Luther
Luther
Inhaltsangabe
Kritik
Auf einem 1529 gemalten Porträt von Lucas Cranach d. Ä., der 1505 als Hofmaler Friedrichs des Weisen, des sächsischen Kurfürsten, nach Wittenberg gekommen war, ist Martin Luther ein wenig korpulent und mit eher schwammigen Gesichtszügen dargestellt. Darauf geht die Vorstellung zurück, die wir uns von dessen Aussehen machen. Der kanadische Regisseur Eric Till stellt uns dagegen einen von Joseph Fiennes gespielten hageren Luther vor und betont auf diese Weise die ungeheure Dynamik und Tatkraft des Reformators.
Eric Till zeigt die wichtigsten Ereignisse im Leben von Martin Luther vom 22. bis zum 47. Lebensjahr; der Film beginnt 1505 mit der panischen Angst Luthers, der in ein Gewitter geraten ist und endet mit dem Augsburger Reichstag im Jahr 1530. Luther wird von Glaubenszweifeln gepeinigt und will anfangs nichts anderes, als den Papst auf Missstände in der Kirche hinweisen, weil er zu diesem Zeitpunkt noch überzeugt ist, dass sie dann abgestellt werden. Als er von der Kurie und vom Kaiser unter Druck gesetzt wird, verleugnet er seine Überzeugungen nicht, sondern verschärft seine Kritik und weitet sie auf das Papsttum aus. Durch seine Standhaftigkeit (und die Unterstützung Friedrichs des Weisen) behauptet er sich in dem bald zum politischen Machtkampf zwischen der Kurie und den Territorialherren eskalierten Glaubensstreit, der zur Spaltung der abendländischen Glaubenseinheit führt.
Die Komplexität der Reformation kondensiert Eric Till in dramatisch pointierten Szenen. Die Verkommenheit des römischen Klerus, die Ausbeutung der Gläubigen durch Ablassprediger wie Johannes Tetzel, Luthers Ringen – all das wird in einem packenden, grandiosen Bilderbogen inszeniert.
Für allmähliche Entwicklungen und gelehrte Disputationen ist da natürlich keine Zeit. So ist man beispielsweise etwas überrascht, wenn nach ein paar Bildern zunächst von aufständischen und dann von totgeschlagenen Bauern ein Berater Friedrichs des Weisen Martin Luther mitteilt, dass im deutschen Bauernkrieg von 1524/25 fünfzig- bis hunderttausend Menschen ums Leben gekommen sind. Der Dramaturgie dienen auch Metaphern wie eine Sauhatz, bei der Papst Leo X. (Uwe Ochsenknecht) persönlich einen Keiler erlegt.
Die von Rigas Kammermuziki und dem Latvian Radio Chorus interpretierte Musikuntermalung stammt von dem britischen Komponisten Richard Harvey (*1953), der sich mit der Rekonstruktion historischer Musikstile und ihrer Fusion mit Rock-Elementen befasst. (In „König der Löwen“ spielte er die Soli der Holzbläser.)
Finanziert wurde „Luther“ u. a. von der amerikanischen Versicherungsgesellschaft „Thrivent Financial for Lutherans“. Aber Susan Vahabzadeh weist in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 29. Oktober 2003 darauf hin, dass der Verkauf von Kinokarten einstweilen nicht als Ablasshandel gilt.
Darsteller und ihre Rollen in „Luther“:
- Martin Luther (Joseph Fiennes)
- Johann Tetzel (Alfred Molina)
- Bruder Johann von Staupitz (Bruno Ganz)
- Kurfürst Friedrich der Weise (Sir Peter Ustinov)
- Georg Spalatin (Benjamin Sadler)
- Kaiser Karl V. (Torben Liebrecht)
- Papst Leo X. (Uwe Ochsenknecht)
- Kardinal Thomas Cajetan de Vio (Mathieu Carrière)
- Girolamo Aleandro (Jonathan Firth)
- Prof. Andreas Karlstadt (Jochen Horst)
- Philip Melanchthon (Lars Rudolph)
- Katherina von Bora (Claire Cox)
- Ulrich (Marco Hofschneider)
- Hanna (Maria Simon)
- u.a.
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2003