Die zweite Frau

Die zweite Frau

Die zweite Frau

Originaltitel: Die zweite Frau – Regie: Hans Steinbichler – Drehbuch: Robert Seethaler – Kamera: Christian Rein – Schnitt: Christian Lonk – Musik: Antoni Lazarkiewicz – Darsteller: Monica Bleibtreu, Matthias Brandt, Maria Popistasu, Sven Pippig u.a. – 2008; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Der 41-jährige Erwin Kobarek, der mit seiner dominanten Mutter in einem abgelegenen Haus wohnt, hat statt Freunden oder Freundinnen ein Aquarium. Weil es selbst für Erwin einmal Zeit ist, eine Frau kennen zu lernen, darf er sich bei einer Heiratsvermittlung in Bukarest eine Rumänin aussuchen. Obwohl Erwin nur Augen für seine Fische hat, merkt Frau Kobarek schnell, dass sie mit Irina eine Rivalin bekommen hat ...
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Kritik

Die in "Die zweite Frau" erzählte Geschichte ist nicht glaubhaft. In diesen Rollen können nicht einmal Monica Bleibtreu und Matthias Brandt überzeugen. Das gelingt nur Maria Popistasu mit einer facettenreichen Darstellung.
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Frau Kobarek (Monica Bleibtreu) und ihr einundvierzigjähriger Sohn Erwin (Matthias Brandt) wohnen in einem abgelegenen Haus neben ihrer Tankstelle. Die nächste Stadt ist weit weg. Erwin hat aber auch kein Bedürfnis, öfter als notwendig hinzufahren, denn die vielen Leute beunruhigen ihn. Statt Freunde oder Freundinnen hat er ein Aquarium. Seine Mutter trifft die Entscheidungen, kocht, wäscht und putzt, und wenn Erwin in der Badewanne sitzt, schrubbt sie ihm den Rücken.

Weil es selbst für Erwin irgendwann einmal Zeit ist, eine Frau kennen zu lernen, nehmen die Kobareks Kontakt mit einer rumänischen Heiratsvermittlung auf. Eines Morgens geht Erwin auf die Reise. In Bukarest holt ihn die Agentin vom Flughafen ab und stellt ihm im Lauf des Tages eine Reihe von Damen vor. Erwin wählt die letzte, die erst gekommen ist, als er schon gehen wollte: die Krankenschwester Irina Bobescu (Maria Popistasu). Mit der jungen, passabel deutsch sprechenden Frau kehrt er zu seiner Mutter zurück.

Nach drei Wochen soll entschieden werden, ob Irina seine Frau wird oder nicht. Die Probezeit sollte eigentlich dazu dienen, dass Erwin und Irina sich besser kennen gelernen. Erwin hat jedoch nur Augen für seine Fische und ist es nicht gewöhnt, selbst Entscheidungen zu treffen. Frau Kobarek gibt den Ton an. Schneller als ihr Sohn hat sie begriffen, dass sie eine Rivalin bekommen hat. Sie beklagt sich über hohe Telefonrechnungen und einen Dauerauftrag für eine monatliche Überweisung von 200 Euro nach Rumänien, den Erwin für Irina eingerichtet hat. Weil es ihr missfällt, dass die attraktive junge Frau ein Top trägt, das so tief ausgeschnitten ist, dass der BH zu sehen ist, besorgt sie ihr einen braunen Kittel, aber Irina zieht ihn gleich wieder aus.

Mit Hilfe von Karl (Sven Pippig), der sonst nachts an der Tankstelle arbeitet, räumt Irina das Gerümpel aus einem Lager und richtet dort eine Gaststätte ein. Dadurch kommt Leben in die Einöde.

Während Irina bisher nur Männer getroffene hat, die mit ihr ins Bett wollten, muss sie Erwin regelrecht verführen. Doch als sie sich im Nachthemd neben ihn setzt, weiß er nicht, was er tun soll und ejakuliert in die Hose.

