Loriots Ödipussi

Loriots Ödipussi

Loriots Ödipussi

Originaltitel: Ödipussi - Regie: Loriot - Drehbuch: Loriot (Vicco von Bülow) - Kamera: Xaver Schwarzenberger - Schnitt: Dagmar Hirz - Musik: Rolf Wilhelm - Darsteller: Loriot, Evelyn Hamann, Katharina Brauren, Edda Seippel, Richard Lauffen, April de Luca, Dagmar Biener, Rosemarie Fendel, Rose Renee Roth, Klaus Schultz u.a. - 1988; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Paul Winkelmann leitet seit drei Jahren das familieneigene Möbel- und Dekorations­geschäft. Obwohl er 56 Jahre alt ist, kocht seine verwitwete Mutter Louise noch immer für ihn und bügelt seine Hemden. Mit der Ermahnung "Du willst mich doch nicht traurig machen!", hält sie "Pussi" unter Kontrolle. Aber die Begegnung mit der schüchternen Psychologin Margarethe Tietze verändert Pauls Leben ...
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Kritik

"Ödipussi" ist eine bis ins Detail ausgefeilte Satire über Spießer, eine von Loriot mit guten Beobachtungen, feinsinnigen Ideen und originellen Einfälle gespickte Komödie.
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Paul Winkelmann (Loriot) leitet seit drei Jahren das von seinem vor acht Jahren gestorbenen Vater hinterlassene Möbel- und Dekorationsgeschäft. In seiner Freizeit fungiert er als Schriftführer in einem Verein, der sich darum bemüht, die Themen „Frau“ und „Umwelt“ in den Karnevalsbrauch zu integrieren.

Obwohl er 56 Jahre alt ist, kocht seine Mutter Louise (Katharina Brauren) noch immer für ihn und bügelt seine Hemden. Mit der Ermahnung „Du willst mich doch nicht traurig machen!“, hält sie ihren „Pussi“ unter Kontrolle. Obwohl sich Paul eine kleine Junggesellenwohnung eingerichtet hat, hält die Mutter nach wie vor sein Kinderzimmer für ihn bereit. Die 78-Jährige war früher Opernsängerin und pflegt einen großbürgerlichen Lebensstil.

Eines Tages möchte die 40-jährige Psychotherapeutin Margarethe Tietze (Evelyn Hamann) bei „Winkelmann und Sohn“ neue Bezüge für die Stühle in ihrer Praxis bestellen. Paul erklärt ihr, wie wichtig die Farbauswahl ist.

Wissen Sie eigentlich, dass Sie eine große Verantwortung tragen, wenn Sie eine Farbe empfehlen?
Bitte?
Ich meine, dass beispielsweise eine alleinstehende Frau, die zu Depressionen neigt, sich möglicherweise in einer violetten Sitzgruppe umbringt.
Auch wenn Sie geblümt ist? Ich meine, die Sitzgruppe.
Ich berate auch Ehepaare, die gewisse zwischenmenschliche Schwierigkeiten haben, und ich bin sicher, dass man oft durch neue Möbelstoffe und Farben das Zusammenleben zweier Menschen viel harmonischer gestalten könnte.

Als Paul Winkelmann erfährt, dass die neue Kundin am nächsten Tag einen Termin mit einem alten Ehepaar hat, drängt er ihr seine Begleitung auf. Margarethe meint zunächst, sie wolle die Beratung der beiden Menschen nicht einer Dekorationsfirma überlassen, sondern nach modernen psychologischen Erkenntnissen vorgehen, aber Paul insistiert:

Die Firma Winkelmann macht Ihnen ein Angebot. Wir besuchen zusammen die Kundschaft. Sie führen die Verhandlungen, die Firma Winkelmann liefert das Bezugsmaterial, und Sie kriegen 10 Prozent.

Herr und Frau Melzer (Nikolaus Schilling, Charlotte Asendorf) wohnen in einem kleinen Haus und sitzen in grauer Kleidung auf einem grau bezogenen Sofa. Die Psychologin lobt den Garten, aber Frau Melzer meint darauf nur, der mache viel Arbeit. Als Margarethe Tietze dem Ehepaar für die Sitzgruppe neue, die Stimmung hebende Bezüge in frischen Farben vorschlägt, präsentiert Paul Winkelmann geflissentlich eine Kollektion von 28 Grautönen, und das Ehepaar entscheidet sich schließlich für aschgrau.

