Du lebst noch 105 Minuten
Du lebst noch 105 Minuten
Inhaltsangabe
Kritik
Bei der Abschlussfeier im College umgarnt die verwöhnte Unternehmertochter Leona Cotterell (Barbara Stanwyck) den Freund ihrer Mitschülerin Sally Hunt (Ann Richards). Obwohl Henry Stevenson (Burt Lancaster) keinen Schulabschluss hat und nur ein kleiner Verkäufer in einer Drogerie ist, setzt sich Leona in den Kopf, ihn zu heiraten und lässt sich auch von ihrem Vater James (Ed Begley) nicht davon abbringen. (Ihre Mutter war kurz nach ihrer Geburt an Herzschwäche gestorben.)
Das Paar wird jedoch nicht glücklich: Henry ist unzufrieden, weil er von seinem Schwiegervater einen zwar gut bezahlten aber nutzlosen Job bekommen hat, und Leona reagiert auf seine Bemühungen, sich auf eigene Beine zu stellen und eine eigene Wohnung zu mieten, mit einer Herzneurose, die sich im Lauf der Zeit so verschlimmert, dass sie kaum noch das Bett verlassen kann.
Eines Abends macht Leona sich in ihrem Apartment in New York Sorgen, weil Henry längst zu Hause sein müsste. Sie lässt sich mit seinem Büro verbinden und hört dabei aufgrund eines Fehlers bei der Handvermittlung ein Telefongespräch von zwei Männern. Einer der beiden soll in 105 Minuten – um 23.15 Uhr – eine Frau ermorden, die sich allein in ihrem Haus aufhält. Aufgeregt berichtet Leona der Störungsstelle, was sie gerade gehört hat, aber man verweist sie an die Polizei. Sergeant Duffy (Cliff Clark) hält ihre Angaben für viel zu vage, um etwas unternehmen zu können. Und Leonas Vater, der sich wie jeden Abend von Chicago aus nach ihrem Befinden erkundigt, glaubt an einen schlechten Scherz.
Durch einen Anruf bei Henrys Sekretärin Elizabeth Jennings (Dorothy Neumann) erfährt Leona, dass ihr Mann an diesem Vormittag unerwarteten Besuch von einer Mrs Lord bekam, sie zum Essen einlud und nach dieser Verabredung nicht mehr ins Büro zurückkam.
Leona telefoniert mit Mrs Lord. Die tut so, als frage eine Freundin nach einem Kuchenrezept, damit ihr Ehemann Frederick (Leif Erickson) nicht merkt, mit wem sie spricht. Kurz darauf ruft sie Leona von einer Telefonzelle aus zurück: Mrs Lord ist niemand anderes als Sally, die inzwischen mit einem Rechtsanwalt verheiratet ist und einen Sohn (Jimmy Hunt) hat. Sally war bei Henry, um ihn zu warnen, denn Fred Lord ermittelt offenbar zusammen mit seinem Freund, dem Detective Joe Robertson (John Bromfield) gegen ihn. Sally weiß allerdings nicht, um was es sich handelt.
In ihrer Verzweiflung ruft Leona Dr. Alexander (Wendell Corey) an, der sie vor kurzer Zeit untersuchte. Er ist auf einer Party, weigert sich, zu ihr zu kommen und verweist auf den Brief, den er Leona vor ein paar Tagen schrieb. Sie hat jedoch nie Post von ihm erhalten. Darüber wundert sich Dr. Alexander. Vor zehn Tagen war Henry bei ihm, um nach dem Untersuchungsergebnis zu fragen. Der Arzt erklärte ihm, dass Leona organisch gesund ist und es sich bei den Herzschmerzen um ein neurotisches Phänomen handelt. Henry überredete ihn, Leona einen Brief zu schreiben, statt sie in die Praxis zu bestellen.
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Mehrmals an diesem Abend ist ein gewisser Waldo Evans (Harold Vermilyea) bei Leona am Apparat und will dringend mit Henry sprechen. Schließlich lässt er sich von ihr dazu drängen, sich ihr anzuvertrauen. Als Chemiker in einem der Werke von James Cotterell war Professor Evans für die geheimen Formeln der hergestellten Drogerieprodukte verantwortlich. Vor einem Jahr machte Henry sich an ihn heran und überredete ihn, Grundstoffe und Rezepturen zu veruntreuen. Für die Erzeugnisse hatte Henry einen kriminellen Abnehmer namens Morano (William Conrad). Nach einigen Monaten beschloss Henry, Morano auszubooten und auf eigene Rechnung zu verkaufen. Um ein Lager einrichten zu können, erwarb Evans in seinem Auftrag ein heruntergekommenes kleines Haus auf Staten Island: „Dunstan Terrace“. Morano fand sich jedoch nicht mit der neuen Situation ab, sondern zwang Henry Stevenson und Waldo Evans, das neue Versteck zu verraten und verlangte zusätzlich eine finanzielle Entschädigung. Das Geld könne Henry sich doch von der Lebensversicherung seiner herzkranken Frau auszahlen lassen, meinte er und schlug ihm damit implizit vor, sie ermorden zu lassen. – Evans wollte Henry an diesem Abend mitteilen, dass Morano verhaftet wurde und offenbar nichts verraten hat. Außerdem brannte Evans „Dunstan Terrace“ nieder, um Spuren zu beseitigen.
Leona, die inzwischen befürchtet, dass sie die Frau ist, die umgebracht werden soll, hört um 23 Uhr, dass jemand ins Haus eingedrungen ist. Da ruft Henry aus New Haven an. Panisch vor Angst entschuldigt Leona sich dafür, dass sie nicht begriff, wie Henry darunter litt, an ihrer Seite kein eigenständiges Leben führen zu können. Als sie berichtet, was Evans ihr mitteilte, gesteht Henry, ihren Vater bestohlen zu haben. Er fordert sie auf, sofort das Fenster zu öffnen und so laut wie möglich um Hilfe zu schreien, aber Leona fühlt sich zu krank, um aufzustehen, obwohl sie einen Mann über die Treppe heraufkommen hört. Die Telefonverbindung bricht ab. Henry lässt sich noch einmal durchstellen. Eine Männerstimme antwortet: „Bedaure, falsch verbunden.“ – Vor der Telefonzelle wartet die Polizei auf Henry.
nach oben (zur Kritik bzw. Inhaltsangabe)Lucille Fletcher adaptierte ihr eigenes, aus einem 22 Minuten langen Monolog bestehendes und erstmals 1943 ausgestrahltes Hörspiel „Sorry, Wrong Number“ fürs Kino. Anatole Litvak inszenierte den kammerspielartigen Psychothriller „Du lebst noch 105 Minuten“ im Stil des film noir und in der Tradition von Alfred Hitchcock. Weitaus die meisten Aufnahmen zeigen Leona Stevenson in ihrem Schlafzimmer, wie sie verzweifelt und schließlich in Todesangst telefoniert. In mehreren Rückblenden wird die Vorgeschichte erzählt. Auf diese Weise entsteht allmählich ein Gesamtbild, das bis in die Details sorgfältig durchdacht und plausibel ist.
Obwohl der Klassiker „Du lebst noch 105 Minuten“ inzwischen über sechzig Jahre alt ist, wirkt er noch immer klaustrophobisch, beklemmend, fesselnd und spannend. Barbara Stanwyck (1907 – 1990) wurde für die Rolle in „Du lebst noch 105 Minuten“ für einen „Oscar“ nominiert.
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007
Anatole Litvak: Lieben Sie Brahms?