Nach drei Wochen möchte Irina wissen, wie er sich entschieden hat. Erwin meint, er müsse erst noch seine Mutter fragen. Da giftet Irina ihn an: „Bist du Mann, oder was? Scheiß auf Mama!“

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Einmal nimmt Erwin seine Braut mit zum nahen See und schwärmt von der Unterwasserwelt. Daraufhin springt Irina kurzerhand samt der Kleidung ins Wasser. Endlich lässt Erwin sich einmal von ihrer Lebensfreude anstecken: Er folgt ihr und tollt mit ihr herum. Vor der Rückfahrt zieht Irina ihr nasses Oberteil aus und setzt sich im BH auf die Ladefläche des VW-Transporters. Nach der Ankunft an der Tankstelle spielen sie und Erwin zwischen der aufgehängten Wäsche Fangen – und finden Frau Kobarek leblos auf dem Boden liegend vor.

Im Krankenhaus eröffnet ihnen ein Arzt, er habe der Patientin einen faustgroßen Tumor aus der Niere geschnitten. Metastasen seien in mehreren Organen und in den Knochen. Frau Kobarek kann das Krankenhaus nicht mehr verlassen. Sie stirbt nach ein paar Tagen.

Der Tod seiner Mutter befreit Erwin nicht von den anerzogenen Verhaltensmustern. Als Irina das merkt, zertrümmert sie frustriert sein Aquarium, rennt davon und fährt mit dem Wagen los. Erwin sieht, wie sie an der nächsten Kurve in den Graben fährt und läuft ihr nach. Während ein Gewittersturm tobt, lieben sich die beiden im Gras.

Kurz darauf verschwindet Irina. Erwin lässt die Tankstelle im Stich, setzt sich ins Auto, fährt nach Bukarest zu der Heiratsvermittlerin und erfragt Irinas Adresse.

Er findet sie auf einer Geflügelfarm. Bevor sie mit ihm nach Deutschland zurückfährt, holt sie noch ihre kleine Tochter, für die sie den Dauerauftrag eingerichtet hatte.

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In „Die zweite Frau“ geht es um eine junge Frau, die einen Einundvierzigjährigen von seiner ödipalen Mutterbeziehung befreit und zum Mann macht. Die im Grunde sehr einfache Geschichte, die der Österreicher Robert Seethaler (Drehbuch) und der Schweizer Hans Steinbichler (Regie) in „Die zweite Frau“ erzählen, ist an keiner Stelle glaubhaft, obwohl der Film wohl keine Groteske, sondern ein tragikomisches Drama sein soll. Nicht einmal die sonst so guten Schauspieler Monica Bleibtreu und Matthias Brandt können in ihren Rollen überzeugen. Das gelingt nur Maria Popistasu, die mit einer facettenreichen Darstellung glänzt: Wenn die „gekaufte Braut“ scheu den Kopf gesenkt hält und besorgt schaut, wirkt sie ebenso echt wie beim ausgelassenen Lachen und Tanzen.

In meine Buch- und Filmtipps habe ich den Film „Die zweite Frau“ nur aufgenommen, weil ich die schauspielerische Leistung von Maria Popistasu für sehenswert halte und weil der Tenor der Kritiken sehr positiv ist. Hier sind zwei Beispiele:

Das hätte leicht zur Farce verkommen können – und gerät bei „Hierankl“-Regisseur Hans Sebastian Steinbichler doch zur feinnervigen Emanzipationsgeschichte […] Ein schmerzhaft genaues Dreiecksdrama hat Hans Sebastian Steinbichler mit „Die zweite Frau“ in Szene gesetzt. Seine große Leistung: So brutal hier der ödipale Klammergriff gelöst wird, so nuanciert und bildgenau zeichnet der Regisseur die psychosozialen Verschiebungen nach […] Die Sensation ist aber mal wieder Matthias Brandt. (Christian Buß, Spiegel online, 21. November 2008)

Der Tor und Tölpel ist eine Paraderolle für Matthias Brandt, der seine sensiblen schauspielerischen Mittel so gekonnt einsetzt, dass einen die Mannwerdung des Muttersohnes rührt und überzeugt. (Tagesspiegel, 21. November 2008)

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008

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