Von Löwen und Lämmern

Von Löwen und Lämmern

Von Löwen und Lämmern

Von Löwen und Lämmern – Originaltitel: Lions for Lambs – Regie: Robert Redford – Drehbuch: Matthew Michael Carnahan – Kamera: Philippe Rousselot – Schnitt: Joe Hutshing – Musik: Mark Isham – Darsteller: Robert Redford, Meryl Streep, Tom Cruise, Peter Berg, Michael Peña, Derek Luke, Andrew Garfield u.a. – 2007; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Während ein Professor in Kalifornien einem politikverdrossenen Studenten erklärt, dass jeder Einzelne sich für die Gemeinschaft engagieren müsse, erläutert ein Senator in Washington einer Journalistin eine neue Militärtaktik der US-Streitkräfte in Afghanistan, mit deren Umsetzung soeben begonnen wird. Die Journalistin verzichtet jedoch auf den Scoop, weil sie befürchtet, dass der Politiker sie für Propagandazwecke zu manipulieren versucht ...
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Kritik

Robert Redford kritisiert in "Von Löwen und Lämmern", dass die US-Regierung einen "Krieg gegen den Terror" ausrief, statt nach politischen Lösungen zu suchen.

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Während Professor Stephen Malley (Robert Redford) in seinem Büro in einer kalifornischen Universität ein Gespräch mit dem Politologie-Studenten Todd Hayes (Andrew Garfield) beginnt, empfängt der republikanische Senator Jasper Irving (Tom Cruise) in Washington die linksliberale Journalistin Janine Roth (Meryl Streep) zu einem einstündigen Interview. Zur gleichen Zeit startet in Afghanistan, wo es bereits dunkel wird, ein Hubschrauber mit einer Gruppe Soldaten an Bord.

Malley fielen die häufigen Fehlzeiten des intelligenten Studenten Hayes auf. Deshalb hat er ihn an diesem Morgen ins Büro bestellt. Hayes behauptet, er habe als Vorsitzender der Verbindung viel zu tun, aber der Professor lässt sich nicht mit dieser vorgeschobenen Begründung abspeisen und findet durch weitere Nachfragen heraus, dass Hayes daran zweifelt, das richtige Studienfach gewählt zu haben. Der mit den politischen Verhältnissen unzufriedene Student ist frustriert, weil er davon ausgeht, ohnehin nichts ändern zu können. Deshalb überlegt er, ob es nicht besser sei, sich auf den privaten Bereich zu konzentrieren und das Leben zu genießen, das seine reichen Eltern ihm ermöglichen.

Daraufhin erzählt Malley von zwei früheren Studenten. Der Afroamerikaner Arian Finch (Derek Luke) und der Latino Ernest Rodriguez (Michael Peña) stammten aus weniger privilegierten Familien und erhielten durch Sportstipendien die Möglichkeit, zu studieren. Als sie in einem Seminar gemeinsam einen Vortrag hielten und dafür eintraten, dass jeder Einzelne sich für die Gesellschaft engagieren müsse, warfen Kommilitonen ihnen vor, heuchlerische Forderungen aufzustellen, die sie selbst nicht erfüllen würden. Damit hatten Arian und Ernest offenbar gerechnet, denn sie legten Ablichtungen ihrer Einberufungsbescheide auf den Overheadprojektor: Beide hatten sich zum Militäreinsatz in Afghanistan gemeldet.

Malley beschwört Hayes, sich nicht dem Heer der Politikverdrossenen anzuschließen. Gerade wegen der Passivität so vieler Menschen könnten korrupte und machtbesessene Politiker ihre eigenen Interessen verfolgen, meint er. Wenn aber nicht mehr genügend für die Gesellschaft getan würde und beispielsweise die Straßen verkämen, beeinträchtige das auch das Privatleben aller Bürger. Malley appelliert an Hayes, Zivilcourage zu zeigen und sich für das Gemeinwesen einzusetzen, aber nach gut einer Stunde entlässt er ihn, ohne eine Entscheidung von ihm verlangt zu haben. Die überlässt er dem Studenten.

– – –

In derselben Stunde weiht der junge Senator Jasper Irving die erfahrene Journalistin Janine Roth in neue militärische Pläne für Afghanistan ein: Man wird Platoons auf Hochebenen stationieren, damit sie von dort aus die Umgebung überwachen und sichern können. Als Janine nach zehn Minuten fragt, wann diese Operation beginnen solle, blickt der Senator auf die Uhr und antwortet: Das erste Platoon sei seit zehn Minuten unterwegs. Der Politiker umgarnt die Journalistin, denn er möchte, dass sie die Operation so im Fernsehen darstellt, dass wieder mehr Menschen an einen Erfolg des Einsatzes in Afghanistan glauben. Als Janine sich nach einer Stunde verabschiedet und dabei den Verdacht äußert, dass es dem Senator in erster Linie darum gehe, seine Chancen für eine Kandidatur bei den nächsten Präsidentschaftswahlen zu erhöhen, versichert Irving, er habe gar nicht vor, sich aufstellen zu lassen. Dennoch bleibt Janine argwöhnisch.

Nachdenklich kehrt sie in die Redaktion zurück. Als der Chefredakteur (Kevin Dunn) hört, dass sich der Senator eine ganze Stunde Zeit für sie nahm und ihr exklusive Informationen zukommen ließ, rechnet er mit einem Scoop. Aber Janine will sich nicht manipulieren bzw. für Propagandazwecke instrumentalisieren lassen und ist deshalb nicht bereit, den von Irving erhofften Artikel zu schreiben.

