Die Schweizermacher

Die Schweizermacher

Die Schweizermacher

Die Schweizermacher – Originaltitel: Die Schweizermacher – Regie: Rolf Lyssy – Drehbuch: Rolf Lyssy, Christa Maerker – Kamera: Fritz E. Maeder – Schnitt: Georg Janett – Musik: Jonas C. Haefeli – Darsteller: Emil Steinberger, Walo Lüönd, Beatrice Kessler, Claudio Caramaschi, Wolfgang Stendar, Hilde Ziegler u.a. – 1978; 100 Minuten

Inhaltsangabe

Max Bodmer arbeitet als Einbürge­rungs­beamter ("Schweizermacher") bei der Kantonspolizei Zürich. Mit seinen Überprüfungen nimmt er es sehr genau, denn er ist überzeugt, dass die Schweiz vor Überfremdung geschützt werden müsse. Sein Assistent Moritz Fischer sieht das lockerer; er verliebt sich sogar in die Antragstellerin Milena Vakulic, eine in der Schweiz geborene und aufgewachsene Tänzerin mit jugoslawischem Pass ...
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Kritik

Vor dem Hintergrund der Xeno­phobie mokieren sich Rolf Lyssy und Christa Maerker in der mit Komik und Slapstick durchsetzten Satire "Die Schweizermacher" über die Praxis der Einbürgerung von Ausländern in der Schweiz.
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Max Bodmer (Walo Lüönd) arbeitet bei der Kantonspolizei Zürich. Seine Aufgabe ist es, Ausländer, die das Schweizer Bürgerrecht beantragt haben, zu überprüfen. Er ist gewissermaßen ein „Schweizermacher“. Das nimmt der pedantische Pflichtmensch sehr ernst, zumal er überzeugt ist, dass die Besonderheit der Schweizer Nation gegen Überfremdung geschützt werden müsse. Sein Assistent Moritz Fischer (Emil Steinberger), der sich noch in der Probezeit befindet, sieht das alles lockerer. Für ihn sind auch die Antragsteller erst einmal Menschen, mit denen er gern redet, und auf seinen Schweizer Pass bildet er sich nichts ein.

Das zu den Antragstellern gehörende deutsche Ehepaar Helmut und Gertrud Starke (Wolfgang Stendar, Hilde Ziegler) hisst auf seinem Privatgrundstück jeden Morgen die Schweizer Flagge. Abends besuchen die beiden einen Kurs in Schwyzerdütsch und üben die Aussprache des Ch. Der Psychiater Dr. Helmut Starke arbeitet nämlich als Oberarzt in einer Klinik in Zürich und möchte eine eigene Praxis aufmachen – was nur Schweizer Staatsangehörigen gestattet ist.

Max Bodmer lässt sich einen Termin für ein Gespräch mit dem Chefarzt der Klinik geben, um Auskünfte über den Antragsteller zu bekommen. Als er im Wartezimmer sitzt, verwechseln ihn zwei Pfleger mit einem wahnsinnigen Patienten, den sie gewaltsam abholen sollen.

Die Starkes laden Max Bodmer zu einem Käsefondue ein, das Gertrud Starke ausgerechnet an diesem Abend zu dünn gerät. Bevor sie dem am Ende erheblich angetrunkenen Einbürgerungsbeamten sein Jackett aus der Garderobe bringt, steckt sie ihm zwei Hundert-Franken-Scheine in die Seitentasche. Als sie das später ihrem Mann berichtet, hält er es für einen schweren Fehler und befürchtet eine Ablehnung des Antrags. Aber Max Bodmer wundert sich zu Hause nur über die zwei Geldscheine und will gar nicht so genau wissen, wie sie in sein Jackett kamen.

Der Italiener Franceso Grimolli (Claudio Caramaschi) sitzt mit seiner aus dem Tessin stammenden Ehefrau Sandra (Silvia Jost) und den beiden kleinen Söhnen Mario und Carlo beim Spaghetti-Essen, als Max Bodmer und Moritz Fischer zu ihnen kommen, um Fragen zu stellen und sich in der Wohnung umzusehen. An den Wänden hängen Bilder von Wilhelm Tell, und der Antragsteller, der wegen der hohen Arbeitslosigkeit in Italien seit zwölf Jahren in der Schweiz lebt, hat sich viel Wissen über die Schweizer Geschichte angeeignet. Francesco Grimolli arbeitet in einer Kuchenfabrik, und sein Chef lobt ihn als zuverlässigen und Konflikte schlichtenden Mitarbeiter. Am Sonntag geht die Familie Grimolli gut angezogen die Seepromenade entlang, denn Francesco ahnt, dass die Kantonspolizei das beobachtet und im Bericht für die Einbürgerungskommission vermerkt.

Bei der Anhörung vor der Kommission im Stadthaus wird Franceso Grimolli gefragt, auf wen Wilhelm Tell heute schießen würde. Auf den Landvogt Gessler, antwortet er. So war die Frage nicht gemeint, man wollte wissen, auf wen er in der Gegenwart anlegen würde. Aber Francesco Grimolli lässt sich nicht beirren: Wenn es Wilhelm Tell gäbe, wäre auch Hermann Gessler da. Ins Schwitzen kommt er erst, als er gefragt wird, ob er bei einer bestimmten Arbeiterdemonstration mitmarschiert wäre, wenn er nicht an diesem Tag wegen der Abwesenheit seiner Frau auf die Kinder hätte aufpassen müssen. Nach längerem Zögern gibt er die ehrliche Antwort: Ja, dann wäre er dabei gewesen.

