Enigma


Zur Verschlüsselung des Funkverkehrs verwendeten die deutschen Militärs im Zweiten Weltkrieg eine 1918 von dem deutschen Erfinder Arthur Scherbius zum Patent angemeldete, 1923 von ihm konstruierte und von seiner Chiffriermaschinen AG in Berlin vertriebene elektromechanische Maschine mit der Bezeichnung „Enigma“ (griechisch: Rätsel). Sie bestand aus einer Schreibmaschinentastatur, drei Walzen sowie einer Platte mit Buchstaben und Lämpchen darunter. Durch das Drücken einer Taste wurde ein Stromkreis geschlossen und eines der mit Buchstaben gekennzeichneten Lämpchen leuchtete auf, welches, das hing von der Stellung der Walzen ab. Der Operator brauchte nur noch den leuchtenden Buchstaben zu notieren. Weil sich die Walzen der Enigma nach jedem Tippen drehten, ergaben sich auf diese Weise aus einem bestimmten Buchstaben immer wieder andere.

Dem polnische Mathematiker Marian Rejewski gelangen 1932 in der Deutschland-Abteilung (BS-4) des Geheimdienstes in Posen erste Erfolge bei der Entschlüsselung von Meldungen, die man mit der Enigma chiffriert hatte. Weil die Maschinen, die für diesen Zweck benutzt wurden, im Lauf ein tickendes Geräusch erzeugten, wurden sie „Bomben“ genannt.

Mit diesen Dechiffriergeräten waren die Polen schließlich in der Lage, die jeweils gültigen Enigma-Grundeinstellungen innerhalb von Stunden herauszufinden und Kryptogramme zu entschlüsseln, aber als die Deutschen von Dezember 1938 an eine neue Generation von Enigma-Maschinen einsetzten, wurde es weitaus schwieriger, ihre Nachrichten zu decodieren, denn die verbesserte Enigma arbeitete zwar weiterhin mit drei Walzen, aber es standen fünf verschiedene Walzen zur Auswahl. Außerdem wurden über ein Steckbrett einige der elektrischen Kontakte vertauscht.

Der französischen Geheimdienst, der mit den polnischen Experten in enger Verbindung stand und seit 1932 über eine Bedienungsanleitung der Enigma verfügte, erhielt zwei Wochen vor dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 von einem deutschen Funker Baupläne und Funktionsbeschreibungen der Enigma zugespielt. (Der Mann wurde 1943 enttarnt und hingerichtet.)

Der britische Geheimdienst setzte ab Sommer 1939 in Bletchley Park, 60 Kilometer nördlich von London, unter dem Projektnamen „Ultra“ Spezialisten auf die Enigma an, die auf Rejewskis Erkenntnissen aufbauten und die polnischen Dechiffriergeräte weiterentwickelten. Weil es sich bei den Dechiffriermaschinen in Bletchley Park gewissermaßen um elektromechanische Vorläufer von Computern handelte, können die Dechiffrier-Spezialisten mit modernen Hacker-Experten verglichen werden. Insgesamt – also mit Hilfskräften – sollen zeitweise mehr als 10 000 Personen in Bletchley Park beschäftigt gewesen sein. Zu den Experten in Bletchley Park gehörte ab 1940 der Informatiker Alan Turing, dessen Arbeiten nach wie vor als bahnbrechend gelten.

Meldungen standardisierter Daten wie Position, Kurs und Geschwindigkeit ließen sich verhältnismäßig einfach entschlüsseln und wurden von den Briten deshalb benutzt, um die jeweils aktuellen Grundeinstellungen der Enigma herauszufinden. Bei ihren Bemühungen kamen ihnen auch Nachlässigkeiten der deutschen Militärs zugute, die beispielsweise einen Wetterbericht sowohl codiert als auch im Klartext funkten.

Einen schweren Rückschlag erlitten die Dechiffrierer in Bletchley Park, als die Deutschen ab 1. Februar 1942 auf Enigma-Maschinen mit vier statt drei aktiven Walzen umstellten. Erst als die USA sich finanziell beteiligten, konnten die Dechiffriermaschinen in Bletchley Park weiterentwickelt werden, bis die Briten ab 1943 wieder in der Lage waren, auch die mit Vier-Walzen-Enigmas verschlüsselten Funksprüche der Deutschen souverän zu entschlüsseln.

Die Deutschen hielten die Enigma für hundertprozentig sicher und wenn sie merkten, dass die Alliierten vorab von ihren Plänen erfahren hatten, nahmen sie an, dass es sich um einen Geheimnisverrat durch Agenten handelte.

Bis in die Siebzigerjahre leugneten die Briten die Existenz ihres Dechiffrierzentrum in Bletchley Park. Anfang der Neunzigerjahre sollte die gesamte Anlage abgerissen werden, doch am Ende wurde sie unter Denkmalschutz gestellt und der Öffentlichkeit als Museum zugänglich gemacht.

© Dieter Wunderlich 2004

Michael Apted: Enigma. Das Geheimnis

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.