Raum
Raum
Inhaltsangabe
Kritik
Joy Newsome (Brie Larson) feiert mit ihrem Sohn Jack (Jacob Tremblay) dessen fünften Geburtstag in einem kleinen Raum, in den nur durch eine Fensteröffnung in der unerreichbar hohen Decke Tageslicht fällt. Sie backt eigens einen kleinen Kuchen, aber Jack weist ihn zornig zurück, weil keine Kerzen verfügbar sind und er aus dem Fernsehen weiß, dass sie zu einem Geburtstagskuchen gehören. Aber Joy kann nicht zum Einkaufen gehen; sie ist auf das angewiesen, was Nick (Sean Bridgers) mitbringt, wenn er durch die mit einem Zahlenschloss gesicherte Stahltüre in den Raum kommt, um mit ihr zu kopulieren. Vor sieben Jahren entführte er die damals 17-Jährige, und seither hält er sie in einem dafür umgebauten Schuppen gefangen. Joy will nicht, dass er das von ihm gezeugte Kind sieht: Solange er im Raum ist, bleibt Jack deshalb im Wandschrank. Erst danach darf er wieder ins gemeinsame Bett.
Was sich außerhalb des Raums befindet, kennt Jack nur aus dem Fernsehen. Das sei alles nicht real, denkt er. Andererseits hält er die Gegenstände im Raum für animiert, und jeden Morgen begrüßt er Stühle, Tisch, Schrank, Waschbecken und so weiter.
Als Joy sich über die billigen Lebensmittel beschwert, klagt Nick, er sei seit sechs Monaten arbeitslos und ob sie überhaupt eine Ahnung davon habe, wie teuer es sei, für sie und den Sohn zu sorgen. Trotz der Kälte stellt er vorübergehend den Strom ab, sodass der Raum auch nicht mehr beheizt werden kann.
In der ersten Zeit der Gefangenschaft versuchte Joy, zu entkommen. Einmal schlug sie Nick beim Betreten des Raums den abmontierten Toilettendeckel auf den Kopf, aber bevor sie die offene Tür erreichte, riss er sie zu. Um mit Jack fliehen zu können, muss Joy erst einmal das von ihr selbst vermittelte Weltbild des Fünfjährigen zurechtrücken und ihn davon überzeugen, dass es auch außerhalb des Raums eine reale Welt gibt und sie im Gegensatz zu ihm nicht immer in diesem Raum gelebt hat. Gegen dieses Umdenken sträubt Jack sich zunächst, aber schließlich spielt er ebenso ängstlich wie widerwillig mit, als Joy ihm heiße Kompressen auflegt, bis er wie im Fieber glüht. Nick lässt sich tatsächlich täuschen und glaubt, das Kind habe sich aufgrund der Kälte während der Stromabschaltung schwer erkältet. Joy fordert ihn auf, den Jungen ins Krankenhaus zu bringen. Aber er verspricht lediglich, am nächsten Abend Medikamente zu bringen.
Nach dem Scheitern des Fluchtplans entwickelt Joy einen neuen: Sie wird Nick am nächsten Abend glauben machen, das Kind sei inzwischen gestorben. Dann kann er Jack nicht im Raum lassen. Joy erklärt Jack, was sie vorhat und was er tun soll.
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Sobald Joy Geräusche an der Tür hört, rollt sie Jack in den Teppich ein. Schluchzend erklärt sie Nick, der Junge sei tot. Verärgert bringt Nick die Teppichrolle mit der vermeintlichen Kinderleiche ins Freie und lädt sie auf seinen Pick-up. Während der Fahrt rollt Jack sich aus, wie er es zuvor mit Joy geübt hat. Nick sieht ihn im Rückspiegel und hält an. Jack springt von der Ladefläche und rennt los. Dabei stößt er mit einem Mann zusammen, der seinen Hund ausführt. Nick holt den Jungen ein, packt ihn und will ihn zum Wagen zurückbringen, aber Jack schreit um Hilfe, und der Fremde alarmiert mit seinem Handy die Polizei. Daraufhin fährt Nick allein los.
Die Polizistin Parker (Amanda Brugel) und ihr Kollege Grabowski (Joe Pingue) treffen ein. Durch geduldiges Befragen des verstörten Kindes findet Officer Parker heraus, dass der Fünfjährige mit seiner Mutter in einem fensterlosen Schuppen gefangen gehalten wurde. Mit einem Großaufgebot sucht die Polizei danach und befreit Joy. Man bringt die beiden Geretteten in ein Krankenhaus, wo sie von Dr. Mittal (Cas Anvar) untersucht werden.
