Dame, König, As, Spion
Dame, König, As, Spion
Inhaltsangabe
Kritik
Der Chef des britischen Auslandsgeheimdienstes MI6, den auch enge Mitarbeiter nur mit seinem Tarnnamen Control ansprechen (John Hurt), bestellt den Agenten Jim Prideaux (Mark Strong) 1973 in seine Privatwohnung in London und beauftragt ihn inoffiziell, nach Budapest zu fliegen. Dort soll er sich mit einem ungarischen General treffen, der vorhat, die Seiten zu wechseln und gewissermaßen als Einstand den Namen eines Maulwurfs in den höchsten Kreisen des MI6 nennen will.
Mit einem ungarischen Kontaktmann (Zoltán Mucsi) wartet Jim Prideaux in einem Straßencafé auf den Überläufer. Als er ahnt, dass er in eine Falle getappt ist, steht er auf und geht, aber der Kellner (Péter Kálloy Molnár) schießt ihn nieder. Unter der Folter in einem russischen Militärkrankenhaus verrät Jim schließlich die Namen britischer Agenten im Ostblock. Im MI6 wird angenommen, dass die Russen Jim am Ende liquidiert haben.
Wegen dieses Desasters wird Control vorzeitig in den Ruhestand geschickt. Er stirbt bald darauf.
Der für den MI6 zuständige Staatssekretär Oliver Lacon (Simon McBurney) reaktiviert Controls ebenfalls entlassenen Mitarbeiter George Smiley (Gary Oldman). Der erfahrene Geheimagent soll herausfinden, ob in der Geheimdienstzentrale am Cambridge Circus in London tatsächlich ein für den KGB arbeitender Maulwurf tätig ist. Als Control diesen Verdacht äußerte, hielt Lacon ihn für paranoid, aber inzwischen wurde er auch von dem jungen Agenten Ricki Tarr (Tom Hardy) darauf hingewiesen. George Smiley lässt sich auf den delikaten Auftrag ein. Weil er selbst keinen Zugang mehr zum Circus hat, verlangt er von Lacon, dafür zu sorgen, dass ihm Rickis junger Führungsoffizier Peter Guillam (Benedict Cumberbatch) zuarbeitet.
In der Wohnung des verstorbenen Geheimdienstchefs stoßen George und Peter auf Schachfiguren, an die Control Fotos von Männern geklebt hat. Es sind sein Nachfolger Percy Alleline (Toby Jones), dessen Vertraute Toby Esterhase (David Dencik), Roy Bland (Ciarán Hinds) und Bill Haydon (Colin Firth) sowie George Smiley. Offenbar glaubte Control, dass einer von ihnen der Maulwurf sein könnte.
Control war noch im Amt, als Percy an ihm vorbei Kontakt mit Oliver Lacon aufnahm und die Anmietung einer konspirativen Wohnung in London für Treffen mit einem Doppelagenten des KGB erreichte, dessen Identität er nicht preisgab. Erst danach händigte Percy während einer Besprechung im obersten Führungszirkel des MI6 auch Control und George Smiley Unterlagen über Pläne der sowjetischen Marine im Schwarzen Meer aus, die er von dem Informanten bekommen hatte. Control hielt das Material für suspekt, aber im Lauf der Zeit erwiesen sich die Erkenntnisse, die Percy, Toby, Roy und Bill durch die Operation „Witchcraft“ sammelten, als so bedeutend, dass der zuständige Minister (Stuart Graham) zustimmte, sie auch der CIA zur Verfügung zu stellen.
George trifft sich mit Connie Sachs (Kathy Burke), die von Percy entlassen wurde, nachdem ihr auf Filmaufnahmen einer Truppenparade in Ostberlin aufgefallen war, dass ein russischer Offizier den sowjetischen Kulturattaché in London, Alexei Poljakow (Konstantin Khabenskiy), militärisch gegrüßt hatte. Daraus hatte Connie geschlossen, dass es sich bei Poljakow um einen Offizier in Zivil handeln müsse, also wohl um einen Agentenführer.
