Vergiss Amerika

Vergiss Amerika

Vergiss Amerika

Originaltitel: Vergiss Amerika – Regie: Vanessa Jopp – Drehbuch: Maggie Peren – Kamera: Judith Kaufmann – Schnitt: Martina Matuschewski – Musik: Michael Beckmann – Darsteller: Marek Harloff, Roman Knižka, Franziska Petri, Margitta Lüder-Preil, Rita Feldmeier, Andreas Schmidt-Schaller, Johannes Franke, Wolfgang Grosse, Ursula Doll, Rainer Gohde, Janusz Cichocki, Roland Baalcke, Daniela Tolkien u.a. – 2000; 90 Minuten

Inhaltsangabe

David und Benno sind in der DDR-Kleinstadt Aschleben aufgewachsen und seit ihrer Kindheit miteinander befreundet. Als die Pastorentochter Anna in den 90er-Jahren für einen Sommer nach Aschleben kommt, verlieben sich beide in sie. Die drei Jugendlichen haben verschiedene Zukunftspläne, deren Verwirklichung allerdings an den alltäglichen Verhältnissen in der Gesellschaft scheitert ...
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Kritik

"Vergiss Amerika" ist ein Drama über das Erwachsenwerden. Schnörkellos und ohne Effekthascherei, aber mit großer Sensibilität erzählt Vanessa Jopp die traurige Geschichte, die dadurch sehr authentisch wirkt und den Zuschauer berührt.
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David (Marek Harloff) und Benno (Roman Knizka) sind in der DDR-Kleinstadt Aschleben aufgewachsen und seit ihrer Kindheit miteinander befreundet. Als Anna Lindner (Franziska Petri), die Tochter des Pastors (Gerhardt Printschitsch), in den Neunzigerjahren für einen Sommer nach Aschleben kommt, verlieben sich beide Jungen in sie. Während der selbstbewusste Draufgänger Benno sie küsst, träumt sein schüchterner Freund nur davon.

Die drei Jugendlichen haben verschiedene Zukunftspläne: Anna strebt eine Karriere als Filmschauspielerin an, Benno hat sich vorgenommen, in Aschleben einen Autohandel mit amerikanischen Straßenkreuzern zu eröffnen, und David möchte Fotograf werden.

Im Herbst zieht Anna nach Berlin, um dort Schauspielunterricht zu nehmen. Benno wird zum Wehrdienst eingezogen und lernt Fallschirmspringen. David kommt als Zivildienstleistender ins Vogelschutzgebiet auf Rügen. Dort besuchen ihn Benno und Anna. Während Anna mit ihm Vögel beobachtet, beschließt er, sich in Berlin um einen Ausbildungsplatz als Fotograf zu bewerben und um Anna zu werben.

Ein Arbeitsunfall seines Vaters (Andreas Schmidt-Schaller) durchkreuzt den Plan. David muss nach Hause. Zusammen mit seinem Bruder Benjamin (Johannes Franke) und seiner Mutter (Rita Feldmeier) holt er den Verunglückten, der fortan auf einen Rollstuhl angewiesen ist, aus dem Krankenhaus. Um sich zu beschäftigen, beginnt Herr Ludoff, seine Zinnsoldaten anzumalen.

David fängt in einem Fotoladen in Aschleben an. Aber ein paar Monate später schließt Herr Bergmann (Rainer Gohde) das Geschäft. Daraufhin bewirbt sich David in der Fotoabteilung des Supermarkts. Der Personalchef (Gerd Lohmeyer) kann ihm jedoch nur eine Stelle hinter der Fischtheke anbieten. Um nicht länger arbeitslos wie sein Bruder zu bleiben, nimmt der Dreiundzwanzigjährige das Angebot an und lässt sich von einer erfahrenen Kollegin (Angelika Dintinger) einweisen.

Anna wohnt inzwischen wieder bei ihrem Vater in Aschleben und wartet vergeblich auf Engagements. David geht ihr aus dem Weg und versucht, sie zu vergessen. Benno verwirklicht seinen Traum und richtet sich in Aschleben als Gebrauchtwagenhändler ein. Aber die Kunden bleiben aus – bis eines Tages zwei Polen (Janusz Cichocki, Roland Baalcke) bei ihm auftauchen und ihm den ersten Schlitten abkaufen. Dass es sich offensichtlich um zwei Autoschieber handelt, will Benno nicht wahrhaben.

Zufällig trifft David Anna in einer Diskothek. Nachdem er fünf Fläschchen Jägermeister gekippt hat, macht er ihr eine Liebeserklärung. Bevor Anna darauf antworten kann, kommt Benno hinzu. Sobald Anna und David wieder allein sind, stellt sie klar, dass sie nicht ihn, sondern Benno liebt.

Endlich erhält Anna ein Angebot: Sie soll bei der Synchronisation eines Filmes in Leipzig mitmachen. Benno bittet seinen Freund, sie hinzufahren und stellt ihnen ein Auto zur Verfügung. Erst im Aufnahmestudio merkt Anna, dass sie eine Lesbe in einem Pornofilm synchronisieren soll. Frustriert und zornig fährt sie mit David zurück nach Aschleben.

Mitten in der Nacht erhält David einen Anruf von Benno aus Polen. Übermüdet fährt er los, um ihn von dort abzuholen. Die Geschäftspartner haben den Autohändler zusammengeschlagen und an einer Straßenecke liegen lassen. Trotzdem will er weitermachen. Sein Vorbild ist Bugsy Siegel, der mitten in der Wüste ein Hotelkasino errichtete und damit den Grundstein für Las Vegas legte.


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Immer häufiger geraten Benno und Anna in Streit. Schließlich schläft sie mit David in dessen Zimmer. Am nächsten Morgen kommt Benno ahnungslos zu den Ludoffs: Er will mit seinem Freund zusammen zwei Autos nach Polen bringen. Als er David und Anna zusammen die Treppe herunterkommen sieht, wird er zornig.

Trotzdem bricht er mit David nach Polen auf. Er rast immer schneller. David kann ihm kaum folgen. In einer Kurve kommt Benno von der Straße ab. Der Wagen überschlägt sich und explodiert.

Bei der polizeilichen Untersuchung des tödlichen Unfalls stellt sich heraus, dass die Bremsschläuche durchtrennt waren.

Bald darauf verlässt David Aschleben. Während der Zug aus dem Bahnhof rollt, kommt Anna in den Waggon, in dem David sitzt, und ohne dass sie sich gegenseitig gesehen haben, nimmt sie im Nachbarabteil Platz. Rücken an Rücken beginnen sie die Fahrt.

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„Vergiss Amerika“, der Abschlussfilm von Vanessa Jopp an der Filmhochschule München, ist ein Drama über das Erwachsenwerden. Die Handlung dreht sich um drei Jugendliche nach der Wende in Ostdeutschland, deren Zukunftspläne an den alltäglichen Verhältnissen in der Gesellschaft scheitern und die mit dieser Desillusionierung unterschiedlich umgehen.

„Vergiss Amerika“ erinnert ein wenig an „Jules und Jim“, aber Vanessa Jopp ahmt François Truffaut nicht nach, sondern hat ihren eigenen Stil gefunden. Unaufdringlich und unprätentiös, schnörkellos und ohne Effekthascherei, aber mit großer Sensibilität erzählt sie die traurige Geschichte, die dadurch sehr authentisch wirkt und den Zuschauer berührt. Die Hauptrollen sind mit Marek Harloff, Roman Knižka und Franziska Petri perfekt besetzt.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2011

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