Die besten Absichten

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Die besten Absichten

Die besten Absichten – Originaltitel: Den goda viljan – Regie: Bille August – Drehbuch: Ingmar Bergman – Kamera: Jörgen Persson – Schnitt: Janus Billeskov Jansen – Musik: Stefan Nilsson – Darsteller: Samuel Fröler, Pernilla Östergren-August, Max von Sydow, Ghita Nørby, Björn Kjellman, Mona Malm, Börje Ahlstedt, Lena Endre, Lennart Hjulström, Keve Hjelm, Ernst Günther u.a. – 1991; 325 Minuten / 1992; 180 Minuten

Inhaltsangabe

Bei Anna Åkerblom, der Tochter einer groß­bürgerlichen Familie in Uppsala, handelt es sich um eine impulsive und extravertierte junge Frau, die gewohnt ist, ihren Willen durchzusetzen. Sie verliebt sich in den mittellosen Theologiestudenten Henrik Bergman, einen Eigenbrötler, dem es an Selbstbewusstsein und Entscheidungsfreude fehlt. Karin Åkerblom befürchtet, dass die Beziehung für ihre Tochter leidvoll wäre und will das verhindern – obwohl sie Anna dadurch ebenfalls unglücklich macht ...
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Kritik

"Die besten Absichten" erzählt von Ingmar Bergmans Eltern. Die von Bille August inszenierte Familienge­schichte beginnt 1909 und endet 1918, kurz vor Ingmar Bergmans Geburt. Sie dreht sich um Menschen mit besten Absichten, die jedoch ihr Glück nicht erzwingen können.
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Der Theologiestudent Henrik Bergman (Samuel Fröler) folgt 1909 in Uppsala zwar einer Aufforderung seines Großvaters Fredrik Bergman (Keve Hjelm) zum Gespräch, lehnt eine Aussöhnung mit ihm und der im Sterben liegenden Großmutter jedoch strikt ab, denn die beiden unterstützten seine Not leidende Mutter Alma (Mona Malm) und ihn in keiner Weise, und das verzeiht Henrik ihnen nicht. Den vom Großvater nun angebotenen größeren Geldbetrag lehnt Henrik ab.

Kurz darauf wird er von seinem Freund Ernst Åkerblom (Björn Kjellman) zum Essen bei dessen großbürgerlichen Familie eingeladen. Henrik kommt zu spät, aber Ernsts Schwester Anna (Pernilla Östergren-August), die ihm öffnet, erfindet gegenüber ihren Eltern und Geschwistern rasch eine Entschuldigung für ihn.

Bei Anna handelt es sich um eine impulsive und extravertierte junge Frau, die gewohnt ist, ihren Willen durchzusetzen. Obwohl ein standesgemäßer junger Mann namens Torsten Bohlin (Gustaf Hammarsten) schon beinahe als ihr Bräutigam gilt, fühlt sie sich sogleich zu Henrik hingezogen. Der Student verliebt sich ebenfalls auf den ersten Blick in Anna, trotz seines intimen Verhältnisses mit der Kellnerin Frida Strandberg (Lena Endre). Der introvertierte junge Mann, dem es an Selbstbewusstsein, Entscheidungsfreude und Durchsetzungsfähigkeit fehlt, wagt es nicht, Anna seine Gefühle zu zeigen. Als sie ihn ein paar Wochen nach der ersten Begegnung küsst, erzählt er ihr von seiner Geliebten und erklärt seine Absicht, die Beziehung mit Frida fortzusetzen. Aber dann kann er Anna doch nicht widerstehen.

Der Eisenbahningenieur Johan Åkerblom (Max von Sydow) beobachtet den Umgang seiner Tochter Anna mit dem mittellosen Theologiestudenten besorgt, kann sich aber nicht entschließen, etwas dagegen zu unternehmen. Seine Frau Karin (Ghita Nørby) lässt dagegen keinen Zweifel daran, dass sie eine ernsthafte Beziehung Annas und Henriks missbilligen würde. Sie lässt ihren Stiefsohn Carl (Börje Ahlstedt) Nachforschungen betreiben, konfrontiert Henrik dann mit ihrem Wissen über seine Liebesbeziehung und behauptet gegenüber ihrer Tochter, Henrik schlafe noch immer mit Frida Strandberg. Daraufhin beendet Anna den Umgang mit ihm.

