Napoleon Bonaparte


Napoleone di Buonaparte wurde am 15. August 1769 in Ajaccio geboren. Dort war sein Vater Carlo di Buonaparte als Advokat tätig, und seine Mutter Marita Letizia Ramolino, die Tochter eines Brücken- und Straßenaufsehers, galt als schönstes Mädchen der Stadt. „Madame Mère“, wie Napoleon sie später nannte, brachte zwölf Kinder zur Welt. Fünf Söhne und drei Töchter überlebten den Vater, der 1785 im Alter von achtunddreißig Jahren starb. Napoleon, das zweitälteste Kind, gab in der Geschwisterschar den Ton an.

Gut ein Jahr vor seiner Geburt, am 15. Mai 1768, hatte die Republik Genua dem Königreich Frankreich die Souveränitätsrechte über Korsika abgetreten. Als Kind erlebte Napoleon, wie die Freiheit der Korsen durch den französischen Absolutismus unterdrückt wurde.

Seine Muttersprache war italienisch. Erst mit neun lernte er im Collège in Autun (Burgund) einigermaßen französisch. 1779 wurde er von der königlichen Militärschule von Brienne (Champagne) aufgenommen, und im Oktober 1784 wechselte er auf die École militaire in Paris, die mehr einem Schloss als einer Kadettenanstalt glich. Der mittellose, ungehobelte, kleine und schmächtige Hinterwäldler wurde von seinen aristokratischen Mitschülern nicht ernst genommen und brachte es zunächst auch nur zum Secondeleutnant im Artillerieregiment.

Nach einem Korsika-Urlaub vom Herbst 1786 bis ins Frühjahr 1788 kehrte Napoleon di Buonaparte zu seinem inzwischen in Auxonne (Burgund) stationierten Regiment zurück. Obwohl er im französischen Militär diente, erhoffte er sich heimlich von der im Juni 1789 beginnenden Französischen Revolution die Unabhängigkeit Korsikas.

Statt im Oktober 1789 kehrte Napoleon erst im Frühjahr 1791 von einem weiteren Korsika-Urlaub nach Auxonne zurück, weil jedoch jeder Offizier benötigt wurde, kam er ohne Disziplinarmaßnahmen davon und wurde sogar am 1. Juni 1791 zum Premierleutnant befördert. Ungeachtet einer erneuten Urlaubsüberschreitung brachte er es am 10. Juli 1792 zum Hauptmann.

Zwischendurch versuchte Napoleon immer wieder, einen korsischen Aufstand gegen die Herrschaft der Franzosen anzuzetteln, doch es gelang ihm nicht, und am 11. Juni 1793 musste er mit seiner Mutter und den Geschwistern die Insel verlassen. Nach dem Scheitern seiner korsischen Pläne mutierte er zum französischen Patrioten und änderte seinen italienischen Namen in „Napoléon Bonaparte“.

Als Toulon mit den Engländern gegen die Regierung in Paris zusammenspielte, belagerte und eroberte Napoleon die Hafenstadt. Dafür wurde er zum Brigadegeneral der Artillerie ernannt. Skrupellos versuchte er, seine Rivalen durch Bestechungen und Verleumdungen auszustechen. Seine Beziehung zu Augustin Robespierre, dem Bruder Maximilien Robespierres, erwies sich allerdings als verhängnisvoll: Der fanatische Revolutionär starb am 28. Juli 1794 unter der Guillotine. Knapp zwei Wochen später wurde Napoleon verhaftet und nach Antibes gebracht. Am 20. August kam er bereits wieder frei.

Im Mai 1795 ging er nach Paris. Dort schlug der Sechsundzwanzigjährige am 5. Oktober 1795 im Auftrag von Paul de Barras, des Präsidenten des Nationalkonvents, beherzt einen royalistischen Aufstand gegen die neue Direktorialverfassung nieder. Daraufhin wurde er zum Divisionsgeneral und kurze Zeit später zum Oberbefehlshaber der Armee im Inneren ernannt.

