Amos Oz
Amos Oz (eigentlich: Amos Klausner) wurde am 4. Mai 1939 in Jerusalem als Sohn des Bibliothekars und Literaturwissenschaftlers Arie Klausner und dessen ebenfalls hoch gebildeter Ehefrau Fania geboren. Beide Eltern waren mit ihren Familien aus Osteuropa eingewandert. 1943 oder 1944 erfuhr Fania Klausner, dass die Deutschen am 7./8. November 1941 in Rowno mehr als 23 000 Juden und am 13. Juli 1942 weitere 5000 umgebracht hatten, darunter auch ihre Verwandten [Holocaust].
Nach zwei Jahren in einer privat organisierten Nachbarschaftsschule kam Amos im Herbst 1947 in die 3. Klasse der Tachkemoni-Schule in Jerusalem und später aufs Gymnasium.
Am 15. Mai 1948 entstand der Staat Israel, der noch in derselben Nacht von Ägypten, Transjordanien, dem Libanon und Syrien ohne Kriegserklärung angegriffen wurde.
Im Winter 1949/50 begann Fania Klausner unter Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Depressionen zu leiden. Am 6. Januar 1952 nahm sich die Achtunddreißigjährige mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben und ließ ihren Mann mit dem zwölfjährigen Sohn zurück.
Zweieinhalb Jahre später änderte Amos Klausner seinen Namen in Amos Oz (das hebräische Wort Oz bedeutet Stärke) und ging in den Kibbuz Hulda. Nach dem Wehrdienst (1961) studierte er im Auftrag des Kibbuz an der hebräischen Universität in Jerusalem Literatur und Philosophie. Dann kehrte er nach Hulda zurück, wo er inzwischen mit einer Frau namens Nily verheiratet war und blieb mit ihr bis 1985 dort.
Inzwischen wohnt Amos Oz zurückgezogen und bescheiden in der Wüstenstadt Arad.
Mit dem Roman „Mein Michael“ („Mikhael sheli“, 1968) und der Erzählung „Dem Tod entgegen“ („Ad mavet“, 1971) machte er sich einen Namen als hebräischer Schriftsteller. Amos Oz zeichnet sich durch eine präzise Beobachtungsgabe und ein außergewöhnliches Sprachgefühl aus. Seine Romane und Erzählungen spielen vor dem Hintergrund des politischen Lebens in Israel. „Jede Geschichte, die ich geschrieben habe, war autobiografisch“, erklärte Amos Oz einmal. Das gilt ganz besonders für den Roman „Die Geschichte von Liebe und Finsternis“ („Ssipur al ahava wechoschrech“, 2002).
Amos Oz ist überzeugt, dass Krieg kein Mittel ist, um die Konflikte zwischen Israelis und Palästinensern zu lösen. Dementsprechend beteiligte er sich an der Gründung der Friedensbewegung „Schalom achschaw“ („Peace Now“).
Als israelischer Jude gehöre ich zu der ersten Generation von Juden, die keine Opfer mehr sind, sondern Verantwortung tragen. Nicht nur Verantwortung, sondern auch Schuld. Wir sind verantwortlich für das, was wir tun oder nicht tun. Meine Eltern waren Opfer von Katastrophen, ich nicht. Ich habe Verantwortung zu tragen: politisch, moralisch, ethisch und künstlerisch.
(Amos Oz in einem Interview)
Amos Oz wurde im Oktober 1992 mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels und im August 2005 mit dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main geehrt.
Natalie Portman verfilmte seinen autobiografischen Roman „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ (Buch): „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ (Film).
Amos Oz starb am 28. Dezember 2018.
Amos Oz: Bibliografie (Auswahl)
- Ein anderer Ort (1966, deutsch: 2001)
- Mein Michael (1968, deutsch: 1979)
- Späte Liebe (1971, deutsch: 1997)
- Dem Tod entgegen (1971, deutsch: 1997)
- Der perfekte Friede (1982, deutsch: 1987)
- Im Lande Israel (1982, deutsch: 1984)
- Schwarzer Kasten (1986, deutsch: 1988)
- Eine Geschichte von Liebe und Finsternis (2002, deutsch: 2004)
- Plötzlich tief im Wald. Ein Märchen (2004, deutsch: 2006)
- Verse auf Leben und Tod (2007, deutsch: 2008)
- Geschichten aus Tel Ilan (deutsch: 2009)
- Unter Freunden (deutsch: 2013)
- Judas (2014 / deutsch: 2015)
© Dieter Wunderlich 2005