Alois Alzheimer

 

Alois Alzheimer, Biografie

Alois Alzheimer wurde am 14. Juni 1864 in Marktbreit (Unterfranken) als Sohn des Notars Eduard Alzheimer und dessen zweiter Ehefrau Barbara Theresia geboren. (Barbara Theresia Alzheimer, geborene Busch, war die Schwester der 1862 gestorbenen ersten Ehefrau.) Alois Alzheimer hatte zwei Brüder: Karl (1862 – 1924) und Alexander (1870 – 1943).

Nach dem Medizinstudium in Würzburg und Tübingen promovierte Alois Alzheimer und fing 1888 als Assistenzarzt bei der „Städtischen Anstalt für Irre und Epileptische“ in Frankfurt am Main an, die der Psychiater, Lyriker und Kinderbuchautor Heinrich Hoffmann (1809 – 1894) von 1851 bis 1888 geleitet hatte.

Hoffmanns Nachfolger Emil Sioli (1852 – 1922), Oberarzt Franz Nissl (1860 – 1919) und Alois Alzheimer versuchten, ohne die bis dahin in Irrenhäusern üblichen Zwangsmittel auszukommen und führten neuartige Behandlungsmethoden ein.

Von einem Aufenthalt in Algerien, wo Alois Alzheimer den kranken Frankfurter Diamantenhändler Otto Geisenheimer untersucht hatte, kehrte er 1894 mit dessen Witwe Cecilie nach Frankfurt zurück. Nachdem Cecilie Geisenheimer vom Judentum zur protestantischen Konfession konvertiert war, heiratete sie Alois Alzheimer. Das Paar bekam drei Kinder: Gertrud, Hans und Maria. 1901 starb Cecilie Alzheimer.

Einige Monate später, am 25. November 1901, untersuchte Alois Alzheimer die einundfünfzigjährige Patientin Auguste Deter aus Frankfurt-Sachsenhausen, die von ihrem Ehemann in die „Städtische Anstalt für Irre und Epileptische“ gebracht worden war, weil sie sich im Verlauf eines Jahres psychisch verändert hatte. Ihre Stimmungen wechselten in rascher Folge. Auguste Deter konnte sich kaum an frühere Erlebnisse erinnern und war sowohl örtlich als auch zeitlich desorientiert. Auf Fragen gab sie des Öfteren unpassende Antworten. (Das Protokoll der Befragung befindet sich im Frankfurter Institut für Stadtgeschichte.)

Im Jahr darauf ging Alois Alzheimer nach Heidelberg und wurde an der Psychiatrischen Universitätsklinik wissenschaftlicher Assistent Professor Emil Kraepelins (1856 – 1926), der ihn 1904 mit nach München nahm, wo Alois Alzheimer sich 1905 habilitierte.

Als er am 9. April 1906 vom Tod seiner früheren Patientin Auguste Deter erfuhr, ließ er sich von Emil Sioli die Krankenakte und das Gehirn der Toten schicken. Was er bei der Untersuchung herausfand, berichtete er am 3. November auf einer Tagung in Tübingen. Und er beschrieb den Fall in einem Fachartikel mit dem Titel „Eine eigenartige Krankheit der Hirnrinde“. Dabei ging Alois Alzheimer von einer eigenständigen Krankheit aus, die er „Krankheit des Vergessens“ nannte.

1915 übernahm Alois Alzheimer mit Unterstützung Emil Kraepelins einen Lehrstuhl an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Breslau und wurde Direktor der „Königlich Psychiatrischen und Nervenklinik“.

Noch im selben Jahr, am 19. Dezember, starb Alois Alzheimer im Alter von einundfünfzig Jahren.

Alzheimer-Krankheit, Morbus Alzheimer

Emil Kraeplin benannte später die von Alois Alzheimer entdeckte Krankheit in der achten Ausgabe seines Lehrbuchs der Psychiatrie (1910) nach ihm: Alzheimer-Krankheit bzw. Morbus Alzheimer.

Bei der Alzheimer-Krankheit handelt es sich um eine neurodegenerative Erkrankung, die zumeist erst bei älteren Menschen auftritt. Weil Neuronen absterben, reduziert sich die Hirnmasse im Verlauf der Alzheimer-Krankheit. Parallel dazu vermindert sich die Produktion des für kognitive Leistungen wichtigen Botenstoffs Acetylcholin. Diese Veränderungen im Gehirn beeinträchtigen zunächst das Lernen und das Kurzzeitgedächtnis; das Vokabular reduziert sich, und in der Feinmotorik treten Unsicherheiten auf. Im fortgeschrittenen Stadium erkennen Alzheimer-Patienten ihre Angehörigen nicht mehr, und sie können Alltagsgegenstände nicht mehr einordnen. Außerdem kann es zu drastischen Verhaltens- bzw. Wesensveränderungen kommen.

