Das Geheimnis im Moor

Das Geheimnis im Moor

Das Geheimnis im Moor

Originaltitel: Das Geheimnis im Moor - Regie: Kai Wessel - Drehbuch: Thomas Kirchner - Kamera: Holly Fink - Schnitt: Tina Freitag - Musik: Ralf Wienrich - Darsteller: Sebastian Blomberg, Anna Loos, Kai Scheve, Claudia Geisler, Christian Redl, Angela Winkler, Christian Grashof, Thomas Thieme, Anne Brendler, Sabine Grabis, Alexander Hörbe, Hans Bruckner, Tim Oliver Schulz, Christina Wöllner, Markus Kaatsch, Nicolas Kantor u.a. - 2005; 90 Minuten

Inhaltsangabe

Zwanzig Jahre lang lebt der aus dem Spreewald stammende Berliner Chirurg Dr. Til Desno in dem Glauben, sein damaliger Freund Ralf Liebig habe ihn und zwei weitere Freunde 1985 an die Stasi verraten. Als Ralfs Leiche gefunden wird, kehrt Til erstmals wieder in den Spreewald zurück – und stellt fest, dass vieles ganz anders gewesen war als er bisher dachte ...
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Kritik

"Das Geheimnis im Moor" ist eine spannende, nüchtern und bedächtig erzählte Geschichte. Die melancholische Atmosphäre des hervorragend besetzten Thrillers wird durch finster-schöne Aufnahmen vom Spreewald verstärkt.
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2005 entdecken Arbeiter in einem Moor bei Lübbenau im Spreewald eine mumifizierte Leiche. Die Gerichtsmediziner gehen davon aus, dass es sich bei dem Toten um einen höchstens fünfundzwanzig Jahre alten Mann handelte, der zwischen 1985 und 1990 ums Leben kam. An seinem Schädel werden Frakturen festgestellt. Dr. Marlene Seefeldt (Claudia Geisler), die aus Dortmund stammende leitende Pathologin vor Ort, und der für die Ermittlungen verantwortliche Hauptkommissar Thorsten Krüger (Christian Redl) vom Landeskriminalamt schicken die Leiche nach Berlin zu dem plastischen Unfallchirurgen Dr. Til Desno (Sebastian Blomberg), der in der Lage ist, mit Hilfe eines Computerprogramms aus Schädelformen Gesichter zu rekonstruieren.

Nachdem Til das Antlitz des Toten auf dem Bildschirm gesehen hat, sagt er für die nächsten Tage alle Termine ab und fährt – angeblich in einer dringenden Familienangelegenheit – nach zwanzig Jahren erstmals wieder in den Spreewald, wo er aufgewachsen war. Seine verbitterte Mutter Inge (Angela Winkler) lebt mit Tils Schwester Nelly (Sabine Grabis) auf einem verwahrlosten Bauernhof. Nelly ist seit ihrer Geburt geistig behindert, vermutlich, weil Inge Desno während der Schwangerschaft Zigaretten geraucht, Alkohol getrunken und Tabletten geschluckt hatte, um über den Tod ihres Mannes hinwegzukommen.

Til verrät ihr, was die Polizei noch nicht weiß: Er kennt den Toten. Es handelt sich um seinen früheren Freund Ralf Liebig, den Sohn des inzwischen pensionierten Generaldirektors Gregor Liebig (Christian Grashof) aus Lübbenau.

Das Hotel, in dem Til sich ein Zimmer genommen hat, gehört seiner Jugendliebe Sabrina (Anna Loos), die inzwischen mit dem gemeinsamen früheren Freund Karsten Hellstein (Kai Scheve) verheiratet ist und einen Sohn namens Knut (Richard Becker) hat. Auch ihr berichtet Til, wessen Leiche im Moor gefunden wurde.

Mit dem Abitur in der Tasche feierten Til, Sabrina, Karsten und Ralf (Tim Oliver Schulz, Christina Woellner, Markus Kaatsch, Nicolas Kantor) am 21. Juni 1985 am Ufer eines Kanals im Spreewald. Dabei beschlossen sie, einzeln und unbemerkt von den Angehörigen zu packen und sich dann wieder zu treffen, um gemeinsam über die Grenze in den Westen zu fliehen. Statt nach Hause zu gehen, folgte Til unbemerkt seiner Freundin und ertappte sie mit Ralf in den Büschen. Weil es so aussah, als ob Ralf Sabrina vergewaltigen wollte, gerieten die beiden achtzehnjährigen Männer in Streit. Sie schlugen sich. Dabei stürzte Ralf in einen Kahn, der abtrieb. Til nimmt immer noch an, dass Ralf mit dem Kopf aufschlug und sich tödlich verletzte. Zur Republikflucht kam es dann nicht mehr, weil Til, Sabrina und Karsten noch in der Nacht festgenommen wurden. Während Sabrina und Karsten eine Haftstrafe in Bautzen verbüßten, kam Til bald wieder frei, weil er sich schriftlich verpflichtet hatte, als Informant für das Ministerium für Staatssicherheit tätig zu werden. Til, der unmittelbar nach seiner Freilassung ein Medizinstudium in Berlin begann, schämt sich für seine damalige Schwäche und nimmt noch immer an, dass Ralf damals ihn, Sabrina und Karsten verriet.

