W. E.

W. E.

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W. E. – Originaltitel: W. E. – Regie: Madonna – Drehbuch: Alek Keshishian, Madonna – Kamera: Hagen Bogdanski – Schnitt: Danny Tull – Musik: Abel Korzeniowski – Darsteller: Abbie Cornish, Andrea Riseborough, James D'Arcy, Oscar Isaac, Richard Coyle, Natalie Dormer, Annabelle Wallis, Laurence Fox, James Fox, Natalie Gal, Ronan Vibert u.a. – 2011; 115 Minuten

Inhaltsangabe

New York, 1998. Wally Winthrop ist Ende 20 und wünscht sich ein Kind, aber ihr Ehemann, ein erfolgreicher Psychiater, will davon nichts wissen und fühlt sich durch den Kinderwunsch seiner Frau genervt. Bei einer Ausstellung im Vorfeld einer großen Auktion stößt Wally auf Gegenstände aus dem Nachlass von Wallis Simpson und Edward VIII. Während sie die Dinge betrachtet, stellt sie sich Szenen aus der Liebesgeschichte vor, die zur Abdankung des englischen Königs im Jahr 1936 führte ...
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Kritik

"W. E." ein Beispiel für das Prinzip "Style over Substance": Wie in einem überdimensionalen Videoclip reiht Madonna fragmentarische Szenen aneinander, ohne sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen.
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New York, 1998. Wally Winthrop (Abbie Cornish) ist Ende 20 und wünscht sich ein Kind, aber ihr Ehemann William (Richard Coyle), ein erfolgreicher Psychiater, will davon nichts wissen und fühlt sich durch den Kinderwunsch seiner Frau genervt. Heimlich injiziert sie sich ein Fertilitätspräparat, wird jedoch nicht schwanger. Das Ehepaar wohnt in einem Apartment an der Upper East Side. William bleibt oft nächtelang weg und behauptet dann, er habe im Krankenhaus gearbeitet und kurz geschlafen. Doch wenn Wally im Krankenhaus anruft, heißt es, er sei nicht da. Offenbar betrügt er sie. Und wenn sie ihn zur Rede stellt, wird er zornig und schlägt sie.

Vor der Ehe war Wally im Auktionshaus Sotheby’s angestellt. Sie hätte dort gern weitergemacht, aber William wollte keine berufstätige Ehefrau, und sie fügte sich. Zuerst zwang er sie, auf ihr eigenes Einkommen zu verzichten, jetzt wirft er ihr vor, sein Geld auszugeben.

Die Eltern hatten sie nach Wallis Simpson benannt, wohl in der Hoffnung, dass sie ebenfalls einen Prinzen heiraten würde. Bei einer Ausstellung im Vorfeld einer großen Auktion stößt Wally auf Gegenstände aus dem Nachlass des Herzogs und der Herzogin von Windsor, besser bekannt als Wallis Simpson und König Edward VIII.. Jeden Tag streift Wallis durch die Ausstellung und stellt sich vor, welches Leben Wallis Simpson (Andrea Riseborough) führte. Wally malt sich aus, wie Wallis Simpson von ihrem ersten Ehemann Earl Winfield Spencer (Ryan Hayward) 1924 in Shanghai so geschlagen und getreten wurde, dass sie einen Abortus erlitt. 1937 ließ Wallis sich von ihrem zweiten Ehemann Ernest Simpson (David Harbour) scheiden, um Edward (James D’Arcy) heiraten zu können, der im Vorjahr abgedankt hatte und mit ihr ins Exil gegangen war, weil er nicht auf sie verzichten wollte. Wally identifiziert sich mit Wallis. Sie vergleicht das Leid dieser Frau mit ihrem eigenen. Für Wallis Simpson war die außergewöhnliche Liebe des Königs auch eine Art von Gefängnis, und sie wurde wegen dieser Liebesbeziehung von vielen Briten gehasst. Mitunter glaubt Wally, Wallis Simpson säße bei ihr und würde mit ihr reden.

Die regelmäßige Besucherin der Ausstellung fällt dem Sicherheitsmann Evgeni (Oscar Isaac) auf. Er spricht mit ihr, interessiert sich für sie und lädt sie in einer Arbeitspause auf eine Tasse Kaffee ein. Seine Frau sei vor zwei Jahren gestorben, erzählt er. Evgeni nimmt Wally nachts mit in die Ausstellung. Dort zieht er einen Schottenrock an, legt ihr ein Geschmeide um und trinkt mit ihr Champagner, als wären sie Wallis Simpson und Edward VIII. Während der Auktion, die sich über mehrere Tage hinzieht, ermutigt er Wally, ein Paar Handschuhe von Wallis Simpson für über 10 000 Dollar zu ersteigern.

