Die Mörder sind unter uns

Die Mörder sind unter uns

Die Mörder sind unter uns

Originaltitel: Die Mörder sind unter uns - Regie: Wolfgang Staudte - Drehbuch: Wolfgang Staudte - Kamera: Friedl Behn-Grund und Eugen Klagemann - Schnitt: Hans Heinrich - Musik: Ernst Roters - Darsteller: Hildegard Knef, Ernst Wilhelm Borchert, Arno Paulsen, Erna Sellmer, Robert Forsch, Elly Burgmer, Michael Günther, Christian Schwarzwald - 1946; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Berlin 1945. Die Stadt liegt in Trümmern. Susanne Wallner, die man 1942 wegen ihres Vaters in ein Konzentrationslager sperrte, kehrt zurück. In ihrer Wohnung hat sich inzwischen der arbeitslose Chirurg Dr. Hans Mertens eingerichtet. Er weigert sich, für die rechtmäßige Mieterin Platz zu machen. ...
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Kritik

Der Plot dieses ersten deutschen Spielfilms der Nachkriegszeit ist zwar unkompliziert und plakativ, aber er veranschaulicht Wolfgang Staudtes ernsthafte Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Vergangenheit: "Die Mörder sind unter uns".
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Berlin 1945. Die Stadt liegt in Trümmern. Susanne Wallner (Hildegard Knef), die man 1942 wegen ihres Vaters in ein Konzentrationslager sperrte, kehrt zurück. In ihrer Wohnung hat sich inzwischen der arbeitslose Chirurg Dr. Hans Mertens (Ernst Wilhelm Borchert) eingerichtet. Er weigert sich, für die rechtmäßige Mieterin Platz zu machen. Als sie ihm für die Zeit, die er benötigt, um anderswo unterzukommen, einen der beiden Räume anbietet, packt er seinen Koffer. Er müsse allein sein, meint er verärgert – aber er bleibt dann doch, als Susanne Wallner ihn nochmals dazu auffordert.

„Nur im Märchen hat man die Wahl zwischen Gut und Böse“, behauptet Hans Mertens niedergeschlagen. Um eine Anstellung bemüht er sich nicht, denn er hält es für sinnlos, sich um einzelne Menschen zu kümmern, solange es Kriege gibt.

Beim Aufräumen findet Susanne Wallner einen verschlossenen, adressierten Brief. Es sei der letzte Gruß eines gefallenen Soldaten an seine Frau, brummt Hans Mertens, als er – wie üblich betrunken und schlecht gelaunt – nach Hause kommt. Susanne überbringt das Schreiben persönlich. „Da ist der Brief ja endlich!“, ruft die Adressatin Elise Brückner (Erna Sellmer). Ihr Mann Ferdinand (Arno Paulsen) erzählt der Besucherin, was geschehen ist. Als er im Krieg verwundet wurde und hilflos auf dem Boden lag, übergab er einem Kameraden den für so einen Fall bereits vorbereiteten Abschiedsbrief. Dann bat er um eine Pistole. Damit wollte er sich erschießen, um nicht in Gefangenschaft zu geraten. Aber gleich darauf rückten die deutschen Einheiten ein Stück vor und retteten ihn.

Susanne bestellt ihrem Mitbewohner schöne Grüße von Ferdinand Brückner und erzählt ihm, der Totgeglaubte lebe in Berlin und beschäftige 120 Arbeiter in seinem neuen Unternehmen.

Mertens besucht Brückner. Der joviale Kriegsgewinnler meint, es sei doch gleichgültig, ob man aus unnützen Kochtöpfen Stahlhelme mache oder umgekehrt, Hauptsache man komme zurecht. Er nimmt an, Dr. Mertens habe es inzwischen zum Chefarzt oder zu einer eigenen Arztpraxis gebracht und kann es kaum fassen, als dieser zugibt, arbeitslos zu sein. Brückner öffnet ein Schubfach und gibt dem Besucher die Pistole von damals zurück.

Als Brückners Frau für ein paar Tage mit den Kindern bei ihrer Mutter ist, will er mit Mertens etwas unternehmen. Der tut so, als führe er Brückner zu einem Bordell, aber mitten in den Ruinen nimmt er die Pistole aus der Manteltasche. In diesem Augenblick schreit eine verzweifelte Frau (Elly Burgmer) nach einem Arzt. Sein Begleiter sei Arzt, ruft Brückner. Dr. Mertens kann ihn nicht daran hindern, die Frau darauf aufmerksam zu machen. Während der Fabrikant allein weitergeht, folgt Mertens widerwillig der Frau, deren kleine Tochter Edith in der Wohnung liegt und zu ersticken droht. Mit einem Küchenmesser und einem Stück Schlauch vom Gasherd legt Hans Mertens einen Luftröhrenschnitt und rettet das Kind.

Danach fühlt er sich besser und ist endlich in der Lage, Susanne eine Liebeserklärung zu machen. Er repariert die Fenster, indem er die zerbrochenen Scheiben durch alte Röntgenaufnahmen ersetzt.

