Muxmäuschenstill

Muxmäuschenstill

Muxmäuschenstill

Originaltitel: Muxmäuschenstill – Regie: Marcus Mittermeier – Drehbuch: Jan Henrik Stahlberg – Kamera: David Hofmann – Schnitt: Sarah Clara Weber – Musik: Phirefones, Markus Metzler – Darsteller: Jan Henrik Stahlberg, Fritz Roth, Wanda Perdelwitz, Joachim Kretzer, Lydia Stange, Kathrin Spielvogel, Markus von Lingen, Wolfgang Grindemann, Jürgen Ruoff, Milena Dreißig, Sybille Wagner, Dieter Dost, Holger Gronemann, Sándor Söth, Mehmet Yilmaz, Uli Schickentanz, Dirk Wächter u.a. – 2003; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Aus Wut über die fehlende Solidarität und den Sittenverfall in der Gesellschaft führt Mux in Berlin einen Kreuzzug gegen Missetäter aller Art. Der selbstgefällige Weltverbesserer beruft sich auf Immanuel Kant, ohne zu merken, dass sein eigenes Verhalten nicht dem kategorischen Imperativ entspricht, sondern faschistische Züge aufweist. Tatkräftig baut Mux die Aktion zu einem florierenden Unternehmen aus ...
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Kritik

Die Grundidee der Groteske "Muxmäuschenstill" ist originell, aber im Film wurden zu viele Episoden aneinandergereiht, die nichts Neues zum Inhalt beitragen und auch nicht so witzig sind, dass man sie deshalb gern anschauen würde.
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Mux (Jan Henrik Stahlberg) ist Anfang dreißig und wütend über die fehlende Solidarität in der Gesellschaft, über Kälte und Rücksichtslosigkeit, Sittenverfall und Verblödung. Deshalb führt er in Berlin einen Kreuzzug gegen Missetäter. Raser überholt er, zwingt sie zum Anhalten und nimmt ihnen außer Geld auch das Lenkrad ab. Der Weltverbesserer stellt Spanner, Exhibitionisten, Päderasten, Fixer, Schwarzfahrer und Leute, die die Straße bei Rot überqueren, wobei er bei einem Rollstuhlfahrer (Uli Schickentanz) keine Ausnahme macht. Hundebesitzer zwingt er, die Haufen ihrer Köter mit den Fingern von der Straße zu entfernen oder drückt ihnen – wenn es sich um „Wiederholungstäter“ handelt – das Gesicht in die Hundekacke. Dass ein vor ihm fliehender Graffiti-Sprüher von einem Zug erfasst und getötet wird, bedauert er. Mux prangert Schwimmbad-Besucher an, die ins Wasser urinieren (Dirk Wächter) und warnt ein Mädchen (Milena Dreißig), das sich von ihm für 50 Euro küssen lässt davor, zur Prostituierten zu werden. Er greift bei Vergewaltigungen ein und redet einem Mann ins Gewissen, der gerade seine Frau und seine Kinder ermordet hat (Jürgen Ruoff). Eine junge Frau (Kathrin Spielvogel) , die in einem Geschäft einen gestohlenen Büstenhalter unter der Bluse trägt, nimmt er mit in eine Umkleidekabine und zwingt sie, das Wäschestück wieder abzulegen. Dass er sich beim Anblick ihrer nackten Brüste erregt fühlt, irritiert den selbstgefälligen Idealisten, der auf seinem Nachttisch ein Buch von Immanuel Kant liegen hat und an den kategorischen Imperativ glaubt, ohne zu merken, dass sein eigenes Verhalten Kants Vorstellungen widerspricht.

Es gibt für Mux so viel zu tun, dass er zunächst den Langzeitarbeitslosen Gerd (Fritz Roth) einstellt, der es ihm nun abnimmt, die Delinquenten und deren Bestrafung zu Dokumentationszwecken mit einer Videokamera aufzunehmen. Nachdem das Fernsehen über den Weltverbesserer berichtet hat, mietet Mux Büroräume und baut seine Aktion zu einem florierenden Unternehmen mit mehr als einem Dutzend Mitarbeitern aus. Nur das Manifest über seinen Kreuzzug, an dem er seit längerer Zeit arbeitet, will ihm nicht gelingen.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Ein klein wenig Privatleben gönnt auch Mux sich: Wenn er nicht am Ufer eines Sees sitzt und den Enten zusieht, führt er die junge Kellnerin Kira (Wanda Perdelwitz) zum Essen aus oder zeigt ihr zu Hause Antonioni-Filme. Obwohl er in sie verliebt ist, unterlässt er es, sie zu küssen oder zu berühren. Das würde viel zerstören, erklärt er Kira, die sich über den Sonderling wundert. Mux sieht in ihr die Verkörperung seines Frauenideals: Ein Mädchen, das sich für ihn aufspart. Als er sie bei einem Volksfest dabei ertappt, wie sie in einer Ecke vor einem anderen Mann kniet und dessen Penis im Mund hat, bricht für ihn eine Welt zusammen. Kurz darauf sitzt er mit ihr auf einer einsamen Bank, und sie lehnt ihren Kopf an seine Schulter. Da hält er ihr seine Pistole an den Kopf und erschießt sie. Eigentlich wollte er sich als Nächstes auch selbst das Leben nehmen, aber das bringt er nicht fertig.

Statt sich der Polizei zu stellen, lässt Mux von seinem Assistenten Gerd ein Grab für Kira im Wald schaufeln, vertraut sein Berliner Unternehmen einem Mitarbeiter namens Björn (Joachim Kretzer) an und fliegt mit Gerd nach Rom, um dort eine italienische Filiale aufzubauen. Als er sich auf einer Landstraße einem Raser in den Weg stellt, um ihn aufzuhalten, wird er totgefahren.

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In der Groteske „Muxmäuschenstill“ thematisieren Jan Henrik Stahlberg (Drehbuch, Hauptrolle) und Marcus Mittermeier (Regie) das Unbehagen an der deutschen Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrtausends. Wut und Selbstjustiz des Protagonisten Mux erinnern ein wenig an Travis Bickle in „Taxi Driver“. Der Idealist Mux, der Denunzianten bezahlt und seine Mitbürger überwacht, manipuliert und bestraft, beruft sich auf einen falsch verstandenen kategorischen Imperativ und merkt nicht, dass sein Kreuzzug faschistische Züge aufweist.

Die Grundidee ist zweifellos originell, aber im Film wurden zu viele Episoden aneinandergereiht, die nichts Neues zum Inhalt beitragen und auch nicht so witzig sind, dass man sie deshalb gern anschauen würde. Weniger wäre mehr gewesen. (Allerdings hätte es dann nicht für einen abendfüllenden Kinofilm gereicht.)

„Muxmäuschenstill“ ist das Spielfilmdebüt des Schauspielers und Theaterregisseurs Marcus Mittermeier. Gedreht wurde mit zwei digitalen Handkameras in dreieinhalb Wochen in und um Berlin herum, und der Film kostete nicht mehr als 40 000 Euro.

Für „Muxmäuschenstill“ gab es 2004 den Max-Ophüls-Preis und einen Deutschen Filmpreis in der Kategorie Schnitt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.