Code 46

Code 46

Code 46

Originaltitel: Code 46 – Regie: Michael Winterbottom – Drehbuch: Frank Cottrell Boyce – Kamera: Alwin Kuchler, Marcel Zyskind – Schnitt: Peter Christelis – Musik: Joshua Hyams, Mark Revel – Darsteller: Tim Robbins, Samantha Morton, Om Puri, Jeanne Balibar, Togo Igawa, Essie Davis u.a. – 2003; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Der Versicherungsdetektiv William soll einen in der Belegschaft einer Großdruckerei vermuteten Passfälscher aufspüren. Rasch identifiziert er die 25-jährige Angestellte Maria als Täterin, aber statt sie zu entlarven, lädt er sie zum Essen ein und schläft mit ihr. Einige Zeit später erfährt er, dass Maria von ihm schwanger gewesen war, aber von den Behörden einer zwangsweisen Abtreibung unterzogen wurde, weil die Zeugung gegen Code 46 verstoßen hatte ...
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Kritik

Die beklemmende Zukunftsvision "Code 46" überzeugt vor allem als visuelles Erlebnis mit durchgestylten Bildern und einer besonders ruhig geführten Kamera.

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Ein Papelle ist ein Visum, auf dem auch der genetische Code des Besitzers gespeichert ist. Nur wer von den Behörden so ein Dokument bekommt, darf die Grenzkontrollen zu den Metropolen passieren. Personen ohne Pass leben in den Wüsten außerhalb der Städte und müssen zusehen, wie sie sich vor der Sonne schützen. Weil der Aufenthalt im Freien wegen der zerstörten Ozonschicht gefährlich ist, schlafen die Menschen in der Regel tagsüber und gehen nachts ihren Beschäftigungen nach. Der Nachwuchs wird weitgehend geklont. Kompromisslos wird darauf geachtet, dass aus Ei- und Samenzellen, deren genetischer Code zu 50 Prozent oder mehr übereinstimmt, keine Kinder gezeugt werden. Geschieht es trotzdem, veranlassen die Behörden eine zwangsweise Abtreibung, und wenn eine Zeugung erfolgt, obwohl das Paar von der genetischen Übereinstimmung wusste, wird es hart bestraft. So steht es in Code 46.

William Geld (Tim Robbins) lebt mit seiner Frau Sylvie (Jeanne Balibar) und seinem kleinen Sohn Jim (Taro Sherabayani) in Seattle. Es handelt sich um eine glückliche Familie der Mittelklasse. William arbeitet als Detektiv für eine Versicherung. Gerade fliegt er nach Shanghai. Dort soll er in der Großdruckerei „Sphinx“ einen in der Belegschaft vermuteten Papelle-Fälscher ausfindig machen. Da William auf einem Empathie-Virus ist, der es ihm ermöglicht, Gedanken seiner Gesprächspartner zu lesen, identifiziert er rasch die fünfundzwanzigjährige Maria Gonzales (Samantha Morton) als Täterin. Doch statt sie zu entlarven, folgt er ihr nach Dienstschluss und lädt sie zum Essen ein.

Im Restaurant lässt er sie wissen, dass er sie durchschaut hat. Vor seinen Augen händigt Maria einen der von ihr gefälschten Pässe einem Mann namens Damian Alekan (David Fahm) aus, der davon träumt, nach Indien zu reisen und dort Fledermäuse zu beobachten. Acht Jahre lang hat er sich vergeblich um ein echtes Papelle bemüht.

William und Maria schlafen miteinander. Am nächsten Tag muss William zu seinem Flugzeug, und in Seattle wird er von Sylvie und Jim freudig empfangen.

Einige Zeit später ruft ihn seine Chefin (Shelley King) an: Ein gewisser Damian Alekan ist in Indien an einem Fledermausbiss gestorben, denn er litt an der Bluterkrankheit. Um ihn vor so einem Tod zu bewahren, hatten ihm die Behörden ein Papelle verweigert. Aber er war mit einem in der Druckerei „Sphinx“ gefälschten Papelle gereist. William, der seine Aufgabe beim ersten Mal offenbar nicht erledigt hat, wird also noch einmal nach Shanghai beordert.