Hauptkommissar Krüger wundert sich darüber, dass der Unfallchirurg eigens aus Berlin nach Lübbenau gefahren ist, um Dr. Seefeldt die Computerbilder zu bringen und findet unschwer heraus, dass Til Desno mit dem Toten befreundet war. Er stellt Til zur Rede, erfährt aber nur von der Abiturfeier der vier Freunde. Til beteuert, bis zu seiner Rückkehr in den Spreewald habe er keinen von ihnen jemals wieder gesehen.

Til verschweigt, dass Ralf vor dem Abitur eine Fünfzehnjährige vergewaltigt hatte. Johanna (Anne Brendler) – so hieß das Mädchen – war blutend nach Hause gekommen, und ihre Mutter hatte Ralf angezeigt, aber Gregor Liebig gelang es durch seine guten Kontakte, die Anzeige gegen seinen Sohn verschwinden zu lassen.

Von Fuchs (Thomas Thieme), dem Stasi-Leutnant, der ihn nach der Verhaftung verhörte, erfährt Til, dass Ralf bereits tot war, als eine anonyme Anruferin den Plan zur Republikflucht aufdeckte.

Aufgrunddessen verdächtigt Til nun Sabrina als Verräterin von damals und gerät mit ihr in Streit. Die Hotelbesitzerin meldet sich daraufhin bei Hauptkommissar Krüger, erzählt, was am 21. Juni 1985 geschah und belastet Til.

Der ahnt, dass die Polizei ihn sucht und findet Unterschlupf bei Marlene Seefeldt, in die er sich inzwischen verliebt hat und die seine Gefühle erwidert. Als sie mit ihm in die Asservatenkammer geht, entdeckt Til unter den Sachen, die bei der Leiche gefunden wurden, einen Markierungsring für Vögel. Solche Ringe verschenkt seine Schwester Nelly an Personen, zu denen sie Vertrauen hat. Weil Nelly den Hof praktisch nie verlässt, deutet der Ring darauf hin, dass Ralf vor seinem Tod dort war.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Aufgrund der Registrierungsnummer des Rings stößt auch Krüger auf den Bauernhof. Als er sich auf einem der Spreewald-Kanäle hinbringen lässt, findet er auf dem Grundstück nicht nur Inge und Nelly vor, sondern auch Til. Krüger will den Arzt verhaften, den er verdächtigt, Ralf Liebig vor zwanzig Jahren ermordet zu haben. Da bricht jedoch Tils Mutter ihr Schweigen. Sie ertappte Ralf am 21. Juni 1985, wie er es auf einem Sessel in ihrem Haus mit Nelly trieb. Bevor die beiden sie bemerkten, packte Inge Desno eine schwere Vase und zertrümmerte sie von hinten auf Ralfs Kopf. Der Abiturient war sofort tot. Die Leiche versenkte sie im Moor. Weil sie damit rechnete, dass nach Ralf gesucht wurde, verriet sie den Republikfluchtplan der vier Freunde anonym der Stasi und hoffte, die Polizei damit ablenken zu können.

Inge Desno wartet im Gefängnis auf ihren Prozess. Wenn das Gericht zu der Auffassung kommt, dass es sich nicht um vorsätzlichen Mord, sondern um Totschlag handelte, ist die Tat verjährt.

Til bleibt bei seiner Schwester Nelly und beginnt, den Hof zu renovieren. Obwohl er in Berlin demnächst Chefarzt geworden wäre, gibt er die Stelle auf und fängt in der Klinik von Lübbenau neu an. Unglücklicherweise fällt Marlenes Stelle bei der Pathologie in Lübbenau weg, und sie wird ausgerechnet nach Potsdam versetzt.

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Zwanzig Jahre lang lebt Til in dem Glauben, sein damaliger Freund Ralf habe ihn und zwei weitere Freunde 1985 an die Stasi verraten. Als Ralfs Leiche im Spreewald gefunden wird, kehrt Til erstmals wieder an seinen Geburtsort zurück – und stellt fest, dass vieles ganz anders gewesen war als er bisher dachte. Die Suche nach der Wahrheit geht mit der Suche nach der eigenen Identität einher. Während sich die Handlung Schritt für Schritt entwickelt, wird stückweise aufgedeckt, was vor zwanzig Jahren tatsächlich geschah.

„Das Geheimnis im Moor“ ist eine spannende Geschichte mit politischen Bezügen. Aus dem nüchtern und bedächtig angelegten Drehbuch von Thomas Kirchner machte Kai Wessel einen melancholischen Thriller, dessen Atmosphäre durch die finster-schönen Bilder, die Holly Fink vom Spreewald drehte, verstärkt wird. Hervorzuheben ist vor allem auch die exzellente Besetzung bis in die Nebenrollen hinein.

Holly Fink (Kamera) und Tina Freitag (Schnitt) wurden für den „Deutschen Kamerapreis“ 2006 nominiert.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006

Ministerium für Staatssicherheit (Stasi)

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