Nach einer Weile kann Frida nicht mehr mit ansehen, wie Henrik unter der Trennung von Anna leidet. Sie bittet die Bürgertochter um ein Gespräch in einem Café, drängt sie, die Beziehung mit Henrik wieder aufzunehmen und kündigt an, dass sie die Stadt ohne ihn verlassen werde.

Aber bevor Anna sich erneut mit Henrik treffen kann, erkrankt sie an Tuberkulose. Carl Åkerblom überbringt Henrik eine angebliche Nachricht seiner Halbschwester, der zufolge sie sich jeden weiteren Kontaktversuch verbittet. Als sie sich so weit erholt hat, dass sie reisefähig ist, wird sie in ein Schweizer Lungensanatorium gebracht.

Einem Brief an ihren Bruder Erik legt sie einen weiteren an Henrik bei, der inzwischen zum Pastor ordiniert wurde. Johan Åkerblom öffnet beide Kuverts. Am Abend zeigt er sie seiner Frau. Er halte es für falsch, fremde Briefe zu lesen, meint er, aber Karin hat keine Bedenken, und als sie liest, dass Anna den Theologen noch immer liebt, verbrennt sie beide Schreiben im Kamin. Dann holt sie Anna in der Schweiz zu einer mehrwöchigen Italienreise ab.

In einem Hotel in Amalfi erhält Karin ein Telegramm mit der Nachricht vom Tod ihres Mannes. Aufgewühlt gesteht sie Anna, deren Briefe an Erik und Henrik gegen Johans Rat gelesen und verbrannt zu haben.

Anna verlobt sich nach der Trauerfeier für ihren Vater mit Henrik. Er stellt sie seiner Mutter vor, die Anna herzlich aufnimmt, heimlich aber eifersüchtig auf sie ist. Der Familienfreund Freddy Paulin (Ernst Günther) kommt hinzu und kritisiert, dass Henrik nicht zur Beerdigung seiner Großmutter kam.

Noch vor der Hochzeit besichtigt das Paar eine Pfarrstelle in Forsboda weit oben im Norden. Bei der Kapelle, die Henrik übernehmen soll, handelt es sich um ein umgebautes Gewächshaus. Dort fragt Henrik, ob Anna sich statt der geplanten prunkvollen Hochzeitsfeier mit zahlreichen Gästen im Dom von Uppsala eine schlichte Zeremonie in dieser Kapelle vorstellen könne. Anna reagiert ungehalten darauf. Sie beschimpft Henrik als Proleten und wirft ihm vor, mit seiner Armut zu kokettieren. Es kommt zu einem heftigen Streit, aber am Ende versöhnt sich das Paar – und die Eheschließung findet 1913 mit großem Gepränge in Uppsala statt.

Während Henrik mit dem älteren Pastor Gransjö (Hans Alfredson) zusammen als Seelsorger in Forsboda amtiert, kümmert sich Anna, die früher einmal Krankenschwester werden wollte, um kranke und verletzte Gemeindemitglieder.

Zufällig wird Henrik Zeuge, wie der Arbeiter Arvid Fredin (Mikael Bengtsson) aus dem Sägewerk in Forsboda verjagt wird, weil er ein politisches Manifest verteilte. Henrik bietet den aufgebrachten Arbeitern die Kapelle als Versammlungsort an. Das missfällt dem Unternehmer Nordenson (Lennart Hjulström), und Pastor Gransjö untersagt nach dem Arbeitertreffen in der Kapelle weitere politische Veranstaltungen dort.

Anna bringt 1914 einen Sohn zur Welt: Dag.

Während eines nächtlichen Unwetters steht der siebenjährige Waisenknabe Petrus Farg (Elias Ringquist) vor der Tür des Pfarrhauses. Er möchte lieber bei Anna sein als bei seinen Pflegeeltern Johansson (Sara Arnia, Leif Forstenberg). Anna und Henrik nehmen ihn auf, eigentlich nur für ein paar Tage, aber es werden Monate daraus.