Als Napoleon der vier Jahre jüngeren Thérèse Tallien den Hof machte, beeilte sich deren Liebhaber Paul de Barras, die Aufmerksamkeit des Korsen auf eine andere Frau zu lenken: auf die von der Antilleninsel Martinique stammende Joséphine, eine geborene Tascher de la Pagerie und verwitwete Vicomtesse de Beauharnais. Napoleon, der stets auf eine Balance zwischen Emotion und Vernunft achtete, begriff, dass er in diesem Fall die Liebe mit dem politischen Nutzen verknüpfen konnte, denn Joséphine verfügte über ausgezeichnete Beziehungen zu einflussreichen Leuten. Am 9. März 1796 fand die Ziviltrauung des Paares statt.

Sieben Tage vor der Zeremonie war Napoleon zum Chefgeneral der Italienarmee ernannt worden. Am 11. März reiste er an die Front. Spätestens seit seinem Sieg über die Österreicher am 10. Mai 1796 bei Lodi hielt er sich für etwas Besonderes. Als er von Joséphines Untreue erfuhr, bekamen die Österreicher die Wut des gehörnten Ehemanns zu spüren. Am 3. Februar 1797 kapitulierte die Festung Mantua. Damit verlor Österreich die Vorherrschaft in Italien an Napoleon Bonaparte. Eigenmächtig und gegen den Willen des Direktoriums in Paris schloss der General nach der Besetzung Roms am 19. Februar 1797 einen Friedensvertrag mit dem Papst.

Um den zunächst unterschätzten Rivalen aus Paris fernzuhalten, schickte ihn Paul de Barras nach Ägypten. Mit drei Dutzend Kriegsschiffen und dreihundert Transportschiffen traf Napoleon am 1. Juli 1798 in der Bucht von Alexandria ein. Drei Wochen später besiegten die Franzosen das Heer der Mameluken vor den Pyramiden. Als jedoch der britische Admiral Horatio Nelson am 1. August die französische Flotte bei Abukir im Nildelta besiegte, schnitt er Napoleon vom Nachschub ab. Außerdem erklärte der türkische Sultan Frankreich am 12. September den Krieg. Napoleon zog gegen die Türken in Syrien, erstürmte Jaffa und richtete ein Blutbad an. Einige tausend Kriegsgefangene ließ er am Strand erschlagen bzw. in die Wellen treiben. Trotz einiger Anfangserfolge gelang es ihm nicht, die alte Kreuzfahrerfestung Akkon einzunehmen. Napoleon ließ seine Armee im Stich und setzte sich am 23. August 1799 aus Ägypten ab.

Am 9. November 1799 erzwangen Napoleon und seine Anhänger die Auflösung des Direktoriums. Im Senat und im Rat der Fünfhundert spielten sich turbulente Szenen ab, bis auch die beiden Kammern des Parlaments ihren Widerstand gegen den Staatsstreich aufgaben.

Entsprechend der neuen, von Abbé Emmanuel-Joseph Sieyès formulierten und durch ein manipuliertes Plebiszit angenommenen Verfassung vom 24. Dezember vereinigte Napoleon als Premierkonsul – flankiert von zwei machtlosen Mitkonsuln in beratender Funktion – die exekutive und legislative Gewalt in seiner Hand. Sowohl das Besitzbürgertum als auch die Großbauern atmeten auf: Endlich schien die Gefahr radikaler Volksaufstände gebannt zu sein. Nach den Wirren der Französischen Revolution sehnten sich viele Franzosen nach einem starken Mann, der die Ordnung wiederherstellte und aufrechterhielt. Tatsächlich gelang es Napoleon, die Staatsfinanzen zu sanieren, die Währung zu stabilisieren und die Wirtschaft neu zu beleben. Durch einen Senatsbeschluss vom 2. August 1802 wurde er zum Konsul auf Lebenszeit ernannt.

In dem am 21. März 1804 verkündeten „Code civil des Français“ („Code Napoléon“) wurden Errungenschaften der Französischen Revolution festgeschrieben, zum Beispiel die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, die Freiheit des Individuums und des Eigentums, die Abschaffung des Zunftzwangs und der feudalen Gesellschaftsstrukturen, die Trennung von Kirche und Staat.