Seit ihn seine Ehefrau Ann (Katrina Vasilieva) verlassen hat, lebt George allein in seinem Haus. Dort taucht überraschend Ricki Tarr auf, nach dem sowohl der MI6 als auch der KGB suchen. Ricki berichtet George, dass er im November 1973 in Istanbul war, um den sowjetischen Handelsdelegierten Boris (Tomasz Kowalski) anzuwerben. Als er jedoch während des Gesprächs merkte, dass Boris für den KGB arbeitete, unterließ er den Anwerbeversuch. Durchs Fenster seines Hotelzimmers beobachtete er zufällig, wie Boris seine Ehefrau Irina (Svetlana Khodchenkova) schlug. Daraufhin nahm er Kontakt mit ihr auf. Statt nach London zurückzukehren, verlängerte er seinen Aufenthalt in Istanbul und fing eine Liebesaffäre mit der Russin an, die ebenfalls für den KGB arbeitete. Irina wollte sich von ihrem Mann trennen und bat Ricki schließlich, sie mit nach London zu nehmen. Als Gegenleistung für eine neue Identität versprach sie, den Namen eines Doppelagenten in den höchsten Kreisen des MI6 zu nennen. Außerdem verriet sie Ricki, dass sich der Leiter des MI6 und dessen Vertraute in einer konspirativen Wohnung in London regelmäßig mit dem KGB-Agenten Alexei Poljakow treffen und Informationen austauschen.
Ricki schickte am 20. November eine verschlüsselte Meldung an den Circus. Erst nach Stunden traf eine Antwort ein, und darin hieß es lediglich: „Wir haben verstanden.“ Inzwischen weiß er, dass man ihn hinhielt. KGB-Agenten ermordeten Boris. Irina wurde zusammengeschlagen und auf ein Schiff nach Odessa verschleppt. Ricki entkam den Häschern. Einige Zeit später ließ eine Gutschrift auf Rickis Konto in Höhe von 30 000 Pfund den Verdacht aufkommen, dass er in Istanbul zum KGB übergelaufen sei. Deshalb wird er nun auch vom MI6 gesucht.
George bittet Peter, aus dem Archiv im Circus das Logbuch des Diensthabenden mit den Eintragungen vom November zu stehlen. Mit einem gewagten Täuschungsmanöver gelingt es Peter, das Buch herauszuschmuggeln. Allerdings trifft er dabei auf Percy, Toby, Roy und Bill, die ihn verdächtigen, mit dem Untergetauchten zu konspirieren. Peter beteuert, seit November keinen Kontakt mehr mit Ricki gehabt zu haben.
Als er zu George zurückkommt, trifft er dort auf Ricki. Zornig prügelt er auf den vermeintlichen Verräter ein. Aber George zeigt ihm, dass die Seite vom 20. November aus dem Logbuch gerissen wurde. Das spricht für Ricki, denn offenbar wollte jemand im Circus dessen Meldung über einen Maulwurf vertuschen.
George und Peter suchen Jerry Westerby (Stephen Graham) auf, den Diensthabenden im Circus an dem Tag, an dem Jim Prideaux in Budapest niedergeschossen wurde. Er berichtet, dass Control über die Nachricht aus Budapest so entsetzt war, dass er keine Entscheidung über einzuleitende Maßnahmen treffen konnte. Jerry rief deshalb bei George zu Hause an, erreichte jedoch nur dessen Ehefrau Ann und bat sie, ihrem Mann die Nachricht von dem Vorfall in Budapest weiterzugeben. Als Bill Haydon in der Nacht in den Circus kam, wusste er bereits, was in Budapest passiert war. Er fuhr dann mit Jerry zu Jims Wohnung in London, um möglichst alle Hinweise auf dessen Geheimdiensttätigkeit zu beseitigen. (Als Zuschauer wissen wir, dass Bill ein Foto einsteckte, das ihn zusammen mit Jim zeigt.)
Woher wusste Bill bereits in der Nacht von den Ereignissen in Budapest? Das habe er aus dem Nachrichtenticker in seinem Club erfahren, behauptete er. Aber die Meldung kam um 1.30 Uhr. Da war der Ticker im Club bereits abgeschaltet. George schließt daraus, dass Bill die Information von Ann bekommen hatte. Er weiß längst, dass Ann eine Affäre mit Bill hat, denn er sah die beiden zusammen bei einer Weihnachtsfeier im Circus.
Ein Beleg über eine Auszahlung von 1000 Pfund an Jim Prideaux zwei Monate nach dessen angeblicher Ermordung durch den KGB lässt George vermuten, dass der in Budapest angeschossene Agent noch lebt. Er findet ihn in England. Jim haust unter einem anderen Namen in einem Wohnwagen und gibt Schülern Sportunterricht. Nach den Schüssen in Budapest wurde er in ein russisches Militärkrankenhaus gebracht und dort operiert, aber auch mit Musikbeschallung und auf andere Weise gefoltert. Eines Tages tauchte ein Mann auf, den Jim bis dahin noch nicht gesehen hatte. Er ließ eine junge Frau hereinbringen. Auf einem Stuhl gefesselt, musste Jim mit ansehen, wie sie unmittelbar vor ihm erschossen wurde. Es war Irina.
