Saving Mr Banks
Saving Mr Banks
Inhaltsangabe
Kritik
Walt Disney (Tom Hanks) hatte seinen Töchtern Diane und Sharon 1940 versprochen, ihr Lieblings-Kinderbuch „Mary Poppins“ zu verfilmen. 20 Jahre lang bemühte er sich um die Filmrechte. Erst als die in London lebende Autorin P. L. Travers (Emma Thompson) dringend Geld benötigt, lässt sie sich von ihrem Agenten Diarmuid Russell (Ronan Vibert) überreden, 1961 für zwei Wochen nach Los Angeles zu fliegen, um am Drehbuch mitzuarbeiten.
In der Erwartung, dass Walt Disney, dessen Trickfiguren sie verabscheut, ihrem Buch nicht gerecht werden könne, steigt sie widerwillig ins Flugzeug. Der Chauffeur Ralph (Paul Giamatti) holt sie mit einer Stretchlimousine im Flughafen ab und fährt sie ins Hotel, wo P. L. Travers erst einmal die in ihrer Suite verteilten Disney-Figuren wegräumt und die Birnen aus dem Fenster wirft. Im Studio in Burbank wird sie vom Drehbuchautor Don DaGradi (Bradley Whitford) und den Komponisten Richard und Robert Sherman (Jason Schwartzman, B. J. Novak) begrüßt. Die hemdärmeligen Amerikaner benutzen dabei ihren Vornamen Pamela. P. L. Travers stellt sogleich klar, dass sie als Mrs Travers angesprochen werden möchte, ihr Buch nicht für ein Musical freigeben werde und Mr DaGradi allenfalls Co-Autor sein könne, weil sie in allen Fragen der Adaptation das letzte Wort habe.
P. L. Travers besteht darauf, die tagelangen Arbeitsgespräche mit Don DaGradi, Richard und Robert Sherman mit einem Tonbandgerät aufzuzeichnen.
Von Anfang an stellt sie Forderungen, die kaum zu erfüllen sind. Beispielsweise will sie kein Rot in dem Film haben, obwohl Walt Disney sie darauf hinweist, dass ihre Geschichte in London spielt und dort die Telefonzellen und Briefkästen rot sind. Er versucht alles, um zu verhindern, dass sie wieder abreist, ohne den Vertrag unterschrieben zu haben.
Als P. L. Travers nach einigen Tagen erfährt, dass entgegen der Absprache Pinguine als Trickfiguren geplant sind, rauscht sie aufgebracht an Walt Disneys Vorzimmerdamen Dolly (Melanie Paxson) und Tommie (Kathy Baker) vorbei in sein Büro – und überrascht ihn beim Rauchen einer Zigarette. Das ist ihm peinlich, denn er hält Rauchen für ein Laster und möchte nicht, dass die Öffentlichkeit irgendetwas von ihm erfährt, was nicht mit dem Image des gutherzigen Märchenonkels im Einklang steht. Aber P. L. Travers wirft ihm nur den von ihr noch immer nicht unterschriebenen Vertrag auf den Schreibtisch und lässt sich dann von Ralph zum Flughafen fahren.
Der Chauffeur ist die einzige Person, die P. L. Travers in den zwei Wochen in Los Angeles von ihrer Lauterkeit überzeugt hat. Weil sie weiß, dass seine Tochter auf einen Rollstuhl angewiesen ist, gibt sie ihm zum Abschied eine Liste mit Namen von Persönlichkeiten wie Frida Kahlo und Franklin D. Roosevelt, die trotz ihrer Behinderung erfolgreich waren. Außerdem nennt sie Ralph beim Vornamen und fordert ihn auf, sie mit Pamela anzusprechen.
Als Walt Disney einen Blick auf ihre Spesenabrechnung wirft, stellt er fest, dass das First-Class-Ticket von Los Angeles nach London auf den Namen Helen L. Goff ausgestellt wurde. Auf diese Weise erfährt er, dass es sich bei P. L. Travers um ein Pseudonym handelt. Weitere Erkundigungen ergeben, dass Helen Goff keine Engländerin ist, wie angenommen, sondern in Australien aufwuchs. Da beginnt Walt Disney zu begreifen, dass „Mary Poppins“ viel Persönliches enthält und die Romanfigur Mr Banks für Travers Goff steht, den Vater der Autorin. Das erklärt ihre Kompromisslosigkeit.
Kurz entschlossen fliegt Walt Disney nach London und überrascht P. L. Travers mit seinem Besuch. Er erzählt ihr von seiner harten Kindheit. Sein strenger Vater zwang ihn und seinen Bruder Roy, auch im Winter morgens und abends Zeitungen auszutragen. Dabei froren sie erbärmlich, weil Elias Disney zu geizig war, um ihnen geeignete Schuhe und Kleidung zu kaufen. In einem längeren Gespräch erreicht Walt Disney, dass P. L. Travers endlich den Vertrag über die Filmrechte unterschreibt. Sie versucht auch nicht mehr, ein Drehbuch nach ihren Vorstellungen zu erzwingen.