Wie Julius Caesar hatte Napoleon Bonaparte als Feldherr Ruhm erworben, sich als Konsul nach oben gekämpft, als Diktator den Staat neu geordnet, und nun griff er nach der Krone. Aber nicht das Erbe der Bourbonen bzw. die französische Königskrone strebte Napoleon an, sondern das universale Kaisertum in der Tradition Karls des Großen. „Empereur par la volonté nationale“ wollte er werden. Papst Pius VII. wagte nicht, sich dem Ruf des mächtigen Franzosen zu widersetzen: Er reiste nach Paris und salbte Napoleon am 2. Dezember 1804 in Nôtre-Dame, bevor dieser sich selbst die Kaiserkrone aufsetzte und anschließend Joséphine krönte. Allerdings hatte der Papst ihn vor der Kaiserkrönung zum Nachholen der kirchlichen Trauung überreden können.

Napoleon erhob Familienmitglieder zu Fürsten und führte die alten Adelstitel Herzog, Graf und Baron wieder ein. Joseph Bonaparte, seinen ein Jahr älteren Bruder, machte er zum König von Neapel (1806 – 1808) und später von Spanien (1808 – 1813). Der seit 1802 mit Joséphines Tochter Hortense de Beauharnais verheiratete Bruder Louis Bonaparte wurde König von Holland (1806 – 1810). Jérôme Bonaparte, der jüngste Bruder, erhielt das Königreich Westfalen (1807 – 1813). Lucien Bonaparte musste sich aufgrund seiner kritischen Einstellung gegenüber Napoleon mit dem Titel eines Fürsten von Canino und Musignano zufrieden geben. Seine Schwester Élisa machte Napoleon zur Großherzogin von Toskana (1809 – 1814). Caroline, die jüngste Schwester, wurde an der Seite ihres Ehemanns Joachim Murat zuerst Großherzogin von Kleve und Berg und schließlich Königin von Neapel (1808 – 1815). Pauline war seit 1803 in zweiter Ehe mit Prinz Camillo Borghese verheiratet und wurde an dessen Seite 1806 Herzogin von Guastalla.

Unermüdlich war Napoleon im Einsatz. Zwar leistete er sich einige amouröse Abenteuer, aber keine Liebesaffären, die ihn zu sehr in Anspruch genommen hätten. Damit er selbst auf Reisen Berichte lesen und seine Korrespondenz bearbeiten konnte, war sein Reisewagen mit einem Schreibpult ausgestattet. Auf gutes Essen legte er keinen Wert; die Nahrungsaufnahme diente ihm nur als Brennstoffnachschub für die Arbeitsmaschine.

Die Arbeit ist mein Element. Ich bin geboren und bin geeignet für die Arbeit. Ich weiß, wann meine Beine den Dienst versagen, ich kenne die Grenzen meiner Sehkraft; die Grenzen meiner Arbeitsfähigkeit kenne ich nicht. (Napoleon, zit. nach Franz Herre: Napoleon Bonaparte. Eine Biografie, Seite 122)

Am 26. Mai 1805 setzte Napoleon sich im Mailänder Dom die Eiserne Krone der Langobarden auf. Doch ein halbes Jahr später wurde Frankreich von allen Seiten bedroht: Die britische Flotte vernichtete am 21. Oktober vor Trafalgar, südlich von Cadiz, die französisch-spanische Armada. Admiral Horatio Nelson fiel zwar in der Schlacht, aber der Sieg sicherte die britische Seeherrschaft. Ein russisches Heer marschierte nach Westen, und die Österreicher rückten am 8. September in das mit Frankreich verbündete Bayern ein. In Eilmärschen hetzte Napoleon von der Kanalküste an die Donau. Am 2. Dezember besiegte er die Armeen von Kaiser Franz II. und Zar Alexander I. in der „Dreikaiserschlacht“ bei Austerlitz. Zum Dank für seine Hilfe wurde der bayrische Kurfürst Maximilian I. Joseph am 1. Januar 1806 zum König erhoben. Franz von Habsburg dagegen musste am 6. August 1806 das Heilige Römische Reich Deutscher Nation für erloschen erklären und behielt nur den österreichischen Kaisertitel, den er zwei Jahre zuvor angenommen hatte.