Den Russen, der Irina erschießen ließ, identifiziert George aufgrund der Beschreibung als den Chef des KGB, den er unter dem Tarnnamen Karla kennt. Der saß auch in dem Café in Budapest, als Jim auf den angeblichen Überläufer wartete.
Zurück in England, wurde Jim von Toby Esterhase mit einer neuen Identität ausgestattet. Als Gegenleistung verpflichtete ihn Toby zum Schweigen und erwähnte dabei auch, dass er Controls „König-Ass-Theorie“ aus seinem Gedächtnis streichen solle.
Woher wusste Toby von den Schachfiguren, die für Control die Männer repräsentierten, die als Maulwurf in Frage kamen?
George trifft sich heimlich mit Oliver Lacon und dem Minister. Er berichtet ihnen, dass Ricki Tarr mit einer Russin Kontakt hatte, die den Namen des Maulwurfs im obersten Führungszirkel des MI6 kannte und von seinem Verdacht, dass Percy, Toby, Roy und Bill mit ihrem russischen Kontaktmann im Rahmen der Operation „Witchcraft“ zwar brauchbare Informationen aus dem Ostblock erhalten, aber auch brisantes Material weitergeben.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.
Peter passt Toby am Ausgang des Circus ab und drängt ihn in ein bereitstehendes Auto, in dem George wartet. Sie fahren zu einem Privatflugplatz, wo George damit droht, Toby zwangsweise in eine Maschine nach Österreich zu setzen. Dort müsste er mit einer Haftstrafe rechnen. Um in England bleiben zu können, beantwortet er Georges Frage nach der Adresse der konspirativen Wohnung in London.
Als Nächstes setzt Ricki sich im Einvernehmen mit George nach Paris ab und schickt von dort eine verschlüsselte Botschaft an die Geheimdienstzentrale. Er verfüge über für die Sicherheit des MI6 wichtige Informationen, schreibt er. Percy, Toby, Roy und Bill beraten sich daraufhin.
George lässt sich die für „Witchcraft“ benutzte Wohnung von der offiziellen Mieterin McCraig (Linda Marlowe) zeigen und belauscht dann eine Unterredung von Bill Haydon und Alexei Poljakow. Die beiden reden über Rickis Meldung und erörtern seine Liquidierung. Dadurch findet George seinen Verdacht bestätigt, dass es sich bei dem Maulwurf um Bill handelt. Er lässt ihn ins Schulungs- und Vernehmungszentrum des MI6 in Sarratt/Hertfordshire bringen.
Dort gesteht Bill ihm, dass seine Affäre mit Ann dazu dienen sollte, George zu irritieren. Karla hielt dies für ratsam, weil er George als gefährlichsten Gegner einschätzte. Tatsächlich fühlt Bill sich stärker zu Männern als zu Frauen hingezogen. Sein homosexueller Freund Jim Prideaux hatte ihn vor dem Flug nach Budapest gewarnt und ihm verraten, dass Control nach einem Maulwurf in den eigenen Reihen suchte. Trotzdem verriet Bill ihn und ließ zu, dass er in die Falle tappte.
In Sarratt wartet Bill auf seinen erhofften Austausch gegen westliche Agenten in sowjetischer Haft. In Moskau werde er Cricket vermissen, sagt er zu George. Seine Entscheidung, für den KGB zu arbeiten, sei sowohl eine ästhetische als auch eine moralische gewesen.
Aber als er am Zaun der Anlage steht, erschießt Jim ihn mit einem Präzisionsgewehr.
George kommt nach Hause. Im Wohnzimmer wartet Ann auf ihn.
Kurz darauf löst er Percy Alleline als Chef des MI6 ab.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)1974 veröffentlichte John le Carré den Agententhriller „Tinker Tailor Soldier Spy“ („Dame, König, As, Spion“, Übersetzung: Rolf und Hedda Soellner, Hoffmann & Campe, Hamburg 1974; Sonderausgabe: List-Taschenbuch, Berlin 2012). Das Buch wurde 1979 von John Irvin mit Alec Guinness in der Hauptrolle als siebenteilige Fernsehserie verfilmt.
