Der Richter

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Der Richter. Recht oder Ehre – Originaltitel: The Judge – Regie: David Dobkin – Drehbuch: Nick Schenk, Bill Dubuque, David Dobkin – Kamera: Janusz Kaminski – Schnitt: Mark Livolsi – Musik: Thomas Newman – Darsteller: Robert Downey jr., Robert Duvall, Vera Farmiga, Billy Bob Thornton, Vincent D'Onofrio, Jeremy Strong, Dax Shepard, Leighton Meester, Ken Howard, Balthazar Getty, David Krumholtz, Grace Zabriskie u.a. – 2014; 140 Minuten

Inhaltsangabe

An dem Tag, an dem der 72-jährige angesehene Richter Joseph Palmer seine Frau zu Grabe getragen hat, wird er in einen tödlichen Autounfall verwickelt. Dass Palmer sich an nichts erinnern kann, ist eine Folge der Chemotherapie, der er sich seit einem halben Jahr unterziehen muss. Sein als gerissener Staranwalt geltender Sohn Hank will das in seine Verteidigung einbauen, aber der Vater fürchtet um seine Ehre, denn dann könnte eine Überprüfung der von ihm in den letzten Monaten gefällten Urteile verlangt werden ...
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Kritik

Bei "Der Richter. Recht oder Ehre" handelt es sich um einen Justizthriller und zugleich um ein Familiendrama bzw. eine Vater-Sohn-Geschichte. Obwohl sich David Dobkin viel Zeit lässt und vor allem Robert Duvall eindrucksvoll spielt, bleiben die Figuren klischeehaft.
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Hank Palmer (Robert Downey jr.), ein ebenso gerissener und skrupelloser wie erfolgreicher Strafverteidiger in Chicago, liest im Gerichtssaal eine SMS seines älteren Bruders Glen (Vincent D’Onofrio) mit der Nachricht vom plötzlichen Tod der Mutter. Daraufhin beantragt er eine Unterbrechung des Prozesses und reist in seinen Geburtsort Carlinville/Indiana, den er seit vielen Jahren gemieden hat. Er nimmt weder seine Frau Lisa (Sarah Lancaster) noch seine kleine Tochter Lauren (Emma Tremblay) mit, denn seine Ehe steht vor dem Aus.

Mary Palmer (Catherine Cummings) starb am 1. Juni 2014 bei der Pflege ihrer Hortensien durch eine Embolie. Sie war 50 Jahre lang mit Joseph Palmer (Robert Duvall) verheiratet. Der 72-Jährige ist seit 42 Jahren in Carlinville als Richter tätig. Anders als Hank sind die beiden anderen Söhne nicht fortgezogen. Glen ist verheiratet, hat zwei Söhne und betreibt in Carlinville einen Autohandel. In der Jugend hatte er Baseball-Spieler werden wollen, aber ein Autounfall zerstörte den Traum. Dale (Jeremy Strong), der jüngste der drei Brüder, ist Autist und wohnt noch im Elternhaus.

Hank findet seinen Vater im Gericht und setzt sich so in den Saal, dass Joseph Palmer ihn nicht sehen kann. Er verfolgt, wie der Richter die Verhandlung führt und bemerkt, dass ihm der Name des langjährigen Gerichtsdieners Gus (Lonnie Farmer) entfallen ist. Ist die Erinnerungslücke auf Alkohol zurückzuführen? Hat der Vater nach 28 Jahren Abstinenz wieder zu trinken begonnen?

Am Morgen nach der Beerdigung fällt den Brüdern eine erhebliche Beschädigung am Auto ihres Vaters auf. Der Richter behauptet, einer seiner Söhne oder Enkel müsse verbotenerweise mit dem Wagen gefahren sein. Hank fühlt sich in seiner Einstellung gegenüber dem Vater bestätigt und reist erbost ab. Er sitzt bereits im Flugzeug, als Glen anruft und ihm mitteilt, dass der Vater im Zusammenhang mit einem Leichenfund von der Polizei vernommen wird. Trotz der gestörten Beziehung zum Vater fühlt Hank sich verpflichtet, ihm beizustehen: Er fährt zurück nach Carlinville und sucht das Polizeirevier auf.