Nach seiner Ankunft bei „Sphinx“ fragt er nach Maria, aber sie ist nicht da. Es heißt, sie habe ein „Körperproblem“. William findet heraus, dass sie in einem 170 km entfernten Krankenhaus liegt. Sie war schwanger. Weil sie gegen Code 46 verstoßen hatte, wurde die Schwangerschaft abgebrochen und ihre Erinnerung an den Mann, der das Kind gezeugt hatte, getilgt. Unter dem Vorwand, in einem Betrugsfall zu ermitteln und Maria als Zeugin befragen zu müssen, dringt William zu ihr vor. Obwohl sie ihn für einen Fremden hält, verlässt sie mit ihm das Krankenhaus, und er bringt sie nach Hause.

Als er nach Seattle zurückfliegen will, erklärt ihm die Angestellte am Check In, sein Papelle sei nicht mehr gültig.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Daraufhin kehrt William zu Maria zurück und bittet sie, ihm ein gefälschtes Ausreise-Papelle zu besorgen.

Maria bringt es ihm nach Dienstschluss zum Airport. Doch statt die Maschine nach Seattle zu nehmen, fliegt William mit Maria in den Orient. Dabei weiß er inzwischen, dass es sich bei Maria um eine genetische Kopie seiner Mutter handelt, die er nie gesehen hat, weil er bei Pflegeeltern aufwuchs.

Da man Maria einen Virus einsetzte, der ihren Körper vor jeder Berührung des Mannes zurückschrecken lässt, der das Kind gezeugt hatte, lässt sie sich vor dem Liebesspiel von William aufs Bett fesseln. Am nächsten Tag folgt sie einem inneren Zwang, ruft die Behörde an und meldet einen weiteren Verstoß gegen Code 46. William besorgt auf der Stelle einen Leihwagen und flüchtet mit ihr, doch bei der Raserei verliert er die Kontrolle über das Fahrzeug, und sie überschlagen sich, aber sie kommen mit leichten Verletzungen davon. Das Wrack wird von einem Hubschrauber der Behörden entdeckt.

William kommt vor ein Tribunal. Weil man seinen Verstoß gegen Code 46 auf den Empathie-Virus zurückführt, lässt man Gnade vor Recht walten und löscht nur seine Erinnerung an Maria. Als er zu sich kommt, glaubt er, einen Betrugsfall in Shanghai gelöst und auf dem Weg zum Airport einen Unfall mit seinem Leihwagen gehabt zu haben. Er freut sich, dass Sylvie und Jim ihn abholen.

Maria wird verbannt. Wie eine Nomadin wandert sie durch eine Wüste. Als Strafverschärfung beließ man ihr die Erinnerung an ihre große Liebe.

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Obwohl es sich bei „Code 46“ um Science Fiction handelt, wurde der Film nicht in einer futuristischen Kunstwelt gedreht, sondern in der heutigen Realität, im bunten Neonlicht von Großstädten, in sterilen, überall gleich aussehenden Büroräumen, Hotels und Abfertigungsgebäuden von Flugplätzen. Kühle, durchgestylte Bilder und eine kaum bewegte Kamera evozieren eine triste Atmosphäre, die noch verstärkt wird durch die traurige Stimme Marias aus dem Off, die in der zweiten Person Singular zu dem verlorenen Geliebten spricht, aus dessen Perspektive die beklemmende Geschichte gezeigt wird. Ein wenig hölzern wirkt es, dass die in dieser Zukunftsvision gesprochene Sprache mit spanischen und französischen Ausdrücken durchsetzt ist. „Code 46“ überzeugt weniger durch die Handlung oder die Dialoge, sondern ist vor allem ein visuelles Erlebnis.

[…] aber der Plot ist bei Winterbottom nur spielerischer Vorwand für eine Suche nach Bildern, in denen er der grandiosen Tristesse der City-Kulisse die zarten Gesten der Liebenden entgegensetzen kann. Gerade weil er die Leidenschaft der beiden nicht melodramatisch aufschäumt, sondern in einem eher schüchternen Tasten nach Nähe formuliert, gewinnen seine Bilder traumhafte Klarheit. (Rainer Gansera, Süddeutsche Zeitung, 3. März 2005)

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007

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