen Verletzungen der befragten Opfer und ahnen etwas von der Anstrengung, die notwendig war, um den Überlebenswillen in einem Vernichtungslager nicht zu verlieren. Claude Lanzmann hält mit „Shoah“ Erinnerungen an den Holocaust wach.

Elf Jahre lang, von 1974 bis 1985, reiste Claude Lanzmann zu Interviews. Zweiunddreißig der zahlreichen Befragten erwähnt er namentlich. Aus 350 Stunden Filmmaterial wählte er in vierjähriger Arbeit neuneinhalb Stunden für den Film „Shoah“ aus.

Namentlich aufgeführte Befragte: Simon Srebnik, Michael Podchlebnik, Motke Zaidl, Hanna Zaidl, Jan Piwonski, Itzhak Dugin, Richard Glazer, Paula Biren, Pana Pietyra, Pan Filipowicz, Pan Falborski, Abraham Bomba, Czeslaw Borowi, Henrik Gawkowski, Rudolf Vrba, Inge Deutschhkron, Franz Suchomel, Filip Müller, Joseph Oberhauser, Anton Spiess, Raul Hilberg, Franz Schaliing, Martha Michelsohn, Moshe Mordo, Armando Aaron, Walter Stier, Ruth Elias, Jan Karski, Franz Grassler, Gertude Schneider, Itzhak Zuckermann, Simha Rotem.

Die Uraufführung von „Shoah“ erfolgte am 30. April 1985 in Paris.

In Deutschland wurde „Shoah“ erstmals bei den Berliner Filmfestspielen 1986 gezeigt. Im deutschen Fernsehen wurde der Dokumentarfilm zunächst nur von den Dritten Programmen ausgestrahlt. Seit Herbst 2007 gibt es „Shoah“ in deutscher Sprache auf DVD.

Die polnische Regierung hatte sich noch vor der Premiere des Films gegen die Darstellung verwahrt, dass es in ihrem Land noch immer Antisemiten gebe.

In Deutschland wurde Claude Lanzmann nach der Veröffentlichung seiner Autobiografie „Le lièvre de Patagonie“ von Christian Welzbacher am 7. Januar 2010 in der „Zeit“ vorgeworfen, es mit der historischen Wahrheit nicht immer genau zu nehmen. Dabei bezog Welzbacher sich auf Lanzmanns Behauptung, er habe Edwin Redslob (1884 – 1973), den damaligen Rektor der FU Berlin, 1950 als Altnazi entlarvt und zum Rücktritt gezwungen. Das sei nicht wahr, schrieb der Redslob-Biograf Welzbacher.

Kritiklos machten sich die Journalisten in Deutschland Lanzmanns Erzählung zu eigen und sparten sich die Recherche. Doch die schöne Geschichte hat so nie stattgefunden […]
Dabei lässt schon der flüchtige Blick in das französische Manuskript erahnen, dass die Redslob-Episode nicht die einzige sein dürfte, in der Lanzmanns „Interpretation“ die Wahrheit überlagert.
[…] Der große Anwalt der Erinnerung hantiert nicht immer genau mit Fakten. Lanzmann, das Mensch gewordene Monument der historischen Verantwortung, verändert die Geschichte – nach seinem Interesse. Wer die Passagen der Memoiren liest, kommt nicht umhin, sie für Selbststilisierungen zu halten. Mit sprachlicher Wucht stilisiert sich der Autor zum omnipräsenten Akteur, zum regelrechten Rächer der Juden, dessen Chef d’Œeuvre Shoah sich in das kollektive Gedächtnis der ganzen Welt einbrannte. (Christian Welzbacher, „Die Zeit“, 7. Januar 2010).

Zum Dokumentarfilm „Shoah“ gibt es auch ein Buch von Claude Lanzmann (Übersetzung: Nina Börnsen und Anna Kamp, Trotzdem Verlag, Grafenau 1999, ISBN 978-3922209874, 240 Seiten).

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