Bei dem Toten handelt es sich um Mark Blackwell (Mark Kiely). Er war am Vorabend mit seinem Fahrrad unterwegs und wurde von einem Auto umgefahren. Joseph Palmer wird verdächtigt, den Unfall verursacht zu haben, aber er behauptet, sich an nichts erinnern zu können. An seinem beschädigten Auto werden von Mark Blackwell stammende Blutspuren nachgewiesen, und eine Überwachungskamera hat aufgezeichnet, wie sich Joseph Palmer und Mark Blackwell wenige Minuten vor dem Unfall in einem Supermarkt begegneten. Jeder weiß, dass Mark Blackwell zweimal von Joseph Palmer verurteilt wurde. Nachdem er in der Jugend im Zimmer seiner 16-jährigen Freundin Hope Stevens herumgeschossen hatte, verurteilte der Richter ihn lediglich zu 30 Tagen Haft. Erst als er Hope Stevens danach ertränkte, schickte Joseph Palmer ihn für 20 Jahre ins Gefängnis. Im April kam er frei. Im Blut seiner Leiche werden 2,3 Promille Alkohol gemessen.

Joseph Palmer lehnt es ab, sich vor Gericht von seinem als Staranwalt geltenden Sohn verteidigen zu lassen. Stattdessen engagiert er den unerfahrenen Anwalt C. P. Kennedy (Dax Shepard), der parallel zu seiner juristischen Tätigkeit einen Antiquitätenhandel in Carlinville betreibt, weil er noch nicht von den Honoraren leben kann. In der Voranhörung wird C. P. Kennedy von Staatsanwalt Dwight Dickham (Billy Bob Thornton) an die Wand gespielt, und Richter Warren (Ken Howard) entscheidet, dass die Anklage auf vorsätzlichen Mord lautet.


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Nachdem Hank sich vergewissert hat, dass der Vater nicht wieder trinkt, bohrt er weiter nach, bis Joseph Palmer ihm gesteht, dass er an Darmkrebs erkrankt sei und als Folge der Chemotherapie Erinnerungslücken habe. Der Richter versichert, dass die vor einem halben Jahr begonnene Behandlung erfolgreich sei. Aber im Gespräch mit dem Arzt (Denis O’Hare) findet Hank heraus, dass der Krebs nicht heilbar ist und in kurzer Zeit zum Tod führen wird. Hank, der aufgrund von Kennedys Versagen die Verteidigung an sich gerissen hat, will die Neben­wirkungen der Erkrankung bzw. Therapie in seine Argumentation vor Gericht aufnehmen. Der Vater verbietet es ihm, denn er befürchtet, dass dann eine Überprüfung aller von ihm in den letzten Monaten gefällten Urteile verlangt werden könnte. Das wäre nicht mit seiner Ehre und Reputation vereinbar. Der Richter fordert Hank deshalb auf, das Geheimnis für sich zu behalten, obwohl ihm klar ist, dass dies seine Chancen für ein mildes Urteil massiv reduziert.

In der Hauptverhandlung besteht Joseph Palmer gegen den Rat seines Sohnes darauf, auch selbst unter Eid im Zeugenstand auszusagen. Staatsanwalt Dwight Dickham beschuldigt ihn, Mark Blackwell vorsätzlich totgefahren zu haben und weist die mehrmalige Beteuerung des Angeklagten, er könne sich nicht daran erinnern, wie die Beschädigungen an seinem Auto entstanden, als unglaubwürdig zurück. Völlig unerwartet gibt Joseph Palmer schließlich zu, dass er Mark Blackwell wohl doch mit Absicht getötet habe. Entsetzt beantragt Hank, den Angeklagten noch einmal im Zeugenstand befragen zu dürfen. Als er auf die Krebserkrankung anspielt, will Joseph Palmer ihm auf der Stelle das Mandat entziehen. Richter Warren lässt das jedoch nicht zu und weist den Angeklagten darauf hin, dass er seinen Anwalt nicht entlassen könne, solange er sich noch im Zeugenstand befindet.