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In dem Augenblick, in dem Hayes das Büro des Professors und Janine das des Senators betreten, startet in Afghanistan ein Helikopter, um im Rahmen der neuen Taktik ein Platoon auf eine Hochebene zu bringen. Mit an Bord sind Arian Finch und Ernest Rodriguez. Kurz vor dem Zielort wird der Hubschrauber beschossen. Ernest stürzt aus dem Hubschrauber, und Arian springt ihm nach.

Beim Aufprall auf die Erde verletzt Ernest sich schwer am Bein und kann nicht mehr aufstehen. Während die beiden Soldaten von Feinden eingekreist werden, schickt die Einsatzleitung einen Hubschrauber, um sie zu retten. Aber es ist bald abzusehen, dass der Helikopter nicht schnell genug sein wird. Deshalb startet ein Kampfflieger und bombardiert die Taliban in der Nähe der beiden Amerikaner.

Arian und Ernest geht die Munition aus. Ernest drängt seinen Freund, zu fliehen, aber Arian bleibt bei ihm. Um nicht im Liegen zu sterben, bittet Ernest Arian, ihm aufzuhelfen. Indem sie ihre ungeladenen Waffen heben, bringen sie die Taliban dazu, sie zu erschießen. Kurz darauf bombardiert der Kampfflieger den Ort und tötet die Taliban.

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„Von Löwen und Lämmern“ ist ein spröder Antikriegsfilm. Matthew Michael Carnahan (Drehbuch) und Robert Redford (Regie) kritisieren, dass die US-Regierung einen „Krieg gegen den Terror“ ausgerufen habe, nur auf militärische Operationen setze und nicht nach politischen Lösungsmöglichkeiten suche. Der Film zeigt außerdem, wie ein Senator versucht, eine Journalistin zu manipulieren und für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Wer sich von der Politik abgestoßen fühle und abkehre, so die Lehre, spiele korrupten und machtgierigen Politikern in die Hände, die ihre Ziele gerade wegen des Wegschauens vieler Bürger verfolgen können. „Von Löwen und Lämmern“ ist denn auch ein Plädoyer dafür, dass jeder Einzelne sich seiner Verantwortung für die Gemeinschaft bewusst werde und sich engagiere. Nur so funktioniere Demokratie.

Mit dem Titel spielt Robert Redford auf einen legendären Ausspruch an, der dem preußischen General Max von Gallwitz (1852 – 1937) zugeschrieben wird. Während oder nach der Schlacht an der Somme (1. Juli – 18. November 1916) soll er sich anerkennend über die britischen Soldaten und gleichzeitig abfällig über deren militärische Führung geäußert haben. Angeblich verglich er sie mit Löwen und Lämmern.

Matthew Michael Carnahan und Robert Redford entwickeln in „Von Löwen und Lämmern“ drei Handlungsstränge parallel. Dabei läuft das Geschehen in Kalifornien, Washington, D. C., und Afghanistan gleichzeitig und beinahe in Echtzeit ab. Der Professor und die Journalistin repräsentieren eine ältere, durch die Kritik am Vietnam-Krieg geprägte Generation. Diesen beiden Linksliberalen steht der jüngere republikanische Senator gegenüber, der die Demütigung der USA durch die Anschläge vom 11. September 2001 nicht hinnehmen will und den „Krieg gegen den Terror“ propagiert. Für die Zukunft wird es darauf ankommen, welche Haltung Studenten wie Todd Hayes einnehmen.

Die in Kalifornien und Afghanistan spielenden Episoden sind nicht nur inhaltlich, sondern auch durch die beiden Filmfiguren Arian Finch und Ernest Rodriguez verbunden. Sie gehörten zu Professor Malleys Studenten (wir sehen sie in Rückblenden) und kämpfen nun in Afghanistan.

Jeder Handlungsstrang dreht sich um ein Figurenpaar: Professor und Student, Senator und Journalistin, zwei Soldaten.

Den republikanischen Senator haben Matthew Michael Carnahan und Robert Redford nicht als eindimensionale Verkörperung eines skrupellosen Politikers angelegt, sondern als smarten Manipulator, der keine hohlen Phrasen drischt, sondern aus Überzeugung handelt. Tom Cruise gelingt es, diese facettenreiche Rolle überzeugend zu spielen. Es ist die interessanteste des Films.

Aus „Von Löwen und Lämmern“ hätte man ein gutes Theaterstück machen können, denn zwei von drei Handlungssträngen bestehen aus jeweils einem Dialog. Die Möglichkeiten der Filmsprache werden hier verschenkt. Aber gerade die Afghanistan-Episode, bei der nicht nur geredet wird, ist formal und inhaltlich missraten. Da wird mit schwülstiger Musikuntermalung ein sinnloser Heldentod zelebriert – wohlgemerkt ohne satirischen oder zynischen Unterton –, der in keiner Weise zu den kritischen Anschauungen passt, die Matthew Michael Carnahan und Robert Redford in dem Antikriegsfilm vertreten. Und das ist auch noch alles ebenso einfallslos dargestellt wie schlecht gefilmt.

In der deutschen Fassung wird Robert Redford von Kaspar Eichel statt Rolf Schult synchronisiert. Synchronsprecher in der deutschen Version des Films „Von Löwen und Lämmern“: Patrick Winczewski (Jasper Irving), Dagmar Dempe (Janine Roth), Kaspar Eichel (Stephen Malley), Konrad Bösherz (Todd Hayes), Tobias Müller (Ernest Rodriguez), Julien Haggège (Arian Finch), Karlo Hackenberger (Chefredakteur) u. a.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

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