Susannes väterlicher Freund Mondschein (Robert Forsch), der im selben Haus einen Optikerladen betrieb und bis zuletzt hoffte, etwas von seinem verschollenen Sohn zu hören, stirbt. Einige Tage später trifft ein Brief seines Sohnes ein.

Beim Anblick des Christbaums, den Susanne herrichtet, denkt Mertens an den Heiligen Abend 1942 hinter der Ostfront. Damals schmückte Hauptmann Brückner den Baum, und zwischendurch befahl er eine Geiselerschießung. Vergeblich protestierte Unterarzt Dr. Mertens gegen diesen barbarischen Akt. 36 Männer, 54 Frauen, 31 Kinder wurden erschossen und „347 Schuss Munitionsverbrauch“ fein säuberlich protokolliert.

Ein Alarm störte das Weihnachtsfest der deutschen Kompanie. Im Dunkeln stolperte Hans Mertens über den verletzten Hauptmann, versprach den Abschiedsbrief zu überbringen und überließ ihm seine Pistole.

Nach dem Krieg hielt er seinen damaligen Kompaniechef für tot. Hätte er mehr tun können, um das Kriegsverbrechen zu verhindern? Sein Gewissen lässt ihn nicht zur Ruhe kommen – und macht ihn zum Außenseiter.

Mertens steckt die Pistole ein. „Ich habe noch etwas zu erledigen“, sagt er und verlässt die Wohnung. Er ist schon einige Zeit fort, als Susanne eine Notiz von ihm entdeckt: „Brückner lebt! Die Mörder sind unter uns!“ Sie erschrickt und stürzt davon.

Brückner veranstaltet in seiner Fabrik eine Weihnachtsfeier für die Belegschaft. Mertens wartet auf ihn. Mit der Pistole in der Hand verlangt er Rechenschaft. Im letzten Augenblick kommt Susanne dazu und verhindert, dass er Brückner erschießt. „Wir haben nicht das Recht zu richten“, sagt sie, und Hans Mertens erwidert: „Aber die Pflicht, Anklage zu erheben!“

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Weil die Kulturoffiziere der Westmächte das Konzept ablehnten, drehte Wolfgang Staudte den Film „Die Mörder sind unter uns“ von März bis August 1946 auf dem Gelände der DEFA in der sowjetischen Besatzungszone. Die Uraufführung dieses ersten deutschen Spielfilms der Nachkriegszeit fand am 15. Oktober 1946 in der Deutschen Staatsoper im Admiralspalast in Berlin (Ost) statt. (Es folgte der mit britischer Lizenz von Helmut Weiss gedrehte und am 20. Dezember 1946 in Westberlin uraufgeführte Streifen „Sag die Wahrheit“.)

In der ursprünglichen Version war vorgesehen, dass Hans Mertens den Kriegsverbrecher erschießt (und der Titel sollte lauten: „Der Mann, den ich erschießen werde“), weil aber die sowjetischen Besatzungsherren keine Selbstjustiz-Szene zuließen, musste Wolfgang Staudte den Schluss des Films entsprechend ändern.

Der Film wurde zwar 1947 in Baden-Baden und 1948 in Bochum gezeigt, wurde jedoch erst im Januar 1959 für die Bundesrepublik freigegeben. Die Erstausstrahlung im DDR-Fernsehen erfolgte am 1. November 1955; im bundesdeutschen Fernsehen lief „Die Mörder sind unter uns“ erst am 18. Dezember 1971.

Die Schwarzweiß-Aufnahmen mit harten Schlagschatten, betonten Diagonalen und mitunter schiefem Horizont erinnern an das expressionistische Kino, etwa an „Das Cabinet des Dr. Caligari“ von Robert Wiene aus dem Jahr 1919. Allerdings sehen wir statt der Hochhausfassaden von „Metropolis“ (Fritz Lang, 1927) Trümmer und Kriegsruinen.

Der Plot des Films ist zwar unkompliziert und plakativ, aber er veranschaulicht Wolfgang Staudtes ernsthafte Auseinandersetzung mit der jüngsten deutschen Vergangenheit. Es geht nicht nur um die Schuld, die Täter, Mitläufer und innere Emigranten in der Zeit des NS-Regimes auf sich luden, sondern auch um die Frage des Neuanfangs. „Die Mörder sind unter uns“ ist eine scharfe Kritik an einer Nachkriegsgesellschaft, die es zuließ, dass sogar Kriegsverbrecher erneut Kasse und Karriere machten.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002 / 2012

Hildegard Knef (Kurzbiografie)

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Die zumeist schleichenden, das Ehepaar Harry und Evelyn im Verlauf von sieben Jahrzehnten immer stärker trennenden Entwicklungen veranschaulicht Kathy Page in "All unsere Jahre" mit großem Einfühlungsvermögen. Sie erzählt chronologisch, aber mit unterschiedlich langen, wie elliptische Auslassungen wirkenden Zeitsprüngen zwischen den Kapiteln.
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.