9 Songs

9 Songs

9 Songs

Originaltitel: 9 Songs (Nine Songs) – Regie: Michael Winterbottom – Drehbuch: Michael Winterbottom – Kamera: Marcel Zyskind – Schnitt: Mat Whitecross, Michael Winterbottom – Musik – Darsteller: Kieran O'Brien, Margo Stilley u.a. – 2004; 70 Minuten

Inhaltsangabe

Während der britische Forscher Matt nach einem Urlaub zurück in die Antarktis fliegt, erinnert er sich an die vergangenen Wochen, die er mit einer amerikanischen Austauschstudentin in London verbrachte. Sie besuchten Rockkonzerte, und die meiste Zeit verbrachten sie in Matts Apartment mit Sex.
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Kritik

Das Besondere an "9 Songs" sind explizite Sexszenen, der Verzicht auf eine Handlung und die radikale Reduzierung auf drei Elemente: Live-Konzert, Bett, Eiswüste.
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Während der britische Forscher Matt (Kieran O’Brien) nach einem Urlaub zurück in die Antarktis fliegt, erinnert er sich an die vergangenen Wochen, die er in London verbrachte.

Bei einem Rockkonzert in der „Brixton Academy“ hatte er die amerikanische Austauschstudentin Lisa (Margo Stilley) kennen gelernt. „Sie war einundzwanzig, wunderschön, egoistisch, sorglos und verrückt.“ Gemeinsam besuchten sie weitere Rockkonzerte, und die meiste Zeit verbrachten sie in Matts Apartment mit Sex. Zu sagen hatten sie sich wenig; ihre Kommunikation erfolgte sozusagen über ihre Körper und das gemeinsame Musikerlebnis.

Als Lisas Studienjahr in London um war und sie nach New York zurückflog, verabschiedeten sie sich ohne große Szene.

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Das in „9 Songs“ gezeigte Geschehen spielt sich in der Erinnerung eines Mannes ab, der in die Antarktis fliegt. Es beschränkt sich darauf, dass wir ihn und eine Frau zu Rockkonzerten begleiten und ihnen beim Sex zusehen. Die Sexspiele der beiden sind nicht besonders ausgefallen; sie beschränken sich auf Fellatio, Cunnilingus und Koitus, Augenbinde und Handfesseln – alles ohne akrobatische Stellungen. Hin und wieder schnupfen sie auch Kokain oder sitzen am Tisch und essen.

Das Besondere an „9 Songs“ ist die radikale Reduzierung auf drei Elemente: Live-Konzert, Bett, Eiswüste. Ein detailliertes Drehbuch gab es nicht; die beiden Laiendarsteller Kieran O’Brien und Margo Stilley improvisierten. Längere Dialoge brauchten sie ohnehin nicht zu sprechen. „9 Songs“ wirkt denn auch beinahe wie ein Homevideo. Michael Winterbottom (*1961) legte offenbar Wert darauf, die Sexszenen so realistisch und unromantisch wie möglich aufzunehmen. Cunnilingus im Close-up, eine halbnah gefilmte Ejakulation und der Blick auf einen Penis beim Koitus waren sowohl im Mainstream-Kino als auch im deutschen Free-TV ein Novum (Kinostart: 20. Januar 2005; Erstausstrahlung auf 3sat: 8. Januar 2008). In Großbritannien sprach man denn auch vom „most explicit theatrical feature by a mainstream director“.

Sexuell explizite Szenen haben im Autorenkino eine lange und in den letzten Jahren zunehmend selbstverständliche Tradition – von Jean Eustaches „Die Mama und die Hure“, Nagisa Oshimas „Im Reich der Sinne“ bis zu Catherine Breillats „Romance“ – sodass es glücklicherweise obsolet geworden ist, solche Filme gegen den Pornografie-Vorwurf verteidigen zu müssen. Winterbottom will nicht mit sexuellen Details provozieren, er versucht das Waghalsigere: die Liebesgeschichte durch die innere Konfiguration des Liebesspiels hindurch zu erzählen. Und das gelingt ihm mit derselben schwebenden Eleganz und demselben flirrenden Elan, mit denen Truffaut einen Flirt auf den Champs-Elysées filmen konnte. (Rainer Gansera, Süddeutsche Zeitung, 20. Januar 2005)

Manche Kritiker assoziierten „9 Songs“ mit „Der letzte Tango in Paris“. Aber Bernardo Bertolucci erzählt in seinem Film eine quälende Geschichte, während die Figuren bei Michael Winterbottom austauschbar bleiben und wir nichts über ihre Vergangenheit erfahren, weil sie beliebig ist. Im Gegensatz zu „9 Songs“ hat „Der letzte Tango in Paris“ eine Handlung. Abgesehen davon lassen sich die beiden Laiendarsteller Kieran O’Brien und Margo Stilley nicht mit dem grandiosen Schauspielerpaar Marlon Brando und Maria Schneider vergleichen.

Angeblich wollte Michael Winterbottom zunächst den Roman „Plattform“ von Michel Houellebecq verfilmen, doch am Ende entschied er sich für einen eigenständigen Plot.

Die neun Songs, alle bei Live-Konzerten in der Brixton Academy in London aufgenommen:

  • Black Rebel Motorcycle Club: Whatever Happened to My Rock’n’Roll
  • The Von Bondies: C’Mon, c’Mon
  • Elbow: Fallen Angel
  • Primal Scream: Movin‘ On Up
  • The Dandy Warhols: You Were The Last High
  • Super Furry Animals: Slow Life
  • Franz Ferdinand: Jacqueline
  • Michael Nyman: Nadia
  • Black Rebel Motorcycle Club: Love Burns
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008

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