Delphinsommer

Delphinsommer

Delphinsommer

Originaltitel: Delphinsommer – Regie: Jobst Christian Oetzmann – Drehbuch: Regine Bielefeldt – Kamera: Volker Tittel – Schnitt: Christel Suckow – Musik: Fabian Römer und Dieter Schleip – Darsteller: Anna Maria Mühe, Birge Schade, Samuel Finzi, Sophie Rogall, Tino Mewes, Lena Stolze, Claire Oelkers, Angelika Sperling, Delia Deborah Wagner u.a. – 2005; 85 Minuten

Inhaltsangabe

Nathalie gehört wie ihre Mutter und ihr Stiefvater der "Kirche des Herrn" an. Als sie 16 ist, zieht die Familie aus der Provinz nach Berlin, und das Mädchen wechselt von einer Nonnenschule auf ein staatliches Gymnasium. Dadurch wird Nathalie mit der Tatsache konfrontiert, dass sie anders ist als ihre Mitschülerinnen. Sie befreundet sich mit Sibille, die ebenfalls in der "Kirche des Herrn" ist, aber eigene Wege gehen will, sobald sie mündig ist ...
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Kritik

Jobst Christian Oetzmann hat überzeugendere Filme inszeniert, aber sehenswert ist "Delphinsommer" durchaus, nicht zuletzt wegen der schauspielerischen Leistung von Sophie Rogall.
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Als Nathalie zwei Jahre alt war, trennten sich ihre Eltern Caroline und Michael Scholl. Nachdem Caroline weitere zwei Jahre später den Juristen Gregor Wagner geheiratet hatte, ein engagiertes Mitglied der „Kirche des Herrn“, versuchte Michael, das Sorgerecht für seine Tochter zurückzubekommen, aber er scheiterte vor Gericht, und Caroline unterband von da an jeden Kontakt zwischen Vater und Tochter. Familie Wagner lebte in der Nähe von Stuttgart, wo Nathalie eine Nonnenschule besuchte. Mit sechzehn bekam Nathalie eine Stiefschwester.

Sarah ist noch ein Baby, als Gregor Wagner (Samuel Finzi) mit seiner Frau (Birge Schade) und den Kindern als führendes Mitglied der „Kirche des Herrn“ nach Berlin zieht.

Nathalie (Anna Maria Mühe) wechselt auf ein staatliches Gymnasium. Sie nimmt nicht an der Tanzgymnastik teil und weigert sich, das Buch zu lesen, das die Klasse im Deutschunterricht durchnimmt – „Crazy“ von Benjamin Lebert –,denn moderne Literatur ist in der „Kirche des Herrn“ verpönt. Dementsprechend geht Nathalie auch nicht mit der Klasse ins Kino, um die Verfilmung des Romans durch Hans-Christian Schmid anzuschauen („Crazy“). Auch durch ihre altbackene Kleidung unterscheidet Nathalie sich von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern, die sie denn auch ausgrenzen. Nur der Arztsohn Gabriel (Tino Mewes) und die Türkin Yildiz (Claire Oelkers) versuchen, mit Nathalie in Kontakt zu kommen, werden aber immer wieder von ihr abgeblockt.

Freundschaften mit Personen, die nicht der eigenen Glaubensgemeinschaft angehören, werden in der „Kirche des Herrn“ nicht gern gesehen. Statt mit Yildiz oder Gabriel befreundet Nathalie sich mit der gleichaltrigen Sibille (Sophie Rogall), die nicht mehr zur Schule geht, sondern in einer Frittenbude arbeiten muss. Sibille rebelliert gegen die Bevormundung in der „Kirche des Herrn“. Sie möchte gern Krankenschwester werden und ist entschlossen, ihre verbitterte Mutter Margot (Lena Stolze) und die Kirche zu verlassen, sobald sie mündig geworden ist.

