Das Lied der Sperlinge
Das Lied der Sperlinge
Inhaltsangabe
Kritik
Karim (Reza Naji) lebt mit seiner Frau Nargess (Maryam Akbari) und den drei Kindern in einem Dorf bei Teheran und arbeitet auf einer Straußenfarm. Der Umgang mit seiner Frau und den Kindern ist liebevoll. Nur dem neun oder zehn Jahre alten Sohn Hossein (Hamid Aghazi) droht Karim Prügel an, wenn dieser zu sehr mit den Nachbarkindern herumtollt und zu viel Unfug macht. Als seiner 12-jährigen Tochter Haneyeh (Schabnam Akhlaghi) auf dem Weg zum Schulbus die Schuhbänder aufgehen, kniet Karim sich hin und knüpft sie zu.
Eines Tages fällt Haneyeh das Hörgerät in die Zisterne. Karim und die Kinder finden es zwar wieder, aber es funktioniert nicht mehr.
Fast zur gleichen Zeit wird Karim durch den Fehler eines unerfahrenen Kollegen auf der Straußenfarm abgelenkt, und eines der Tiere entkommt deshalb. Karim läuft zwar als Strauß verkleidet durch die Steppe, aber es gelingt ihm nicht, den Ausreißer einzufangen. Er wird entlassen. Der gutmütige Vorarbeiter Ramezan (Hassan Rezaee) schenkt ihm zum Abschied noch ein Straußenei, von dem Nargess Rührei nicht nur für die Familie, sondern auch für die Nachbarn macht.
Karim fährt mit seinem Motorrad in die Stadt. Die Reparatur des kaputten Hörgeräts wäre kaum preiswerter als ein neues Gerät. Er könnte sich auf eine Warteliste setzen lassen, aber er ist nicht versichert und möchte ohnehin, dass Haneyeh bereits bei den in der Schule anstehenden Prüfungen wieder hören kann. Doch woher soll er das Geld nehmen? Während er noch unschlüssig im Sattel seines abgestellten Motorrads sitzt und überlegt, was er tun soll, steigt ein Geschäftsmann auf, der ihn für einen gewerblichen Fahrer hält. So wird Karim unvermittelt zum Motorradtaxifahrer in Teheran. Dabei verdient er sehr viel mehr als auf der Straußenfarm, auch wenn er hin und wieder von einem unverschämten Kunden betrogen oder übervorteilt wird.
Jeden Abend bringt Karim einen weggeworfenen Gegenstand aus Teheran mit: eine Fernsehantenne, Fenster und Türen. Im Lauf der Zeit türmt sich das alles im Innenhof seines Grundstückes auf. Durch die Erfahrungen in der Großstadt und die Schrott-Sammlung verändert Karim sich. Während er bisher großzügig war, entwickelt er nun Raffgier. Als seine Frau einer Cousine eine blau gestrichene Türe schenkt, holt er sie umgehend zurück. Er habe die Türe jemand anderem versprochen, lügt er.
Einmal gehört er zu einem Dutzend Aushilfsfahrern, die für ein Elektrogeschäft Geräte ausfahren sollen. Man packt ihm einen Kühlschrank auf den Gepäckträger. Unterwegs verliert er den Anschluss zu den anderen. Er findet die Gruppe nicht mehr und nimmt den Kühlschrank mit nach Hause. Am nächsten Tag bietet ihm ein Elektrohändler Geld dafür, und Karim kommt in Versuchung, den Kühlschrank, der ihm nicht gehört, zu verkaufen. Am Ende bringt er jedoch das Gerät in das Geschäft zurück, das ihn am Vortag als Ausfahrer losschickte. Der Geschäftsführer staunt über seine Ehrlichkeit und stellt ihn als Transporteur ein.
Eines Tages entdeckt er auf dem Heimweg seinen Sohn Hossein, der mit anderen Kindern zusammen am Straßenrand Blumen verkauft. Zornig stellt Karim sein Motorrad ab und tritt die Gefäße mit den Blumen um. Die Kinder glauben, durch eine Fischzucht in der Zisterne Millionäre werden zu können. Um das Geld für den Kauf der Fische zu verdienen, fingen sie an, Blumen zu verkaufen. Das hält Karim für Unfug.