Aus den Fernsehnachrichten erfahren sie, dass die Polizei Nick inzwischen verhaftet hat.
Nach ein paar Tagen werden Joy und ihr Sohn von ihren Eltern abgeholt. Nancy und Robert („Bob“) Newsome (Joan Allen, William H. Macy) haben sich inzwischen getrennt; Jacks Großmutter lebt nun mit Leo (Tom McCamus) in dem Haus, in dem Joy aufwuchs, und der Fünfjährige erhält das frühere Kinderzimmer seiner Mutter. Aber er würde lieber im gewohnten Bett schlafen und sagt das auch. Am ersten Abend bleibt Bob zum Essen, bringt es jedoch nicht fertig, das durch die Vergewaltigung seiner Tochter gezeugte Kind auch nur anzuschauen.
Eine Fernsehreporterin fragt Joy, ob sie mit ihrem Peiniger darüber geredet habe, wenigstens Jack noch als Baby freizugeben. Joy braucht Zeit, bis sie die Frage versteht, denn eine Trennung von ihrem Sohn wäre ihr gar nicht in den Sinn gekommen.
Anfangs spricht Jack nur mit seiner Mutter. Die vielen für ihn besorgten Spielsachen rührt er nicht an. Joy fühlt sich überreizt und überfordert. Als sie Fotos früherer Freundinnen sieht, beneidet sie diese um die sieben Jahre normalen Lebens, die ihr versagt waren.
Eines Nachts findet Jack seine Mutter im Bad. Sie liegt nach einem Suizidversuch bewusstlos auf dem Boden. Jack schreit. Gerade noch rechtzeitig wird Joy ins Krankenhaus gebracht.
Jack, der bei seiner Großmutter und Leo bleibt, vertraut den beiden allmählich.
Nach Joys Entlassung aus dem Krankenhaus schaut Jack sich ein letztes Mal mit ihr den Schuppen an, in dem sie gefangen waren. Ob der Raum geschrumpft sei, fragt er, denn er hat ihn viel größer in Erinnerung. Während Jack sich von den Gegenständen verabschiedet, steht draußen schon ein Bagger für den Abriss bereit.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Natascha Kampusch wurde 1998 als Zehnjährige in Wien entführt und achteinhalb Jahre lang gefangen gehalten. In Amstetten wurde die 18 Jahre alte Elisabeth Fritzl 1984 von ihrem eigenen Vater eingesperrt. Bis 2008 blieb sie seine Gefangene, zusammen mit drei ihrer sieben von ihm gezeugten Kinder. Fälle wie diese brachten die 1969 in Dublin geborene kanadische Schriftstellerin Emma Donoghue dazu, den Roman „Room“ zu schreiben: „Room. A Novel“ (Little, Brown and Company, Boston 2010, 978-0-316-09833-5) / „Raum“ (Übersetzung: Armin Gontermann, Piper, München 2011, ISBN 978-3-492-05466-9). Sie verfasste auch das Drehbuch für die Verfilmung ihres Romans. (Es heißt, Emma Donoghue bereite inzwischen auch eine Bühnenfassung vor.)
In dem Psychodrama „Raum“ geht es zunächst um die Frage, wie sich Menschen an extreme Lebensumstände anpassen. Der erste Teil spielt nur in einem engen Raum und besteht vor allem aus Dialogen von Mutter und Kind. Beinahe noch interessanter ist die andere Hälfte, denn da zeigen Emma Donoghue und Lenny Abrahamson, wie die beiden Befreiten auf die radikale Veränderung reagieren.
Ebenso wie im Buch wird die Geschichte im Film aus der Perspektive des fünfjährigen Kindes Jack erzählt. Bei der Inszenierung vermeidet Lenny Abrahamson jede Effekthascherei und folgt damit der Zurückhaltung der Roman- und Drehbuchautorin. Alles dreht sich um die psychischen Vorgänge – die allerdings noch etwas intensiver hätten ausgeleuchtet werden können.
Jack nennt den Mann, der ihn und seine Mutter gefangen hält, „Old Nick“. So nennt man im Englischen auch Satan bzw. die Personifizierung allen Übels.
Die Dreharbeiten für „Raum“ fanden vom 10. November bis 15. Dezember 2014 in Toronto statt. Jacob Tremblay war kurz zuvor, am 5. Oktober, acht Jahre alt geworden.
Brie Larson erhielt für die Hauptrolle in „Raum“ sowohl einen „Oscar“ als auch einen „Golden Globe“. Für einen „Oscar“ nominiert hatte man „Raum“ außerdem in den Kategorien „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Bestes adaptiertes Drehbuch“.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016