Zur Premiere in Grauman’s Theatre in Hollywood lädt Walt Disney die Autorin vorsichtshalber nicht ein, denn die Verfilmung enthält nun doch vieles von dem, was P. L. Travers ausdrücklich abgelehnt hatte. Sie überrascht ihn jedoch mit einem Besuch in seinem Büro, und es bleibt ihm nichts anderes übrig als die Lüge, die Einladung sei bei der Post verloren gegangen.
Ralph fährt Pamela am 27. August 1964 zur Premiere. Durch ein Spalier von Disney-Mitarbeitern in Pinguin-Kostümen geht sie zu einer Micky Maus, von der sie ins Filmtheater geführt wird. Anfangs nimmt sie an, dass der Film ihren schlimmsten Befürchtungen entspricht, aber als sie merkt, wie das Publikum lacht und mitgeht, öffnet sie sich – und weint schließlich erschüttert, weil die Geschichte auf der Leinwand sie an ihren Vater und die eigene Kindheit erinnert.
P. L. Travers wuchs als Helen Lyndon Goff (Annie Rose Buckley) in Australien auf. Ihr Vater Travers (Colin Farrell) rief sie „Ginty“. Oft erzählte er ihr und ihren beiden jüngeren Schwestern Märchen, und er nutzte jede Gelegenheit, ihre Fantasie anzuregen. 1905 zog er mit seiner Frau Margaret (Ruth Wilson) von Maryborough nach Allora um, wo er eine Stelle als Bankmanager bekam. Wegen seiner Alkoholkrankheit verlor er sie jedoch bald wieder. Als er erkrankte und nicht mehr aufstehen konnte, kam Margarets resolute Schwester Ellie (Rachel Griffiths), um im Haushalt zu helfen. Travers Goff starb im Alter von 43 Jahren. Sowohl mit ihrem Pseudonym als auch mit der Figur des Mr Banks in „Mary Poppins“ setzte ihm seine Tochter Helen ein Denkmal.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)John Lee Hancock (Regie), Kelly Marcel und Sue Smith (Drehbuch) erzählen von den zwei Wochen, in denen P. L. Travers in Los Angeles am Drehbuch von „Mary Poppins“ mitarbeitet, Walt Disneys Besuch bei ihr in London und der Filmpremiere. Was die Autorin in ihrer Kindheit erlebte, sehen wir in zahlreichen kurzen Rückblenden.
Mary Poppins – Originaltitel: Mary Poppins – Regie: Robert Stevenson – Drehbuch: Bill Walsh, Don DaGradi, nach dem Kinderbuch „Mary Poppins“ von T. L. Travers – Kamera: Edward Colman – Schnitt: Cotton Warburton – Musik: Richard M. Sherman, Robert B. Sherman; Arrangements und musikalische Leitung: Irwin Kostal – Darsteller: Julie Andrews, Dick Van Dyke, David Tomlinson, Glynis Johns, Karen Dotrice, Matthew Garber, Elsa Lanchester, Ed Wynn, Hermione Baddeley, Reginald Owen, Arthur Treacher, Reta Shaw, Jane Darwell u.a. – 1964; 140 Minuten
„Saving Mr Banks“ gibt sich als biografische Tragikomödie, aber mit der Realität geht der Film recht locker um. Er ähnelt eher einem rührseligen Disney-Märchen, und vor allem das Ende ist so kitschig, wie die Filmfigur P. L. Travers die Verfilmung ihres Kinderbuchs „Mary Poppins“ nicht haben wollte.
Das schlimmste Laster Walt Disneys im Film ist das Rauchen. Andere Charakterschwächen werden nicht einmal angedeutet, etwa seine denunzierenden Zeugenaussagen in der McCarthy-Ära, seine Misogynie und antisemitischen Ressentiments. Tom Hanks spielt Walt Disney als ehrbaren Geschäftsmann, der sein Image als Märchenonkel pflegt, seinem Publikum ein paar glückliche Stunden vermitteln möchte, beharrlich seine Ziele verfolgt und doch auch Kind geblieben ist.
Wenn wir „Saving Mr Banks“ glauben, war nicht nur P. L. Travers der Vergangenheit verhaftet, sondern auch Walt Disney: Er will ein 20 Jahre zuvor seinen Töchtern gegebenes Versprechen halten und schleppt ebenfalls eine prägende Vaterfigur mit sich herum, einen „Mr Banks“. Das ist Küchenpsychologie. Die Katharsis, die P. L. Travers bei der Premiere der Verfilmung von „Mary Poppins“ erlebt, ist jedenfalls nicht nachvollziehbar. Und das, obwohl Emma Thompson so ausdrucksstark und überzeugend wie möglich spielt.
Die Dreharbeiten fanden in Los Angeles und der Umgebung statt, in Burbank, im TCL Chinese Theatre (Grauman’s) in Hollywood, im Disneyland in Anaheim und auf der Big Sky Ranch in Simi Valley.
Für die Filmmusik von „Saving Mr Banks“ wurde Thomas Newman mit einem „Oscar“ ausgezeichnet. (Für „Mary Poppins“ hatte es übrigens fünf „Oscars“ gegeben.)
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2014