Monsieur Claude und seine Töchter
Monsieur Claude und seine Töchter
Inhaltsangabe
Kritik
Der Notar Claude Verneuil (Christian Clavier) und seine Frau Marie (Chantal Lauby) wohnen auf einem Landsitz in Chinon an der Vienne, einem Nebenfluss der Loire. Alle vier Töchter haben in Paris studiert. Nun heiratet die erste von ihnen. Isabelle (Frédérique Bel) hat sich den algerisch-stämmigen Rechtsanwalt Rachid Ben Assem (Medi Sadoun) ausgesucht. Der ist zwar in die französische Gesellschaft integriert, aber zum Leidwesen von Isabelles Eltern kein „echter“ Franzose, sondern ein Moslem. Ein Jahr später wird Isabelles Schwester Odile (Julia Piaton) die Ehefrau des angehenden jüdischen Geschäftsmanns David Benichou (Ary Abittan). Und im Jahr darauf heiratet die psychisch labile Malerin Ségolène (Émilie Caen) den chinesisch-stämmigen Banker Chao Ling (Frédéric Chau). Daraufhin hoffen Claude und Marie, dass wenigstens Laure (Élodie Fontan), die vierte Tochter, einen katholischen Franzosen zum Mann nimmt.
Ein halbes Jahr nach Odiles Hochzeit lassen Odile und David ihren acht Tage alten Sohn Benjamin beschneiden. Die Großeltern des Kindes halten das für barbarisch, nehmen aber notgedrungen an der Zeremonie in Paris teil. Weil Odile und David in einem Stadthaus wohnen, vertrauen sie die abgeschnittene Vorhaut ihres Sohnes Odiles Eltern an: Sie soll im Garten des Anwesens in Chinon vergraben werden. Als Claude und Marie ihr widerwillig gegebenes Versprechen erfüllen wollen, schnappt sich allerdings der Hund die Haut.
Drei Schwiegersöhne mit Migrationshintergrund machen nicht nur Claude Verneuil schwer zu schaffen. Marie geht wegen ihrer Depressionen zu einem Psychotherapeuten und in die Kirche. Den Psychologen (Elie Semoun) fragt sie, ob es nicht sein könne, dass sie ihre unberechtigte Furcht vor Feldmäusen auf Fremde übertrage. Der katholische Priester (Loïc Legendre) hört ihr im Beichtstuhl kaum zu, denn er ist mit Kaufangeboten auf seinem Tablet beschäftigt. Er versucht Marie Verneuil mit dem Hinweis zu trösten, dass er sich auch im Lauf der Zeit an seinen aus Madagaskar stammenden Bischof gewöhnt habe.
Odile praktiziert als Zahnärztin. Ihr Ehemann David hat zwar viele Geschäftsideen, sucht jedoch seit drei Jahren vergeblich einen Investor und kann auch keine Bank davon überzeugen, ihm für das Startkapital einen Kredit einzuräumen.
Als Claude bei einem Familientreffen erzählt, er sei sich in einem Randbezirk von Paris wie im Ausland vorgekommen, fragt ihn einer der Schwiegersöhne, wieso er die Menschen dort alle für Migranten gehalten habe. Auf den Vorwurf, rassistische Vorurteile zu haben, reagiert Claude mit den Hinweis, er sei Republikaner und Gaullist, könne also gar kein Rassist sein. Ein Wort ergibt das andere. Die Konflikte brechen offen aus: ein Franzose gegen Migranten, Jude gegen Moslem, beide zusammen gegen einen Chinesen
In der Hoffnung auf eine allgemeine Versöhnung laden Claude und Marie ihre Töchter, Schwiegersöhne und Enkel über Weihnachten nach Chinon ein. Dieses Mal geben sich alle große Mühe, Reizthemen zu vermeiden. Als Rachid, David und Chao gemeinsam die Marseillaise absingen, überläuft Claude eine Gänsehaut. Sie gehen dann auch alle zusammen zur Christmette in die Kirche und singen dort kräftig mit.
Am nächsten Tag kommt ein junger Mann namens Xavier Dupuy-Jambard (Nicolas Buchoux) vorbei. Claude und Marie tun so, als seien sie überrascht. Der Besuch war jedoch abgesprochen. Bei Xavier handelt es sich nämlich um einen Banker, den sie sich als vierten Schwiegersohn wünschen und deshalb mit Laure verkuppeln möchten.