Trotzdem erhält Francesco Grimolli die ersehnte Urkunde am Ende ebenso wie das Ehepaar Starke.

Im Gegensatz zu ihnen versucht die in der Schweiz geborene und aufgewachsene jugoslawische Tänzerin Milena Vakulic (Beatrice Kessler) nicht, der Kantonspolizei eine perfekte Schweizer Lebensweise vorzutäuschen. Sie lebt seit zwei Jahren in Zürich und tanzt in der Oper. Dass sie mit ausländischen Kollegen befreundet ist, darunter sogar einem Türken, missfällt Max Bodmer. Als er sie beschattet und dabei beobachtet, wie sie sich von einem Mann auf der Straße etwas zustecken lässt, besucht er sie gleich darauf, greift heimlich in ihre Handtasche und nimmt eines der Briefchen mit, in denen er Kokain vermutet. Bei der Laboruntersuchung stellt sich allerdings heraus, dass es sich um Fußpuder handelt.

Moritz Fischer verliebt sich in die Tänzerin. Er lässt ihr Blumen in die Garderobe bringen und verabredet sich in einem Café mit ihr. Zuerst argwöhnt sie, dass seine Zuneigung aus dienstlichen Gründen vorgetäuscht sei, aber er kann sie vom Gegenteil überzeugen, und sie erwidert seine Gefühle. Sie gehen einige Male miteinander aus und verbringen schließlich ein ganzes Wochenende miteinander.

Das entgeht Max Bodmer nicht. Am Montagmorgen stellt er seinen Assistenten im Büro zur Rede und versichert, dass er ihm nicht schaden wolle, obwohl er sich von der Antragstellerin habe verführen lassen. Aber er werde über Fräulein Vakulic‘ Versuch, einen Beamten für sich einzunehmen, in seinem Bericht für die Einbürgerungskommission unmissverständlich berichten. Da teilt ihm Moritz Fischer mit, dass Milena Vakulic ihren Antrag zurückziehe, weil sie ein Engagement in Amsterdam erhalten habe. Der Brief mit einer entsprechenden Erklärung sei bereits unterwegs. Dass die anstrengende Überprüfung der Frau umsonst gewesen sein soll, lässt Max Bodmer ausrasten. Sein Zorn richtet sich auf seinen Assistenten. Dem droht er nun doch mit einem Disziplinarverfahren. Aber Moritz Fischer bleibt gelassen: Er habe sein Kündigungsschreiben bereits abgeschickt, sagt er.

Er fliegt mit Milena Vakulic nach Amsterdam. Rückflüge haben sie keine gebucht.

Max Bodmer sucht mit seinem neuen Assistenten einen amerikanischen Musiker (Bill Ramsey) auf, der einen Schweizer Pass beantragt hat. Der spielt zur Begrüßung erst einmal die Schweizer Nationalhymne auf dem Saxophon. Max Bodmer erhebt sich respektvoll, aber als der Amerikaner anfängt, aus dem Thema eine Jazz-Improvisation zu machen, setzt er sich wieder hin.

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Der aus einer Zürcher Industriellenfamilie stammende Autor, Verleger und Politiker James Eduard Schwarzenbach (1911 – 1994), der 1967 bis 1979 dem Nationalrat angehörte und 1971 die Republikanische Partei der Schweiz gründete, glaubte, die Schweiz vor einer Überfremdung bewahren zu müssen und unternahm mehrere Versuche, die gesetzlichen Regelungen entsprechend zu ändern („Schwarzenbach-Initiativen“). In keinem der Kantone bis auf Genf hätte es nach seinen Vorstellungen mehr als 10 Prozent Ausländer geben dürfen. Am 7. Juni 1970 lehnten die Schweizer das mit einer Mehrheit von 54 Prozent der Stimmen ab.

Vor dem realen Hintergrund der Xenophobie und Fremdenfeindlichkeit mokieren sich Rolf Lyssy und Christa Maerker in der sarkastischen, mit Komik und Slapstick durchsetzten Satire „Die Schweizermacher“ über die Praxis der Einbürgerung von Ausländern in der Schweiz. Leider hat das Thema nichts von seiner Aktualität verloren, weder in der Schweiz noch in anderen Ländern. Im Gegenteil: In vielen europäischen Staaten sind nationalistische und rechtspopulistische Kräfte erstarkt, und durch die Flüchtlingskrise erhalten sie weiteren Aufwind.

Gemessen an der Zuschauerzahl (940 000) in der Schweiz gilt „Die Schweizermacher“ als bisher erfolgreichster Schweizer Film.

Paul Steinmann adaptierte den Film „Die Schweizermacher“ 2008 für die Bühne, und Markus Schönholzer komponierte dazu die Musik. Unter der Regie von Stefan Huber und mit Rolf Sommer, Andrea Zoogg, Iréna Flury, Fabio Romano, Hans Neblung und Kerstin Marie Mäkelburg in den Hauptrollen wurde das Musical „Die Schweizermacher“ am 16. September 2010 in der Maag Halle in Zürich uraufgeführt. Weitere rund 130 Vorstellungen folgten bis Ende März 2011.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2016

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In dem Regionalroman "Hunkeler und die Augen des Ödipus" erzählt Hansjörg Schneider zwar bedächtig und unaufdringlich von der Aufklärung eines Verbrechens, aber v. a. vom Alltag eines gelassenen älteren Mannes.
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