Caroline nimmt Nathalie mit zur Missionierung. Sie klingeln bei einer Frau, die gerade ihre Mutter verloren hat. Caroline lügt, sie könne den Schmerz der anderen gut verstehen, weil ihre Mutter an der gleichen Krankheit gestorben sei. Nathalie stellt ihre Mutter später entsetzt zur Rede. Caroline antwortet: „Manchmal führt der Weg zur Wahrheit über die Lüge.“

Als Nathalie einmal auf einer Anlagenbank sitzt, spricht ein Mann sie an. Es ist ihr Vater Michael Scholl. Nachdem er erfahren hatte, dass sie in Berlin ist, rief er alle Schulen an, bis er sie fand. Er gratuliert seiner Tochter, die an diesem Tag siebzehn Jahre alt geworden ist, zum Geburtstag und drückt ihr eine Karte mit der Adresse des von ihm betrieben Cafés in die Hand. Dann verabschiedet er sich wieder, denn er spürt, wie verstört Nathalie auf die Begegnung reagiert.

Gabriel, der sich weiter um Nathalie bemüht, lernt durch sie Sibille kennen. Um Sibille zu helfen, redet er mit seinen Eltern, die für sie einen Ausbildungsplatz in einem Krankenhaus in Zürich auftun und ihr ein Flugticket besorgen. Doch Margot entdeckt den Flugschein, sperrt Sibille ein und alarmiert „Bruder“ Gregor. Verzweifelt stürzt Sibille sich aus dem Fenster.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Schockiert über den Tod ihrer Freundin, verplappert Nathalie sich bei ihren Eltern. So erfährt Gregor, dass sie von Sibilles Plänen wusste und weder ihm noch einem anderen Mitglied der „Kirche des Herrn“ davon erzählte. Wegen Nathalies Fehlverhaltens habe er Sibille nicht rechtzeitig auf den richtigen Weg zurückbringen können. Deshalb sei Nathalie Schuld an Sibilles Selbstmord, behauptet er.

Mit Gabriel zusammen sucht Nathalie ihren Vater auf. Gregor erfährt davon, schlägt seine Stieftochter und sperrt sie ein. Als sie erneut Stubenarrest bekommt, weil sie in der Schule an der Tanzgymnastik teilgenommen hat, reißt sie aus und sucht Zuflucht bei Michael, aber Gregor lässt sie von dort mit der Polizei abholen und zeigt Michael an. Wieder wird Nathalie geschlagen und eingesperrt.

Die Misshandlungen ihrer Tochter schockieren Caroline. Sie schließt Nathalies Tür auf, verabschiedet sich von ihr und lässt sich von Gregor unter dem Vorwand, Sarah sei krank, mit dem Baby in eine Klinik fahren, damit Nathalie von Michael und Gabriel abgeholt werden kann. Erst im Krankenhaus gesteht Caroline ihrem Mann, dass sie ihn getäuscht hat.

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In dem Fernsehdrama „Delphinsommer“ erzählen Regine Bielefeldt (Drehbuch) und Jobst Christian Oetzmann (Regie) von einem Mädchen, das in einer bigotten Sekte aufgewachsen ist und sich in der Gemeinschaft zu Hause fühlt. Dass die Mitglieder bevormundet und sowohl durch psychologische Manipulation als auch durch Schläge und Ohrfeigen diszipliniert werden, beginnt sie erst mit siebzehn kritisch zu sehen. Als sie versucht, ihren persönlichen Weg zu gehen und ihre eigene Identität zu finden, droht sie, an der Repression der Gemeinde zu scheitern.

Der Titel bezieht sich auf die einzige Erinnerung, die Nathalie an ihren leiblichen Vater Michael hatte: den Besuch in einem Delphinarium.

Jobst Christian Oetzmann hat überzeugendere Filme inszeniert, aber sehenswert ist „Delphinsommer“ durchaus, nicht zuletzt wegen der schauspielerischen Leistung von Sophie Rogall in der Rolle der rebellischen Sibille.

„Delphinsommer“ wurde erstmals am 6. April 2005 im Ersten Programm ausgestrahlt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

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