Münchhausen-Stellvertreter-SyndromMunchhausen by Proxy (MBP)


Das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom (Munchhausen by Proxy, MBP) wurde erstmals 1977 von dem englischen Pädiater Roy Meadows von der Universität Leeds im Fachblatt „The Lancet“ beschrieben.

Es handelt sich um eine seltene psychische Erkrankung, bei der eine Person bei einer anderen bewusst oder unbewusst Krankheiten vortäuscht oder herbeiführt und sie dann zu einem Arzt bringt, wobei die Ursachen – etwa Medikamente oder falsche Ernährung – verschwiegen werden.

In den meisten Fällen ist die an einem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom leidende Person eine fürsorgliche Mutter bzw. Pflegemutter. Beim Opfer handelt es sich häufig um ein Kind. Die Ärzte, die ja nicht von vornherein annehmen, dass die Mutter sie zu täuschen versucht, sind oft ratlos, weil sie für die Beschwerden, mit denen das Kind eingeliefert wird, keine Ursachen finden. Wenn die Symptome beim Kind während der Beobachtung im Krankenhaus abklingen und Blutwerte sich normalisieren, kann das ein Indikator für das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom sein. Weil die am Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom erkrankte Person in der Regel abstreitet, dem Kind Medikamente verabreicht zu haben, ist es recht schwierig, die Diagnose zu stellen.

Roy Meadows glaubte, das am Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom Erkrankte absichtlich oder unbewusst versuchen, sich mehr Aufmerksamkeit, Zuwendung und Anerkennung zu verschaffen. Das Opfer wird also von der psychisch kranken Person instrumentalisiert. Wenn es sich – wie in den meisten Fällen – beim Opfer um ein Kind handelt, liegt eine bizarre Form der Kindesmisshandlung vor.

Roy Meadows ist allerdings recht umstritten. Einige Psychiater bezweifeln, dass es das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom überhaupt gibt.

Jonathan Kellermann (* 1950) thematisierte das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom in seinem 1993 veröffentlichten Kriminalroman „Devil’s Waltz“ (deutsch: „Exit“, 1994).

Die Filme „Tatort. Der schwarze Troll“ (2003), „Glass House. The Good Mother“ (2006) und „Schattenkinder“ (2007) drehen sich ebenfalls um das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom.

Tatort. Der schwarze Troll – Regie: Vanessa Jopp, Christoph Valentien – Drehbuch: Thea Dorn – Kamera: Judith Kaufmann – Schnitt: Elke Schloo – Musik: Loy Wesselburg – Darsteller: Sabine Postel, Judith Engel, Mathias Herrmann, Marek Harloff, Oliver Mommsen, Camilla Renschke, Josefin Gröne, Rolf Hoppe, Daniel Hajdu, Ernst Stötzner, Patricia Hirschbichler, Alexandra Henkel, Elena Meißner, Matthias Brandt, Winfried Hammelmann, Klaus Schumacher u. a. – 2003

Glass House. The Good Mother – Regie: Steve Antin – Drehbuch: Brett Merryman, nach Figuren von Wesley Strick – Kamera: Bobby Bukowski – Schnitt: Joan Sobel – Musik: Steven Gutheinz – Darsteller: Jason London, Joel Gretsch, Angie Harmon, Bobby Coleman, Jordan Hinson, Tasha Smith, Tim Cooney, Adam Tomei, Robert Merrill, Cyia Batten u. a. – 2006; 90 Minuten

© Dieter Wunderlich 2008

Claudia Prietzel und Peter Henning: Schattenkinder

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.