Als Karim auf der Halde in seinem Innenhof herumklettert, stürzt er mit einem Stapel Schrott um und bricht sich das linke Bein, verletzt sich am Kopf und an der Hand. Ans Bett gefesselt, muss er zusehen, wie Nargess und die Kinder mit Unterstützung von Nachbarn und Verwandten tatkräftig für den Lebensunterhalt sorgen. Sie tragen auch das Gerümpel fort und räumen den Innenhof auf.
Sein Cousin Abbas (Kamran Dehghan), der eine Gärtnerei betreibt, lässt sich von den Kindern beim Ausfahren der Pflanzen helfen und bezahlt sie dafür, damit sie für die Fische sparen können.
Als sie den erforderlichen Geldbetrag beisammen haben, nehmen sie eine Plastiktonne mit vielen Fischen auf Abbas‘ Lieferwagen mit. Während sie Pflanzen abladen, merken sie, dass das Wasser durch ein Loch in der Tonne herausströmt. Mit Mühe heben die Kinder die Tonne von der Ladefläche, um Wasser nachzufüllen. Im Eifer kippen sie die Tonne jedoch um und die Fische zappeln auf dem Boden. Weil die Tonne nun einen noch größeren Riss hat, bleibt den Kindern nichts anderes übrig, als die Fische in den nahen Kanal zu fegen. Nur einen einzigen Fisch nehmen sie in einem mit Wasser gefüllten Plastikbeutel mit und setzen ihn in der Zisterne aus.
Ein in der Zisterne nistender Sperling verfliegt sich in Karims Zimmer und prallt immer wieder gegen die Fensterscheibe, bis Karim die Terrassentüre öffnet.
Ramezan kommt vorbei. Karim ist zwar nicht in der Lage, ihm das Hoftor zu öffnen, aber Ramezan hat auch nur vor, ihm mitzuteilen, dass der entlaufene Strauß eingefangen wurde.
Trotz des Gipsbeines fährt Karim mit dem Motorrad zur Straußenfarm und schaut einem der Tiere bei der Balz zu.
Er hat gelernt, dass es nicht auf Geld und Besitz ankommt, sondern auf Familie, die Solidarität von Freunden und Verwandten, Menschlichkeit, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)„Das Lied der Sperlinge“ ist eine Tragikomödie des iranischen Drehbuchautors, Regisseurs und Schauspielers Majid Majidi (* 1959).
Ein einfacher, nicht besonders religiöser Mann vom Land, der liebevoll für seine Frau und die Kinder sorgt und die zwölfjährige Tochter zur Schule schickt, erleidet einiges an Missgeschick, ohne seine Gutmütigkeit und Zuversicht zu verlieren. Aber durch die Konfrontation mit dem hektischen Großstadtleben in Teheran droht sich der großherzige Arbeiter zu einem raffgierigen Kleinunternehmer zu entwickeln. Am Ende lernt er, dass es nicht auf Geld und Besitz ankommt, sondern auf Familie, die Solidarität von Freunden und Verwandten, Menschlichkeit, Mitgefühl und Hilfsbereitschaft. Mit „Das Lied der Sperlinge“ veranschaulicht Majid Majidi auf unprätentiöse Weise den Umbruch einer Gesellschaft zwischen Tradition und Moderne.
Eine wohltuende Oase inmitten all der wuchtigen US-Epen und verkopften europäischen Psychodramen auf der Berlinale. Seine Bildsprache erfüllt eine Sehnsucht, die durch opulente Inszenierungen und Spezialeffekte offenbar nicht befriedigt werden kann. Majidi spielt viel mit Symbolik, doch er lässt dem Zuschauer zugleich Raum zum Denken, zum Träumen, zum In-die-Leinwand-Steigen. (Carolin Stöbele, „Die Zeit“, 11. Februar 2008)
Reza Naji erhielt auf der Berlinale 2008 einen Silbernen Bären. „Das Lied der Sperlinge“ wurde als offizieller iranischer Beitrag für die „Oscar“-Nominierung in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film ausgewählt.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013