Ernst Åkerblom kommt kurz zu Besuch und bringt seiner Schwester als verspätetes Weihnachtsgeschenk ein Grammofon mit. Ausgelassen tanzt Anna mit ihm, aber als sie Henrik auffordert, dabei mitzumachen, erteilt er ihr eine barsche Abfuhr.

Kurz darauf liest Pastor Gransjö dem jungen Paar eine Einladung nach Stockholm vor: Königin Victoria (Anita Björk) hat beschlossen, ein neues Hospital einzurichten, und Henrik wurde ihr als Hofpastor dafür empfohlen. Anna und Henrik können es kaum fassen. Sie reisen nach Stockholm und werden von der Königin empfangen. Aber nach der Audienz gerät Henrik außer sich, denn er wirft sich vor, kurz davor gewesen zu sein, die Mitglieder der Gemeinde Forsboda zu verraten. Zum Entsetzen Annas lehnt er die angebotene Stelle am Hof ab und setzt seine Tätigkeit in Norrland fort.

Die Schwestern Susanna und Helena (Kerstin Andersson, Erika Ullenius) sollen auf Wunsch ihrer Mutter Elin Nordenson (Marie Göranzon), aber gegen den Willen ihres Vaters, konfirmiert werden. Während einer Unterrichtsstunde für die Konfirmanden in der Kapelle taucht Nordenson auf. Er ist betrunken und fordert seine Töchter auf, sofort mitzukommen. Henrik stellt sich ihm entgegen, und obwohl er am Ende einlenkt, fühlt der Unternehmer sich gedemütigt. Deshalb sorgt Nordenson dafür, dass die Frauen seiner Arbeiter nicht mehr am Nähkreis im Pfarrhaus teilnehmen. Henrik und Anna werden in Forsboda ausgegrenzt.

Dadurch verstärkt sich Annas Frustration über die Lage, und ihre Aggression richtet sich gegen Petrus. Sie will, dass der Junge zu seinen Pflegeeltern zurückkehrt. Petrus belauscht entsprechende Äußerungen von ihr. In seinem Zorn packt er Dag und rennt mit ihm zum nahen Fluss. Im letzten Augenblick holt Henrik ihn am Ufer ein und kann verhindern, dass Petrus das kleinere Kind in die Stromschnellen wirft. Der Pastor verprügelt Petrus und veranlasst, dass das Ehepaar Johansson den Jungen zurücknimmt.

Anna erträgt das Leben in Norrland nicht länger. Sie beabsichtigt, nach Uppsala zurückzukehren und schreibt ihrer Mutter einen entsprechenden Brief. Als Henrik das erfährt und Anna ihm auch noch gesteht, dass Pastor Gransjö im Einvernehmen mit ihr die Zurückweisung des Stellenangebots der Königin nicht weitergab, schlägt Henrik seine Frau ins Gesicht.

Kurz darauf reist Anna mit Dag nach Uppsala.

Henrik wird in Forsboda immer stärker ausgegrenzt.

Nach der Stilllegung des Sägewerks erschießt Nordenson sich Ende 1917 mit einem Gewehr.

Ohne Ankündigung kehrt auch Henrik im Juni 1918 nach Uppsala zurück. Er folgt seiner hochschwangeren Frau und deren Mutter, bis Anna allein auf einer Parkbank sitzen bleibt. Henrik nimmt auf der benachbarten Bank Platz und wartet demütig, bis Anna ihn bemerkt. Er werde sie nicht überreden können, es erneut in Norrland zu versuchen, stellt sie sogleich klar, aber das hat Henrik auch gar nicht vor: Er will im Herbst als Hofpastor in Stockholm anfangen.

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„Die besten Absichten“ ist ein stimmungsvoller, bewusst altmodisch inszenierter Ausstattungsfilm. Hervorzuheben ist vor allem die Besetzung. Pernilla Östergren-August und Samuel Fröler verkörpern die beiden Hauptfiguren sehr überzeugend: den unschlüssigen Eigenbrötler aus ärmlichen Verhältnissen und die selbstbewusste, entscheidungsfreudige Tochter einer großbürgerlichen Familie.