Trotzdem kommen sich der Geschäftsmann und die Psychologin bei einer Tasse Tee und einem von Paul nach einem Rezept seiner Mutter gebackenen Hefezopf näher. Zum ersten Mal in seinem Leben interessiert er sich für eine andere Frau als seine Mutter.

Ungeachtet ihrer Ausbildung ist Margarethe schüchtern und alles andere als selbstsicher. Sie stammt aus einfachen Verhältnissen. Und sie gehört zu einer Amateurtanzgruppe, die zur Zeit für die Betriebsfeier eines Kunststoff-Produzenten eine Revue einstudiert. Ihre Nummer trägt den Titel: „Meine Schwester heißt Polyester“.

Schließlich folgt Margarethe der Einladung Pauls, ihn auf einer kurzen Geschäftsreise nach Mailand zu begleiten. Dort beanstandet er die fehlende Frische in der neuen Kollektion des Stoffgroßhändlers. Margarethe wartet in einem Café auf ihn. Von italienischen Männern animiert, überrascht sie ihn mit einem „Kunststück“, als er sie abholt: Auf einem mit den Zähnen gehaltenen Teelöffel balanciert sie ein Hühnerei.

Paul hat Zimmer in der Albergo Sole reserviert. Als er mit dem Wagen vor dem Eingang hält, blickt Margarethe auf das mondäne Hotel auf ihrer Straßenseite und nimmt an, dass er dort gebucht hat. Notgedrungen nimmt Paul in dem teuren Hotel ein Zimmer mit Bad für sie und eines mit Dusche für sich. Nachdem Pauls Vorschlag, einen gemütlichen Abend in der nahen Pizzeria zu verbringen, wirkungslos verhallt ist, essen sie im Hotelrestaurant.

Zurück in Deutschland, besucht Paul sogleich seine Mutter. Im Bett seines Kinderzimmers trifft er einen Fremden an. Den stellt Louise Winkelmann ihm als Untermieter vor. Herr Weber begleitet sie beim Singen von Brahms-Liedern am Klavier. Und sie bügelt ihm dafür die Hemden.

Margarethe stellt ihren Freund den Eltern Kurt und Gerda Tietze (Richard Lauffen, Edda Seippel) vor, die ihn zunächst für einen ihrer „Bekloppten“ halten.

Der Gegenbesuch der Familie Tietze bei Pauls Mutter endet noch weitaus schlimmer …

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Zehn Jahre lang bereitete sich Vicco von Bülow alias Loriot darauf vor, seinen Traum von einem abendfüllenden Film zu verwirklichen. Das Ergebnis ist eine bis ins Detail ausgefeilte, mit guten Beobachtungen und originellen Einfällen gespickte Komödie, eine Satire über Spießer und Muttersöhnchen. Wie in seinen Cartoons und Kurzfilmen beschäftigt Loriot sich auch in seinem Kinofilm „Ödipussi“ mit einem Menschen, dem es schwerfällt, sich anderen mitzuteilen. Und er zeigt wieder einmal, dass Männer und Frauen – in diesem Fall Mutter und Sohn – nicht zusammenpassen. Dabei geht es ihm wohl gar nicht um Gesellschaftskritik, sondern ganz einfach um Komik. Loriot verfügt über eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe, und es gelingt ihm auch, die so gewonnenen Ideen in urkomische Episoden umzusetzen. Sein besonders feines Sprachgefühl ist ein wesentlicher Teil dieser Begabung [mehr über Loriots Komik].

Die Dreharbeiten für „Ödipussi“ dauerten vom 14. September bis 20. November 1987. Sie fanden in München, Berlin, Mailand, Genua und Santa Margherita Ligure statt. Einige Szenen entstanden im Hotel Columbia in Genua, das bis 1989 betrieben wurde. Die Räume werden inzwischen von der Universitätsbibliothek genutzt.

Margarethe Tietzes Revue-Nummer „Meine Schwester heißt Polyester“ basiert auf dem Song „Le Jazz Hot“ aus der von Henry Mancini komponierten Filmmusik der Komödie „Victor/Victoria“.

Die Premiere von „Ödipussi“ fand am 9. März 1988 statt, und zwar nur um wenige Stunden versetzt im Filmtheater Kosmos in Ostberlin und im Gloria-Palast in Westberlin. Es war die einzige Kino-Doppelpremiere auf beiden Seiten der Berliner Mauer.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002 / 2014

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