Als Wally am letzten Tag der Auktion wegbleibt, macht Evgeni sich Sorgen um sie und fährt zu ihrer Adresse. Die Wohnungstüre ist nicht verschlossen. Der ukrainische Immigrant geht hinein und findet Wally am Boden kauernd vor. Ihr Mann schlug sie, nachdem er die Abbuchung von 10 000 Dollar auf dem Konto entdeckt hatte. Der Security-Mitarbeiter nimmt Wally mit nach Brooklyn in seine Wohnung. Zu ihrer Überraschung sieht Wally dort volle Bücherregale und einen Konzertflügel. Evgeni liest Rilke und spielt Klavier. Er überlässt Wally das Schlafzimmer und übernachtet selbst auf der Couch. Am Morgen gibt er ihr die Wohnungsschlüssel, damit sie nach eigenem Gusto kommen und gehen kann.

Wally schreibt ihrem Mann einen Abschiedsbrief und stellt sich dabei vor, wie Wallis Simpson ihren zweiten Ehemann 1936 schriftlich um die Scheidung bat.

Als Wally von unveröffentlichten Briefen Wallis Simpsons erfährt, fliegt sie nach Paris und sucht Mohamed Al-Fayed (Haluk Bilginer) auf, der sie besitzt. Sie erklärt dem ägyptischen Milliardär, sie wolle die Liebesgeschichte von Wallis Simpson und Edward VIII. aus der Sicht der Frau verstehen. Er hört sich ihr Anliegen an und verspricht, darüber nachzudenken. Kurz darauf wird sie in seine Villa im Bois de Bologne eingeladen und darf dort die Briefe lesen.

Noch in Paris stellt Wally fest, dass sie schwanger ist. Sie teilt es Evgeni am Telefon mit, und er freut sich.

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Der Titel des Films bezieht sich auf die Initialen von Wallis Simpson und Edward VIII., die ein programmatisches WE (wir) ergeben und auch von den historischen Persönlichkeiten in diesem Sinne benutzt wurden.

Wer von „W. E.“ ein Historiendrama beziehungsweise eine Doppelbiografie erwartet, wird enttäuscht sein. Die Liebesgeschichte von Wallis Simpson und Edward VIII. wird von Madonna nur fragmentarisch in Rückblenden beleuchtet. Im Zentrum steht eine unglückliche junge Amerikanerin 1998 in New York. Aus ihrer Sicht wird alles erzählt. Dabei springt Madonna ständig zwischen den beiden zeitlichen Ebenen hin und her, während Ortsnamen und Jahreszahlen eingeblendet werden. Die Zerstückelung verhindert, dass sich ein Handlungsfluss entwickelt; „W. E.“ wirkt wie eine Aneinanderreihung von Miniszenen in einem Kaleidoskop oder in einem überdimensionalen Videoclip.

Mehrmals begegnen Wallis Simpson und Wally Winthrop sich über örtliche und zeitliche Grenzen hinweg. Einmal ärgert Wallis Simpson sich in London über die neugierig auf der Straße stehende Wally Winthrop. Dann sitzt sie 1998 in New York neben ihr und redet mit ihr. Bei einer solchen Gelegenheit schenkt Wally Wallis die bei der Auktion ersteigerten Handschuhe aus dem Nachlass der Herzogin. Einmal ohrfeigt Wallis Wally und sagt, sie müsse endlich aufwachen.

Makaber ist eine 1972 spielende Szene: Der todkranke Herzog von Windsor liegt mit einer Sauerstoffmaske über Mund und Nase im Bett, und seine 76-jährige Frau tanzt für ihn Twist.

Witziger und gelungener ist eine andere Szene: Als sich die Gäste einer Abendgesellschaft Anfang der Dreißigerjahre schrecklich langweilen, mischt Prinz Edward heimlich das Aufputschmittel Benzedrin in die Drinks. Dann schürzt Wallis Simpson den langen Rock ihres Abendkleids und tanzt mit einer Afrikanerin zu dem Punk-Klassiker „Pretty Vacant“ der Sex Pistols aus dem Jahr 1977.

Edwards Referenz an NS-Größen wird ebenso wie viele andere Themen angerissen, aber Madonna geht auf nichts davon näher ein. Statt Charaktere auszuloten, präsentiert sie Wallis Simpson als Stilikone. Überhaupt ist „W. E.“ ein Beispiel für das Prinzip „Style over Substance“. Um ihren stilistischen Ansprüchen zu genügen, ließ Madonna den Schmuck von Cartier nachmachen und die Kostüme von Dior und Vionnet schneidern. Meisterhaft ist auch Andrea Riseboroughs Maske.

 

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013

Madonna (tabellarische Biografie)
Wallis Simpson und König Edward VIII. (tabellarische Doppelbiografie)

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.