Lili Elbe und Gerda Wegener


Einar Mogens Wegener wurde am 28. Dezember 1882 in der dänischen Stadt Vejle geboren, möglicherweise sowohl mit männlichen als auch weiblichen Geschlechtsorganen.

Während des Studiums an der Königlich Dänischen Kunstakademie in Kopenhagen lernte Einar Wegener seine vier Jahre jüngere Kommilitonin Gerda Gottlieb (1886 – 1940) kennen, die Tochter eines hugenottisch-stämmigen Geistlichen in Nordschleswig. Die beiden heirateten 1904. Während Gerda Wegener in der Modegrafik arbeitete und Bücher im Jugendstil bzw. Art Déco illustrierte, malte ihr Mann vor allem Landschaften. 1912 zog das Künstler-Ehepaar nach Paris.

Dort wurde bald darüber getuschelt, dass Gerda Wegener lesbisch sei und es sich beim Modell ihrer modischen Figurinen um einen Transsexuellen namens Lili Elbe handele. Nur die engsten Freunde wussten, dass Lili Elbe und Einar Wegener ein und dieselbe Person waren. Zu ihnen gehörte die dänische Journalistin Louise („Loulou“) Lassen (1876 – 1947), die den Namen erfunden hatte. Andere hielten Lili Elbe für eine Schwester des Künstlers Einar Wegener.

Durch Marie-Anna Baronin von Goldschmidt-Rothschild (1872 – 1973) kam Lili Elbe mit dem deutschen Gynäkologen Kurt Warnekros (1882 – 1949) in Kontakt. Der bot ihr nach einem Gespräch in Paris eine operative Geschlechtsumwandlung an. Im Februar 1930 reiste Lili Elbe nach Berlin, um sich von Prof. Dr. Erwin Gohrbandt (1890 – 1965) am Institut für Sexualwissenschaft von Magnus Hirschfeld (1868 – 1935) kastrieren zu lassen. Damit begann eine der ersten Geschlechts­umwandlungen überhaupt. Am 26. Mai 1930 führte Kurt Warnekros an der Dresdener Frauenklinik einen zweiten Eingriff durch.

Der dänische König annullierte im Oktober 1930 die Ehe von Einar Wegener und Gerda Gottlieb. Lili Elbe erhielt neue Papiere auf den Namen Lili Ilse Elvenes.

Im selben Jahr amputierte Dr. Ludwig Levy-Lenz (1889 – 1966) vom Institut für Sexualwissenschaft den Penis der Patientin. Bei der vierten Operation – wieder in Dresden – implantierte bzw. konstruierte Kurt Warnekros bei der Patientin Mitte Juni 1931 Labien, eine Vagina und einen Uterus. In der Folge kam es zu Komplikationen, an deren Folgen Lili Elbe am 12. September 1931 starb. Beerdigt wurde sie auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden.

Kurz vor Lili Elbes Tod hatte Gerda Wegener den elf Jahre jüngeren italienischen Luftwaffen-Major und Diplomaten Fernando Porta geheiratet und war mit ihm nach Marokko gezogen. Die Ehe wurde 1936 geschieden. Gerda Wegener kehrte nach Kopenhagen zurück. Dort erlag sie am 28. Juli 1940 einem Herzinfarkt.


Eine deutsche Übersetzung des 1931 veröffentlichten Lebensberichts „Fra mand til kvinde“ von Lili Elbe erschien im Jahr darauf in Dresden: „Ein Mensch wechselt sein Geschlecht. Eine Lebensbeichte, aus hinterlassenen Papieren herausgegeben von Niels Hoyer“ (Übersetzung: Ernst Narthern-Jacobson).

Lili Elbe war wohl der zweite Mann, der sich zu einer Frau umoperieren ließ. 1922 hatte sich bereits Rudolph Richter (1891 – 1933) von Magnus Hirschfeld auf eigenen Wunsch kastrieren lassen und danach als Hausmädchen Dora („Dörchen“) Richter am Institut für Sexualwissenschaft gearbeitet. Der am Institut tätige Psychiater Felix Abraham schrieb darüber: „Die Kastration hat sich, wenn auch nicht weitgehend, so ausgewirkt, daß der Körper voller wurde, der Bartwuchs nachließ, Brustansatz sich bemerkbar machte und auch das Fettpolster des Beckens […] weiblichere Formen annahm.“ 1931 ließ Dora Richter dann von Dr. Ludwig Levy-Lenz eine Penektomie durchführen und von Prof. Dr. Erwin Gohrbandt eine Vulva und eine Vagina konstruieren.

2000 schrieb David Ebershoff die Romanbiografie „The Danish Girl“ / „Das dänische Mädchen“ (Übersetzung: Werner Schmitz) über Lili Elbe und Gerda Wegener. Tom Hooper verfilmte das Buch nach einem Script von Lucinda Coxon: „The Danish Girl“.

© Dieter Wunderlich 2016

Tom Hooper: The Danish Girl

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon einen Monat, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte. Aus familiären Gründen reduziere ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik.