Das Schwein von Gaza

Das Schwein von Gaza

Das Schwein von Gaza

Das Schwein von Gaza – Originaltitel: Le cochon de Gaza / When Pigs Have Wings – Regie: Sylvain Estibal – Drehbuch: Sylvain Estibal – Kamera: Romain Winding – Schnitt: Damien Keyeux – Musik: Aqualactica, Boogie Balagan – Darsteller: Sasson Gabai, Baya Belal, Myriam Tekaïa, Gassan Abbas, Khalifa Natour, Lotfi Abdelli, Khaled Riani, Uri Gabai, Ulrich Tukur u.a. – 2011; 95 Minuten

Inhaltsangabe

Weil die Israelis den Fischern von Gaza verboten haben, mit ihren Kuttern aufs offene Meer hinauszufahren, hat Jafaar kaum etwas anderes als aus dem Wasser gefischte Flipflops zu verkaufen. Doch eines Tages zieht er mit seinem Netz ein lebendes Schwein an Bord. Als Moslem darf er das unreine Tier nicht berühren, aber Juden essen auch kein Schweinefleisch. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, das Tier zu verkaufen, zeigt eine aus Russland stammende Schweinezüchterin Interesse – allerdings nur am Sperma ...
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Kritik

Mit der märchenhaften Groteske "Das Schwein von Gaza" versucht Sylvain Estibal die Absurdität des Nahostkonflikts zu veranschau­lichen. Dabei setzt er v. a. auf Klamauk und Situationskomik.

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Der palästinensische Fischer Jafaar (Sasson Gabai) und seine Frau Fatima (Baya Belal) wohnen in einem Haus in Gaza, das an einer Zufahrtstraße zu einer jüdischen Siedlung liegt und auf dessen Dach die Israelis deshalb einen Wachposten eingerichtet haben. Die palästinensischen Fischer dürfen mit ihren Kuttern nur bis zu drei Seemeilen aufs Meer hinausfahren. In diesem küstennahen Bereich findet Jafaar mehr Müll als Fisch in seinem Netz. Auf dem Markt hat er kaum etwas anderes als aus dem Meer gefischte Flipflops anzubieten, und die Lebensmittel für sich und Fatima muss er auf Kredit kaufen. Einer der Händler, bei dem er verschuldet ist, schaltet schließlich die Polizei ein, und Jafaar muss mit einer Gefängnisstrafe rechnen, wenn er nicht endlich Geld auftreibt.

Am Morgen nach einem Unwetter zieht er mit seinem Netz ein quiekendes Schwein aus dem Meer. Erschrocken sperrt er es in die Kajüte. Sowohl im Islam als auch im Judentum gilt das Schwein als unrein; weder Muslime noch Juden essen Schweinefleisch. Jafaar sucht deshalb den aus Deutschland stammenden UN-Beamten Schauerland (Ulrich Tukur) auf. Der gibt zwar zu, Würste und Schweinefleisch zu essen, will aber kein ganzes Schwein haben, und als er dann auch noch einen Telefonanruf erhält und auf neue bürokratische Hindernisse stößt, bekommt er einen Tobsuchtsanfall.

Der befreundete Frisör (Gassan Abbas) rät Jafaar, das Schwein zu töten und über Bord zu werfen, aber der Fischer weist ihn darauf hin, dass er das unreine Tier nicht berühren dürfe. Das sieht der Frisör ein, und er beschafft seinem Freund eine Kalaschnikow. Als Jafaar stolpert, gibt er noch im Frisörsalon einen ersten Feuerstoß ab. Vom Boot aus zielt er auf Möwen, aber er bringt es nicht fertig, das Schwein zu erschießen.

Es heißt, dass die Juden Schweine züchten, um sie zu verkaufen. Jafaar wird jedoch am Kontrollposten an der Grenze zu Israel zurückgewiesen, und am Tor der jüdischen Siedlung in der Nähe seines Hauses versucht Jafaar vergeblich, das auf dem Boot versteckte Schwein zu verkaufen. Nur die aus Russland stammende Siedlerin Yelena (Myriam Tekaïa), die Jafaar durch den Zaun hindurch anspricht, interessiert sich für das Schwein. Ihr geht es jedoch nicht um Schweinefleisch, sondern um das Sperma eines Ebers für ihre Zucht.

Nachts stiehlt Jafaar seiner Frau Schmuck und ein Parfumfläschchen. Für den Schmuck bekommt er bei einem Kaufmann eine Plastikschüssel und Gummihandschuhe. Auf dem Boot gelingt es ihm allerdings nicht, an das Sperma des Ebers zu kommen, und deshalb füllt er das Parfumfläschchen mit seinem eigenen, bevor er es Yelena am Zaun verkauft. Mit der Menge gibt die Siedlerin sich allerdings nicht zufrieden.

Am nächsten Tag besorgt Jafaar Viagra und füttert damit den Eber. Etwas später radelt er mit einem größeren Fläschchen voll Sperma zur Siedlung, aber auf dem Weg zum Zaun wird er von einem israelischen Wachpolizisten angehalten. Der verlangt einen privaten Wegezoll, und weil Jafaar kein Geld bei sich hat, durchsucht er ihn, bis er das Fläschchen findet. Das sei Medizin gegen Rückenschmerzen, lügt der Fischer. Der Jude glaubt ihm – und trinkt das Fläschchen aus.

Jafaar muss also wieder zurück zum Schwein auf dem Boot. Aber diesmal bringt er das Fläschchen ungehindert zum Zaun und bekommt dafür von Yelena eine Menge Geld.

Am nächsten Tag erfährt er allerdings, dass Yelena mit dem Ergebnis unzufrieden ist und nun doch das Tier selbst für die Besamung ihrer Schweine zur Verfügung haben möchte. Also baut Jafaar einen Kasten mit Rädern und transportiert den Eber mehrmals zur Siedlung. Damit das unreine Tier weder palästinensischen noch israelischen Boden berührt, muss es Socken tragen. Nachts versteckt Jafaar das Schwein in der Badewanne. Eine Nachbarin hält die Geräusche für Fatimas Lustschreie.

Schließlich erfährt Jafaar, dass die Juden Schweine nicht nur züchten, um sie an Christen zu verkaufen. Sie richten sie auch zur Sprengstoffsuche ab und wollen dadurch palästinensische Anschläge verhindern. Um keine Aktionen gegen sein eigenes Volk zu unterstützen, beendet Jafaar das Geschäft mit Yelena.

Inzwischen ist einigen Palästinensern aufgefallen, dass er sich häufig bei der israelischen Siedlung herumtreibt und den Juden bei der Schweinezucht hilft. Der mutmaßliche Kollaborateur wird festgenommen. In seiner Not behauptet Jafaar, er habe einen Anschlag gegen die Juden vorbereitet. Die von einem Mann namens Hussein (Khalifa Natour) angeführten Palästinenser nehmen ihn beim Wort, legen ihm einen Sprengstoffgürtel um, erklären ihn zum Selbstmordattentäter und zwingen ihn zur Aufnahme eines Bekennervideos.

Um zu überleben, nimmt Jafaar den Sprengstoffgürtel ab, legt ihn dem Schwein um und verkleidet es mit einem Schafpelz. Als er es am Zaun aus dem Kasten holt, läuft es sofort in die jüdische Siedlung hinein. Yelena will es einfangen. Vergeblich versucht Jafaar, sie zu warnen. Bei der Explosion wird zum Glück niemand ernsthaft verletzt; nicht einmal das Schwein nimmt Schaden. Im Fernsehen wird das Bekennervideo gezeigt. Jafaar gilt nun als Held. Aber die israelischen Wachposten vertreiben die vermeintliche Witwe des Selbstmord­attentäters aus dem Haus, das zur Strafe abgerissen werden soll.

Währenddessen sitzt Jafaar bei Hussein. Der fordert ihn auf, den Fehler wieder gutzumachen und drückt ihm eine Kalaschnikow in die Hand. Damit soll der Fischer sich erschießen und doch noch zum Märtyrer werden. Aber er flieht durchs Fenster.

Yelena versucht, das Schwein einzufangen und wird selbst von einem jüdischen und einem palästinensischen Trupp verfolgt. Zufällig treffen sie, Jafaar, Fatima und ein jüdischer Junge namens Netsah (Uri Gabai) zusammen. Sie laufen zum Strand, stehlen ein Boot und rudern damit aufs Meer hinaus. Auch das Schwein nehmen sie mit. Am nächsten Tag stranden sie an einer unbekannten Küste und folgen einem Sanitäter vom Roten Kreuz zu einem Platz, auf dem zwei Beinamputierte (Jean Hourth Sok, Luca „Lazylegs“ Patuelli) Hip Hop tanzen. Unter den Schaulustigen steht auch der mit Jafaar befreundete Frisör.

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Unter dem Titel „Das Schwein von Gaza“ hat der französische Regisseur Sylvain Estibal eine Groteske gedreht, mit der er die Absurdität des Nahostkonflikts zu veranschaulichen versucht. Es ist ein Wagnis, die blutige Auseinandersetzung zum Thema eines lustigen Films zu machen, und Sylvain Estibal, der 2004 als Fotojournalist eine jüdische und eine palästinensische Familie in Hebron porträtierte, versucht auch gar nicht, politisch korrekt zu sein.

„Das Schwein von Gaza“ ist allerdings harmloser als man erwarten könnte. Die irrwitzige, märchenhafte Geschichte wird holprig in kleinen Episoden erzählt. Dabei setzt Sylvain Estibal vor allem auf Klamauk und Situationskomik. Höhepunkte sind die Szene, in der Jafaar in seinem aus dem Meer gezogenen Fischernetz ein lebendes Schwein entdeckt und der von Ulrich Tukur gespielte Tobsuchtsanfall eines UN-Beamten, der wegen der bürokratischen Hindernisse verzweifelt.

Übrigens handelt es sich bei den beiden Hängebauchschweinen, mit denen „Das Schwein von Gaza“ gedreht wurde, nicht um Eber, sondern um Säue.

Die Dreharbeiten fanden auf Malta und in Köln statt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.