Als Isabelle, Odile und Ségolène mit ihren Familien bereits abgereist sind, eröffnet Laure ihren Eltern, dass sie ebenfalls zu heiraten beabsichtige. Allerdings nicht Xavier. Der Bräutigam heißt Charles. „Charles wie Charles de Gaulle?“, ruft Claude erfreut. Ja, und nicht nur das; Charles ist katholisch! Eigentlich hat Laure sich vorgenommen, ihren Eltern auch zu verraten, dass es sich bei Charles um einen Afrikaner handelt, aber das bringt sie dann doch nicht fertig. Sie gesteht lediglich, dass Charles Theaterschauspieler ist. Darüber will Claude hinwegsehen.
Währenddessen ist Charles (Noom Diawara) zu Besuch bei seiner Familie an der Elfenbeinküste. Der Patriarch André Koffi (Pascal N’Zonzi) lässt sich nur mühsam überreden, der Hochzeit seines einzigen Sohnes mit einer Weißen zuzustimmen.
Im Neuen Jahr verabreden sich Claude und Marie mit Laure und Charles in einem Restaurant. Sie starren das junge Paar entsetzt an, das zur Tür hereinkommt. Charles, der davon ausging, dass Laure seine Hautfarbe bereits erwähnt hat, versucht die Situation mit einem als Witz gemeinten Vorwurf zu entkrampfen: „Du hast mir gar nicht gesagt, dass dein Vater weiß ist!“
Zu Hause wirft Marie ihrem Mann vor, Schuld an den vier unerwünschten Schwiegersöhnen zu sein, weil er die Töchter in Paris studieren ließ. Claude kontert mit der Bemerkung, Ursache für die kulturübergreifende Nächstenliebe der Mädchen sei die religiöse Erziehung durch die Mutter. Maries Depression verschlimmert sich dramatisch, und Claude versucht, seiner Gefühle wieder Herr zu werden, indem er die Bäume auf dem Anwesen eigenhändig fällt. Schließlich nimmt er sich vor, das Haus zu verkaufen, die Kanzlei ruhen zu lassen, sich von Marie zu trennen und allein eine Weltreise zu unternehmen.
Um das Schlimmste zu verhindern, drängen Isabelle, Odile und Ségolène ihre jüngste Schwester, auf Charles zu verzichten, und als Laure nicht dazu bereit ist, hetzen sie Rachid, David und Chao gegen die geplante Eheschließung auf. Die Männer beschatten Charles und fotografieren ihn mit einer jungen Frau an einem Hoteleingang. Triumphierend zeigen die sechs Verschwörer Laure das Bild. Laure kennt die Frau allerdings: Es handelt sich um Charles‘ Schwester Viviane (Tatiana Rojo), die zu Besuch nach Paris gekommen ist.
Nun lässt sich die Hochzeit nicht mehr aufhalten. Über Skype telefonieren die Elternpaare miteinander, und André Koffi kündigt 400 Verwandte als Hochzeitsgäste an. Entsprechend aufwändig sind die Vorbereitungen.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
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Drei Tage vor der Feier treffen André und Madeleine Koffi (Salimata Kamate) mit ihrer Tochter Viviane in Paris ein. André ist verärgert, weil er keinen Upgrade in die Business Class bekam. Während der pensionierte Offizier in Afrika gewöhnlich einen westlichen Anzug bevorzugt, zeigt er sich in Paris demonstrativ im westafrikanischen Boubou. Claude erfährt, dass statt 400 Verwandter des Bräutigams lediglich zehn erwartet werden. Aber es ist zu spät, um Betten, Sitzplätze, Essen und Getränke für 390 Gäste abzusagen.
Am Tag vor der Hochzeit gehen die beiden Väter zum Angeln. Überrascht stellen sie fest, dass sie sich in ihrer Ablehnung der Eheschließung einig sind. Nachdem sie gemeinsam einen riesigen Fisch gefangen haben, feiern sie den Erfolg in einem Restaurant. Marie und Madeleine, die sich inzwischen Sorgen machen, rufen auf den Handys ihrer Männer an, aber die nehmen die Gespräche nicht an und trinken weiter Calvados. Am Ende vertauschen sie die Kleidung. So gehen sie dann noch in eine Bäckerei und verlangen „Mohrenköpfe“. Der Bäcker (Frédéric Saurel) beteuert, dass man die Süßigkeit in seinem Geschäft als Schokokuss bezeichne, und weder als Mohrenkopf noch als Negerkuss. Weil er sich von den beiden Betrunkenen provoziert fühlt, lässt er einen Angestellten die Polizei rufen. Claude und André werden daraufhin von der Gendarmerie abgeführt.