Dame, König, As, Spion – Originaltitel: Tinker, Tailor, Soldier, Spy – Regie: John Irvin – Drehbuch: Arthur Hopcraft, nach dem Roman „Dame, König, As, Spion“ von John le Carré – Kamera: Tony Pierce-Roberts – Schnitt: Chris Wimble / Clare Douglas – Musik: Geoffrey Burgon – Darsteller: Alec Guinness, Michael Jayston, Anthony Bate, George Sewell, Bernard Hepton, Ian Richardson, Hywel Bennett, Terence Rigby, Ian Bannen, Michael Aldridge, Alec Sabin, Alexander Knox u.a. – 1979; 300 Minuten
In der Neuverfilmung des Schweden Tomas Alfredson spielt Gary Oldman den ebenso erfahrenen wie desillusionierten britischen Geheimagenten George Smiley. Es handelt sich um einen stoisch-melancholischen Einzelgänger, der wenig spricht und umso mehr beobachtet bzw. analysiert. In den Siebzigerjahren, also im Kalten Krieg, sucht George Smiley geduldig nach Informationen über einen Maulwurf in den Reihen des MI6. Wie er vorgeht, zeigt eine Szene exemplarisch: Während er bei einer Autofahrt ruhig im Fond sitzt, schlagen die beiden Männer vor ihm aufgeregt nach einer Biene. Als das Insekt nach hinten fliegt, öffnet George Smiley einfach das linke Seitenfenster – und die Biene verschwindet. – Dieser unauffällige, im Alltag bieder wirkende Agent ist das krasse Gegenteil des unbesiegbaren glamourösen Playboy-Spions James Bond.
In „Dame, König, As, Spion“ gibt es denn auch so gut wie keine Action-Szenen. Der literarischen Vorlage entsprechend erzählt Tomas Alfredson vom tristen Alltag einsamer Geheimagenten, die sich gegenseitig belauern und ihre Ideale einbüßen. Ihre Arbeit ist mühselig und gleicht eher den Zügen auf einem Schachbrett als einer spektakulären Verfolgungsjagd. Helden sehen anders aus.
„Dame, König, As, Spion“ erzählt vom Kalten Krieg und vom moralischen Niedergang des Westens mit den hohlen Floskeln von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten.
Schnurlose Telefone existieren noch nicht. Bewusst altmodisch gibt sich auch der Film (Retro-Look). Tomas Alfredson nimmt sich viel Zeit, die Charaktere einzuführen und die Handlung zu entwickeln. In langen Einstellungen sehen wir die Gesichter in Nahaufnahmen. Dabei wird eine dichte, realistisch wirkende Atmosphäre evoziert.
Obwohl Bridget O’Connor und Peter Straughan im Drehbuch auf Nebenhandlungen der Romanvorlage verzichtet haben, ist es für das Kinopublikum nicht einfach, dem Geschehen zu folgen und die komplexen Zusammenhänge zu erkennen, zumal der zeitliche Ablauf durch eine Reihe von Rückblenden unterbrochen ist. (Tipp: Bei den Szenen in der Gegenwart trägt George Smiley eine Brille mit Gleitsichtgläsern, in den älteren Szenen eine Bifokalbrille.)
Abgesehen von der Straffung weicht die Verfilmung nur wenig vom Buch ab. Hinzugefügt wurde die mehrmalige Rückblende auf eine Weihnachtsfeier in der Zentrale des MI6 in London, bei der ein Clown mit Lenin-Maske auftritt und die sowjetische Nationalhymne anstimmt. (Übrigens hat John le Carré dabei einen Cameo-Auftritt.) Die Ereignisse, die John le Carré in Lissabon spielen lässt, verlegt Tomas Alfredson nach Istanbul, und er tauscht Prag gegen Budapest (um von der Filmförderung in Ungarn zu profitieren).
Die Dreharbeiten fanden vom 7. Oktober bis 22. Dezember 2010 statt.
Als Zentrale des MI6, die John le Carré in seinen Romanen als „The Circus“ bezeichnet und am Cambridge Circus in London verortet, ist Blythe House in West Kensington zu sehen, das frühere Gebäude der Postsparbank, in dem inzwischen Exponate eines Wissenschaftsmuseums ausgestellt sind.
Am Ende des Films „Dame, König, As, Spion“ singt Julio Iglesias das französische Chanson „La mer“. Es steht im Kontrast zur düsteren Welt der Geheimdienste.
Der Originaltitel „Tinker Tailor Soldier Spy“ spielt auf einen englischen Abzählvers an: „Tinker, Tailor, Soldier, Sailor, Rich Man, Poor Man, Beggar Man, Thief“.
Gary Oldman erhielt für sein zurückgenommenes und zugleich ausdrucksstarkes Spiel in „Dame, König, As, Spion“ eine „Oscar“-Nominierung. Auch Alberto Iglesias (Filmmusik) wurde nominiert.
Stimmen in der deutschen Synchronisation: Udo Schenk (George Smiley), Tom Vogt (Bill Haydon), Jürgen Thormann (Control), Oliver Siebeck (Jim Prideaux), Tommy Morgenstern (Peter Guillam), Daniel Fehlow (Ricki Tarr), Lutz Schnell (Percy Alleline), Bernd Rumpf (Roy Bland), Uwe Büschken (Jerry Westerby) u.a.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2012