Karin Åkerblom, Anna, Henrik Bergman und auch Frida Strandberg – sie haben alle die besten Absichten, sind jedoch nicht in der Lage, ihr Glück zu erzwingen. Karin Åkerblom sieht voraus, dass ihre Tochter Anna in der Beziehung mit Henrik Bergman leiden wird. Deshalb versucht sie, die Eheschließung zu verhindern, obwohl sie Anna dadurch ebenfalls unglücklich macht. Die Hochzeit findet trotzdem statt. Und wie von Karin befürchtet, erfährt Anna in ihrer Ehe mit dem Pastor Henrik Bergman viel Leid. In der Beziehung kommt es immer wieder zu Krisen, aber die beiden geben nicht auf, sondern kämpfen um den Fortbestand ihrer Ehegemeinschaft. Dabei geht es auch darum, die Bedürfnisse des Partners bzw. der Partnerin zu respektieren.

Bei dem Kind, mit dem Anna Bergman am Ende des Films „Die besten Absichten“ schwanger ist, handelt es sich um Ingmar Bergman. Er schrieb das Drehbuch 1988 in weniger als einem halben Jahr. Die 1909 beginnende und 1918 endende Geschichte handelt von seinen Großeltern Anna und Johan Åkerblom sowie seinen Eltern Karin und Erik Bergman. Warum er den Pastor im Film Henrik statt Erik nennt und die Namen seiner Mutter und seiner Großmutter vertauscht hat, wissen wir nicht. Johan Åkerblom starb in Wirklichkeit nicht vor der Eheschließung seiner Tochter, sondern erst 1919. Erik Bergmans erste Tätigkeit als Pastor erfolgte in Söderhamn, 180 Kilometer nördlich von Uppsala, nicht in Norrland. Und die Bergmans zogen nicht 1918 wie im Film, sondern erst fünf Jahre später – als auch die Tochter Margareta bereits geboren war – nach Stockholm. In der Buchausgabe von „Die besten Absichten“ schreibt Ingmar Bergman denn auch:

Ich will nicht behaupten, dass ich die Wahrheit meiner Erzählung sonderlich ernst nahm. Ich fügte hinzu, verlängerte, ließ weg und änderte, aber wie so oft bei derartigen Spielen ist das Spiel womöglich deutlicher als die Wirklichkeit.

Nachdem sich Ingmar Bergman in „Fanny und Alexander“ (1982) mit seiner Kindheit beschäftigt hatte, konzipierte er „Die besten Absichten“ als ersten Teil einer Trilogie über seine Eltern. Dazu gehören auch „Sonntagskinder“ (1992, Regie: Daniel Bergman) und „Enskilda samtal“ (1995, Regie: Liv Ullmann). „Sonntagskinder“ spielt 1926, „Enskilda samtal“ 1925 bis 1934. Pernilla August verkörpert Ingmar Bergmans Mutter nicht nur in „Die besten Absichten“, sondern auch in „Enskilda samtal“ und in „Dabei; Ein Clown“ (1997, Regie: Ingmar Bergman).

Die Dreharbeiten für „Die besten Absichten“ dauerten von Sommer 1990 bis Frühjahr 1991. Außer in den Filmhus Studios in Stockholm wurde in Uppsala, Strömsberg, Ransjö, Dillnäs und Trosa (Tureholm slott) gedreht.

Während der Dreharbeiten heirateten der Regisseur Bille August und die Hauptdarstellerin Pernilla Östergren (geb. Mia Pernilla Hertzman-Ericson, 1958).

Bille August drehte „Die besten Absichten“ mit zwei verschiedenen Skripts als vierteilige Fernsehserie und zugleich auch als Kinofilm. Die fast sechseinhalb Stunden lange Serie wurde am 25., 26., 29. und 30. Dezember 1991 erstmals in Schweden ausgestrahlt (SVT1). Die Uraufführung der dreistündigen Leinwandversion erfolgte am 14. Mai 1992 bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes – und wurde dort mit einer „Goldenen Palme“ ausgezeichnet. Zugleich erhielt Pernilla Östergren-August den Preis für die Hauptrolle in „Die besten Absichten“.

Weil „Die besten Absichten“ bereits im Fernsehen gelaufen war, scheiterte die Bewerbung für eine „Oscar“-Nominierung in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film.

Ingmar Bergmans Skript für „Die besten Absichten“ gibt es auch als Buch (Übersetzung: Heiner Gimmler, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1993, 435 Seiten, ISBN 3-462-02275-X).

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015

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