Die Ursache der Alzheimer-Erkrankung ist unklar, und es gibt noch keine Möglichkeit, sie zu heilen.

In seinem Film „Iris“ erzählt Richard Eyre unter anderem von der Alzheimer-Krankheit der englischen Schriftstellerin Iris Murdoch (1919 – 1999). Christiane Hörbiger verkörpert in „Stiller Abschied“ eine an Alzheimer erkrankte Unternehmerin, die zunächst ebenso wenig wie ihr Sohn wahrhaben möchte, dass sie krank ist. Sarah Polley veranschaulicht in ihrem Film „An ihrer Seite“ den schleichenden Beginn einer Alzheimer-Erkrankung und das allmähliche Verdämmern der Patientin. „An ihrer Seite“ macht zugleich deutlich, was es für einen liebenden Ehemann bedeutet, dass ihn seine Frau nicht mehr erkennt.

Nachtrag: Besonders eindringlich verkörpert auch Julianne Moore in „Still Alice. Mein Leben ohne Gestern“ (2014) eine Alzheimer-Patientin. Der Kinofilm von Richard Glatzer und Wash Westmoreland basiert auf einem Roman der Neurologin Lisa Genova.

Literatur zum Thema Alzheimer-Krankheit

  • Brenda Avadian: Die Zeit mit Dir (Bergisch Gladbach 2001)
  • Emy Bacher: Sterben in Raten. Alzheimer-Demenz. Die Ehefrau eines Erkrankten erzählt (Dessau-Roßlau 2009)
  • Stefan Merril Block: Wie ich mich einmal in alles verliebte (Köln 2008)
  • Stella Braam: „Ich habe Alzheimer“. Wie die Krankheit sich anfühlt
    (Weinheim / Basel 2007)
  • Ursula Dette: Ein langer Abschied. Tagebuch (Wetzlar 1990)
  • Renate Demski: Die kleine Dame (Kevelaer 2002)
  • Irene Dische: Der Doktor braucht ein Heim (Frankfurt/M 1990)
  • Dagmar Feldmüller: Als wär’s ihr letzter Tag. Pflegealltag mit einer Alzheimerpatientin (Münster 2009)
  • Claus C. Fischer: Und vergib uns unsere Schuld (München 2007)
  • Arno Geiger: Der alte König in seinem Exil (München 2011)
  • Helmut Goebel: Maskerade (Aachen 2009)
  • Kurt Jellinger (Hg.): Alzheimer. Meilensteine aus hundert Jahren wissenschaftlicher und klinischer Forschung (Berlin 2006)
  • Tilman Jens: Demenz. Abschied von meinem Vater (Gütersloh 2009)
  • Tilman Jens: Vatermord. Wider einen Generalverdacht (Gütersloh 2010)
  • Wolfgang Maier: Alzheimer & Demenzen verstehen. Diagnose, Behandlung, Alltag, Betreuung (Stuttgart 2010)
  • Konrad Maurer und Ulrike Maurer: Alzheimer. Das Leben eines Arztes und die Karriere einer Krankheit (München 2000)
  • Luree Miller: Langsam entgleiten (München 1994)
  • lvie Nern: Demenz. Praxisbezogene Tipps und Hilfen für Angehörige und Pflegekräfte (Frankfurt/M 2014)
  • Sherwin B. Nuland: Wie wir sterben. Ein Ende in Würde? (München 1996)
  • Klara Obermüller: Es schneit in meinem Kopf (Zürich 2006)
  • Eleonore von Rotenhan: Paradies im Niemandsland. Alzheimer, eine literarische Annäherung (Stuttgart 2009)
  • Heidi Schänzle-Geiger und Gerhard Dammann (Hg.): Alois und Auguste. Geschichten über das Vergessen. Alzheimer und Demenz (Stuttgart 2009)
  • Richard Taylor: Alzheimer und Ich. Leben mit Dr. Alzheimer im Kopf (Bern 2008)
  • Margot Unbescheid: Alzheimer. Das Erste-Hilfe-Buch (Gütersloh 2009)

© Dieter Wunderlich 2010 / 2013

Florian Baxmeyer: Stiller Abschied
Stella Braam: „Ich habe Alzheimer“. Wie die Krankheit sich anfühlt
Richard Eyre: Iris
Arno Geiger: Der alte König in seinem Exil
Richard Glatzer, Wash Westmoreland: Still Alice. Mein Leben ohne Gestern
Nikolaus Leytner: Die Auslöschung
Erik van Looy: Mörder ohne Erinnerung
Sarah Polley: An ihrer Seite

Charlotte Roche - Schoßgebete
Charlotte Roche schreibt nicht gerade stringent. Aber die Einfachheit der Darstellung und der unbekümmerte Gebrauch der Umgangssprache passen zur Hauptfigur des in einigen Passagen erschütternden Romans "Schoßgebete".
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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.