Hermann Göring
Reichsmarschall, Beauftragter für den Vierjahresplan, Präsident des Reichstags, Reichsluftfahrtminister, Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Reichsforstmeister, Reichsjägermeister, Preußischer Ministerpräsident, Reichsstatthalter von Preußen u.a.
Hermann Göring stammte im Gegensatz zu Hitler, Goebbels und anderen führenden Nationalsozialisten aus einer großbürgerlichen Familie und wohnte als Kind in Schlössern. Schon in seiner frühen Jugend galt er als eigenwilliger Draufgänger. Im Ersten Weltkrieg wurde er als Fliegerheld gefeiert, aber 1918 endete die militärische Karriere abrupt.
In Hitlers Bewegung sah er eine Chance, ein neues abenteuerliches, gewissermaßen „heldisches“ Leben zu führen — obwohl er die NSDAP „als eine Bande von Biersäufern“ verachtete und ihm der „ideologische Kram“ gleichgültig blieb.
Göring, der selbst mit einer adeligen Schwedin verheiratet war, führte Hitler in Kreise der Aristokratie, des Großbürgertums und führender Industrieller ein und half so, den Gefreiten, der vor dem Krieg in Wiener Obdachlosenheimen gelebt hatte, salonfähig zu machen. Am 30. August 1932 wurde Göring zum Reichstagspräsidenten gewählt. Ohne Hindenburgs Vertrauen in den Träger des Ordens „Pour le mérite“ wäre Hitler am 30. Januar 1933 nicht Kanzler geworden.
Dafür ernannte Hitler seinen Paladin dann zum Preußischen Ministerpräsidenten, Reichsluftfahrtminister, Reichsforst- und -jägermeister, Oberbefehlshaber der Luftwaffe und Wirtschaftsdiktator,
beförderte ihn zum Reichsmarschall und designierte ihn als Nachfolger. Bei dieser Ämterfülle musste Göring trotz seiner außergewöhnlichen Intelligenz und seines Tatendrangs versagen, zumal er keine eigenständigen Persönlichkeiten als Mitarbeiter ertrug.
Karriere bedeutete für ihn Macht, prunkvollen Besitz und großspurigen Lebensstil. Mit infantiler Freude zeigte sich der eitle Selbstdarsteller in Fantasieuniformen und extravaganten Morgenröcken. Weil er das Erreichte nicht aufs Spiel setzen wollte, versuchte er, den Krieg zu verzögern, doch es gelang ihm nicht, Hitler vom „Vabanquespiel“ abzuhalten. Korrupt und skrupellos, war Göring stets auf seinen Vorteil bedacht. Über Goebbels‘ fanatischen Judenhass mokierte er sich; grausam wollte er nicht sein, aber er gab zu, dass er „nicht gerade schüchtern war, wenn es sich darum handelte, 1000 Mann erschießen zu lassen“.
Nach dem Tod seiner geliebten Frau Karin heiratete er die Schauspielerin Emmy Sonnemann, die dem 45-Jährigen das einzige Kind gebar.
Weil Hitler ihn zuletzt für einen Verräter hielt, verstieß er den Reichsmarschall im April 1945 aus der Partei.
Der in Nürnberg tagende Internationale Militärgerichtshof verurteilte Göring zum Tod. Um der Schande des Erhängens zu entgehen, vergiftete er sich am 15. Oktober 1946 in seiner Gefängniszelle.
© Dieter Wunderlich
Dieter Wunderlich: Göring und Goebbels. Eine Doppelbiografie
Verlag Friedrich Pustet, Regensburg (beim Verlag vergriffen)