Am späten Abend findet Raschid durch einige Telefongespräche heraus, dass sich die beiden Vermissten im Gefängnis befinden. Der Rechtsanwalt fährt am nächsten Morgen zum Polizeirevier, um sie freizubekommen.
Laure erklärt Charles, dass sie nicht schuld am Zerwürfnis der Familie sein wolle und deshalb die Hochzeit absage. Dann nimmt sie den nächsten Zug nach Paris.
Claude und André schaffen es gerade noch in denselben Zug. Nachdem sie Laure gefunden haben, simuliert André einen Kreislaufkollaps, damit der Zugbegleiter die Notbremse zieht.
Mit einigen Minuten Verspätung geleiten die beiden Väter die Braut in die Kirche, wo längst alle versammelt sind und manche schon nicht mehr mit ihrem Auftauchen rechneten.
Auf der Feier nach der Trauung erklären die beiden Väter, dass sie Freunde geworden sind. Und Claude lädt seine Frau in einer kurzen Rede ein, mit ihm die Familien der Schwiegersöhne in Algerien, Israel, China und Elfenbeinküste zu besuchen.
Schon zuvor haben sich David, Chao und Raschid darauf verständigt, Davids Idee eines koscheren Catering-Service aufzugreifen, aber wegen der weitaus größeren Zielgruppe stattdessen einen Catering-Service für fromme Muslime zu gründen. Der Banker Chao wird das Startkapital besorgen, und Raschid stellt seine juristischen Kenntnisse zur Verfügung.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Bei „Monsieur Claude und seine Töchter“ handelt es sich um eine unterhaltsame Komödie.
Thema ist der alltägliche Rassismus in der multikulturellen Gesellschaft am Beispiel Frankreichs. Gewiss hat Philippe de Chauveron seinen Film als Plädoyer für Toleranz und gegen Fremdenfeindlichkeit konzipiert, aber er verharmlost den Rassismus. Mit den echten Problemen der von François Hollande ebenso wie von Nicolas Sarkozy enttäuschten und nun nach rechts driftenden französischen Gesellschaft hat „Monsieur Claude und seine Töchter“ nichts zu tun. Das gilt nicht erst seit dem Terroranschlag gegen das Satireblatt „Charlie Hebdo“ am 7. Januar 2015. Philippe de Chauveron überschreitet zwar die Grenzen der Political Correctness, allerdings nicht die des Wohlfühlkinos. Alle in „Monsieur Claude und seine Töchter“ haben Vorurteile gegen Angehörige anderer Nationen, der Afrikaner André wie der Franzose Claude, und Rachid, David und Chao mit ihrer algerischen, jüdischen und chinesischen Abstammung ebenso. Durch die ausgewogene Verteilung des Rassismus auf die Filmfiguren glaubt Philippe de Chauveron vermutlich, „Monsieur Claude und seine Töchter“ sei nicht rassistisch. Aber eine Culture-Clash-Komödie ist ohne Stereotype und Voreingenommenheit gar nicht denkbar, und sie funktioniert auch in diesem Fall durch die Identifikation der Zuschauer mit den verzweifelten Eltern.
Diese Komödie macht sich nicht über rassistische Vorurteile lustig, sie hat selbst ein Rassismusproblem. […] Der Film macht sich nämlich nicht über Vorurteile lustig, er basiert auf ihnen. (Julia Dettke, „Zeit online“, 21. Juli 2014)
Dass sich die Männer im Wohnzimmer unterhalten, während sich die Frauen in der Küche um den Abwasch kümmern, ist auch nicht gerade avantgardistisch. Überhaupt: Marie wird wenigstens noch als bigott und depressiv dargestellt, aber ihre Töchter Isabelle, Odile, Ségolène und Laure sind mehr oder weniger hübsche Schablonen moderner junger Frauen.
Ebenso holzschnittartig entwickelt Philippe de Chauveron in „Monsieur Claude und seine Töchter“ die Annäherung der beiden Väter Claude und André. Wie die beiden Freunde werden, ist nicht nachvollziehbar.
Der Originaltitel „Qu’est-ce qu’on a fait au Bon Dieu?“ (was haben wir dem lieben Gott getan?) bezieht sich übrigens auf einen Ausruf Maries. Im deutschen Titel „Monsieur Claude und seine Töchter“ ist von der Mutter nicht mehr die Rede.
Die Dreharbeiten für „Monsieur Claude und seine Töchter“ fanden in Paris, Chinon, Bobigny und Abidjan an der Elfenbeinküste statt.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015