Preußen hatte Österreich und Russland 1805 im Dritten Koalitionskrieg gegen Napoleon alleingelassen. Am 26. September 1806 verlangte König Friedrich Wilhelm III. plötzlich ultimativ von Frankreich den Abzug aus Süddeutschland und für sich selbst freie Hand in Norddeutschland. Dabei war er militärisch viel zu schwach, um Frankreich ernsthaft zu bedrohen. In der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt vernichtete Napoleon am 14. Oktober das preußische Heer. Friedrich Wilhelm III. floh nach Ostpreußen. Napoleon zog am 27. Oktober durch das Brandenburger Tor in Berlin ein.

Vier Wochen später verkündete er in der preußischen Residenzstadt die Sperrung sämtlicher Häfen auf dem Kontinent für britische Schiffe und Waren. Damit reagierte Napoleon auf die bereits am 16. Mai verhängte Blockade der Briten gegen alle von den Franzosen kontrollierten Häfen zwischen Brest und Hamburg (Kontinentalsperre).

Unter dem Jubel der Bevölkerung zog Napoleon Bonaparte am 2. Januar 1807 in Warschau ein. Die Polen erhofften sich von ihm eine Annullierung der Aufteilung ihres Landes unter Russland, Preußen und Österreich. Aber der französische Kaiser gründete bloß ein Großherzogtum Warschau.

Als der spanische Ministerpräsident Manuel de Godoy im Frühjahr 1808 von einem geplanten Komplott des Kronprinzen Ferdinand erfuhr, ließ er ihn mit Billigung von König Karl IV. festnehmen. Anhänger des Kronprinzen stürzten Godoy im März, und Karl IV. dankte zugunsten seines Sohnes Ferdinand ab. Vater und Sohn ersuchten Napoleon, in der Auseinandersetzung zu vermitteln. Napoleon ließ sich nicht zweimal bitten, marschierte mit 300 000 Mann in Spanien ein, um seinem Schiedsspruch Geltung zu verschaffen und brachte Ferdinand dazu, die Krone zurückzugeben. Karl IV. sieht sich gezwungen, sie dem „Vermittler“ weiterzureichen, und der setzt seinen Bruder Joseph als neuen spanischen König ein. (Joachim Murat folgte Joseph Bonaparte auf den Königsthron von Neapel.) Ein Aufstand gegen die französische Fremdherrschaft am 2. Mai 1808 in Madrid eskalierte in einem Unabhängigkeitskrieg, der Napoleons Ansehen in Frankreich und überall in Europa schwer schadete.

Dennoch huldigten ihm Ende September, Anfang Oktober 1808 Johann Wolfgang von Goethe, vier Könige und vierunddreißig Fürsten im Beisein von Zar Alexander I. auf dem Erfurter Fürstentag. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die deutschen Intellektuellen durch die Fremdherrschaft aus ihrer politischen Gleichgültigkeit gerissen wurden. In Frankreich war der Nationalismus bereits in den Revolutionskriegen entstanden; in Deutschland entzündete er sich erst an der imperialistischen Politik Napoleons. Während sich die Franzosen vor allem als Staatsnation fühlten, verstanden sich die staatlich zersplitterten Deutschen als Mitglieder einer Kulturgemeinschaft, und ihr Freiheitsverlangen richtete sich zuallererst auf die ungehinderte Entfaltung als Künstler und Wissenschaftler. Gegen die wachsende Kritik und den aufkeimenden deutschen Patriotismus unternahm Napoleon wenig. Ernst Moritz Arndt mochte zum Kampf gegen Napoleon aufrufen. Johann Gottlieb Fichte wurde nicht daran gehindert, im Winter 1807/08 seine „Reden an die deutsche Nation“ zu halten. Gesangvereine, Schützenvereine, Turnvereine wirkten als Transmissionsriemen des aufkeimenden Nationalbewusstseins.

Ermutigt durch die Schwierigkeiten, in die Napoleon durch den spanischen Krieg geraten war, und in der Hoffnung, damit auch anderen von Frankreich besetzten Staaten ein Fanal zum Aufstand zu geben, erhoben sich die Österreicher gegen die französische Fremdherrschaft. Aber niemand stand ihnen bei, und sie unterlagen Napoleon nach anfänglichen Erfolgen am 5./6. Juli 1809 in der Entscheidungsschlacht bei Wagram.

Nachdem der französische Kaiser den Rest des Kirchenstaates annektiert hatte und dafür von Pius VII. exkommuniziert worden war, ließ Napoleon den Papst im Juli 1809 festnehmen und nach Savona verschleppen.