Hank zwingt seinen Vater, Fragen über die Krebserkrankung und die Nebenwirkungen der Chemotherapie zu beantworten.

Am Ende plädieren die Geschworenen nicht auf Mord, sondern auf fahrlässige Tötung, und der Richter verurteilt den Angeklagten zu vier Jahren Haft. Joseph Palmer wird noch im Gerichtssaal festgenommen.

Nach sieben Monaten im Bundesgefängnis wird Joseph Palmer wegen des nahen Todes freigelassen. Obwohl er sich bei seiner Festnahme im Gerichtssaal nur von Glen und Dale verabschiedet hat, holt Hank ihn ab. Bald darauf fahren die beiden mit einem Boot zum Angeln auf einen See hinaus. Hank wirft die Angel aus. Als er sich wieder nach seinem Vater umdreht, ist dieser tot.

Die Trauerfeier findet in Samantha Powells (Vera Farmiga) Diner statt. Bevor Hank fortzog, waren sie ein Paar, und als er von ihrer neun Monate nach der Trennung geborenen Tochter Carla (Leighton Meester) erfuhr, nahm er zunächst an, er sei der Vater. Samantha vertraute ihm jedoch nach langem Zögern an, dass Carla bei einem One-Night-Stand mit seinem Bruder Glen gezeugt worden war. Sie hat nicht aufgehört, Hank zu lieben und lädt ihn ein, am Abend zu ihr zu kommen.

Hank verlässt die Trauerfeier, geht zum Gerichtsgebäude und schaut sich in dem Saal um, in dem sein Vater 42 Jahre lang Recht sprach. Vielleicht spielt er mit dem Gedanken, in Carlinville zu bleiben und in die Fußstapfen des Richters zu treten.

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In dem Drama „Der Richter. Recht oder Ehre“ erzählen David Dobkin, Nick Schenk und Bill Dubuque eigentlich zwei Geschichten. Es geht um einen 72-jährigen angesehenen Richter, der an dem Tag, an dem seine Frau zu Grabe getragen wird, in einen tödlichen Unfall verwickelt wird, an den er sich allerdings später nicht erinnern kann. Erinnerungslücken wie diese sind wahrscheinlich Folgen der Chemotherapie, der er sich unterziehen muss. Nun fürchtet er um seine Ehre. Parallel dazu handelt „Der Richter. Recht oder Ehre“ von der gestörten Beziehung des ehrenwerten Richters und eines seiner Söhne, der den provinziellen Geburtsort verlassen hat und in Chicago ebenso gerissen und skrupellos wie erfolgreich Straftäter verteidigt. Wollten David Dobkin, Nick Schenk und Bill Dubuque durch die Vater-Sohn-Geschichte den Charakter des Richters stärker ausleuchten oder ist es umgekehrt, und sie verwenden den Kriminalfall als Kulisse? Das lässt sich nicht entscheiden: „Der Richter. Recht oder Ehre“ ist sowohl Familiendrama als auch Justizthriller. Weil es darüber hinaus noch weitere Nebenhandlungen gibt, wirkt der Film ein wenig überfrachtet. Auch der Erzählfluss leidet darunter.

Obwohl sich David Dobkin viel Zeit lässt, bleiben die Figuren in „Der Richter. Recht oder Ehre“ klischeehaft, und ihr Verhalten ist nicht immer nachvollziehbar. Diese Schwäche des Drehbuchs kann durch die hervorragende schauspielerische Leistung von Robert Duvall nur teilweise ausgeglichen werden. Für die Rolle erhielt er eine „Oscar“-Nominierung.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.