Napoleon verzieh Joséphine zwar ihre Seitensprünge, da jedoch keine Aussicht mehr bestand, dass die inzwischen sechsundvierzig Jahre alte Frau einen Thronerben zur Welt brachte, ließ er ihr 1809 durch den Polizeiminister ausrichten, dass er sich von ihr zu trennen beabsichtigte. Am 15. Dezember wurde die Ehe geschieden. Im folgenden Frühjahr holte Napoleon Marie-Louise, die achtzehnjährige Tochter des österreichischen Kaisers, nach Paris und machte sie mit einer Ziviltrauung am 1. April und einer kirchlichen Zeremonie am nächsten Tag zu seiner Frau. Am 20. März 1811 wurde Napoleons einziger legitimer Sohn Napoléon-François-Joseph-Charles („Napoleon II.“) geboren.

Weil sich die Franzosen von Napoleon Gesetz und Ordnung, Ruhe, Frieden und Wohlstand versprochen hatten, war er zum Konsul ernannt und schließlich sogar als Kaiser akzeptiert worden. Mehrmals gab er vor, saturiert zu sein und keine weiteren Eroberungen zu planen, doch immer wieder verlangte er von den Franzosen einen weiteren Feldzug. Seine unbestreitbare Größe entartete zur Hybris, als er gegen alle Einwände seiner Berater einen Krieg gegen Russland beschloss und am 24. Juni 1812 mit der „Grande Armée“ ohne Kriegserklärung den Grenzfluss Njemen (Memel) überschritt. Die militärische Anstrengung war gewaltig: Während 230 000 seiner Soldaten in Spanien standen und viele Zehntausende an mehreren Orten in Europa, zog Napoleon mit mehr als 600 000 Mann gegen Russland.

Gleich zu Beginn gingen zwei seiner Rechnungen nicht auf: Der türkische Sultan nützte nicht die Gelegenheit zu einem Krieg gegen Russland, sondern schloss mit dem Zaren einen Friedensvertrag. Und der schwedische König versuchte nicht, Finnland zurückzuerobern, sondern verständigte sich mit dem Zaren, der ihm als Ausgleich für Finnland das zu Dänemark gehörende Norwegen versprach.

Napoleon hatte mit einem Blitzkrieg gerechnet, denn der Zar verfügte nur über 200 000 Soldaten, aber die weit unterlegenen Russen stellten sich keiner Entscheidungsschlacht; der französische Vormarsch stieß ins Leere und die Nachschub- und Versorgungsschwierigkeiten wurden immer größer. Um den Feind trotzdem in die Knie zu zwingen, nahm Napoleon am 14. September Moskau ein. Der Zar war auch jetzt nicht bereit, mit ihm zu verhandeln. Weil die Vorräte in der an verschiedenen Stellen durch Brandstiftungen verwüsteten Stadt nicht ausreichten, um zu überwintern, blieb Napoleon nur der Rückzug. Dabei wählte er den Weg, den er gekommen war, obwohl die Armee bereits auf dem Hinweg alles kahlgefressen hatte. Hunger, Erfrierungen und ständige Angriffe aus dem Hinterhalt dezimierten die „Grande Armée“. Tausende von Soldaten ertranken beim Übergang über die Beresina. In der Nacht auf den 6. Dezember stahl Napoleon sich davon und traf zwölf Tage später in Paris ein.

Eigenmächtig schloss Johann David Ludwig von Yorck, der Befehlshaber des preußischen Hilfskorps in Napoleons Russlandarmee, am 30. Dezember in Litauen ein Neutralitätsabkommen mit General Iwan J. von Diebitsch-Sabalkaskij (Konvention von Tauroggen). Dieser Schritt wurde für die Patrioten in Preußen zum Fanal für die Erhebung gegen die Fremdherrschaft. Von Zar Alexander I. vor die Wahl gestellt, sich entweder als Bundesgenosse oder als Kriegsgegner zu erklären, verbündete sich König Friedrich Wilhelm III. Ende Februar 1813 mit den Russen und erklärte Frankreich einen Monat später den Krieg.

Währenddessen hob Napoleon eine neue Armee aus. Am 15. April 1813 verließ er Paris, am 25. April traf er in Erfurt ein. Nach Siegen bei Lützen und Groß-Görschen, Bautzen und Wurzen ließ er sich am 4. Juni auf einen Waffenstillstand ein, der es seinen Gegnern erlaubte, ihre Kräfte erneut zu sammeln. Großbritannien, Schweden und Österreich schlossen sich den Russen und Preußen im Krieg gegen Napoleon an. Wellington, der englische Oberbefehlshaber auf der iberischen Halbinsel, verdrängte die Franzosen aus Spanien und marschierte auf die Pyrenäen zu. Bei Leipzig prallten die von Schwarzenberg geführte „Böhmische Armee“ (Österreicher, Russen, Preußen), die „Schlesische Armee“ (Preußen, Russen) unter Blücher und die „Nordarmee“ unter dem schwedischen Kronprinzen Jean-Baptiste-Jules Bernadotte am 16. Oktober 1813 mit Napoleons Streitmacht aufeinander. Am 19. Oktober, nach dem Verlust von 80 000 Mann in der Völkerschlacht bei Leipzig, musste sich Napoleon mit den ihm verbliebenen 120 000 Soldaten zurückziehen. Am 10. November war er wieder in Paris.

Er konnte nicht verhindern, dass die Alliierten am 30. März 1814 den Montmartre erstürmten. Zar Alexander I., König Friedrich Wilhelm III. und der österreichische Feldmarschall Fürst zu Schwarzenberg zogen am nächsten Tag in Paris ein. Der ehemalige französische Außenminister Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, der nur auf die Gelegenheit zum Sturz Napoleons gewartet hatte, erreichte, dass der Senat den Kaiser am 2. April für abgesetzt erklärte. Zwei Tage später dankte Napoleon zugunsten seines Sohnes ab, doch die Kriegsgegner bestanden auf einer bedingungslosen Kapitulation, und er musste seine Verzichtserklärung am 6. April ohne Wenn und Aber wiederholen. In den nächsten Tagen nahm er zweimal eine Überdosis Opium, ob aus Versehen oder mit der Absicht, seinem Leben ein Ende zu setzen, wissen wir nicht. Er wurde nach Elba verbannt, wo er am 3. Mai eintraf. Am selben Tag zog der Bourbonenkönig Ludwig XVIII. in den Tuilerien ein.

Obwohl Napoleon auf Elba von allen hofiert wurde, hielt er es dort nicht aus. Als er von der zunehmenden Unzufriedenheit der Franzosen mit den neuen politischen Verhältnissen erfuhr, verließ er die Insel am 26. Februar 1815 mit 800 Infanteristen und 100 Kavalleristen, die allerdings noch nicht über Pferde verfügten. Nachdem er an der Côte d’Azur an Land gegangen war, liefen Regierungstruppen zu ihm über. König Ludwig XVIII. floh am 19. März aus Paris, und am nächsten Tag wurde Napoleon von seinen Anhängern auf Schultern in die Tuilerien getragen. Nachdem er Blücher am 16. Juni bei Ligny geschlagen hatte, warf er sich am 18. Juni bei Waterloo auf Wellington, aber der preußische Feldmarschall hatte inzwischen seine Truppen neu geordnet und kam seinem englischen Verbündeten gerade noch rechtzeitig zu Hilfe: Gemeinsam bezwangen sie Napoleon.

Am 22. Juni 1815 dankte Napoleon zum zweiten Mal ab. Eine Woche später fuhr er in Zivilkleidung nach Rochefort, um sich nach Amerika einzuschiffen, aber das britische Kriegsschiff „Bellerophon“ versperrte die Hafenausfahrt. In der Hoffnung auf eine großzügige Behandlung durch die Engländer begab Napoleon Bonaparte sich freiwillig an Bord der „Bellerophon“ und wurde nach Plymouth gebracht. Die britische Regierung verbannte ihn auf die unwirtliche Insel Sankt Helena im Südatlantik. Am 9. August segelte die „Northumberland“ mit dem Gefangenen an Bord los.

Napoleon Bonaparte starb am 5. Mai 1821 im Alter von zweiundfünfzig Jahren an einem vermutlich bösartigen Magenleiden. Seine Gebeine wurden 1840 nach Paris überführt und im Invalidendom aufgebahrt.

© Dieter Wunderlich 2008

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