Patricia MacDonald : Ein Fremder im Haus

Ein Fremder im Haus
Originalausgabe: Stranger in the House, 1983 Ein Fremder im Haus Übersetzung: Nina Pallandt dtv, München 2006 ISBN: 3-423-24508-5, 337 Seiten
Buchbesprechung

Inhaltsangabe

Anna Lange lässt ihren vierjährigen Sohn Paul kurz im Garten unbeaufsichtigt, um nach ihrem schreienden Baby Tracy zu sehen. Als sie zurückkommt, fehlt von Paul jede Spur. – Elf Jahre später wird er gefunden: Er wuchs bei dem Ehepaar Rambo auf. Bevor die Frau nun einem Krebsleiden erlag, gestand sie die Entführung in einem Brief. Der Witwer, nach dem die Polizei fahndet, drängt Anna, sich mit ihm zu treffen und verspricht wichtige Informationen. Doch als sie hinkommt, ist er tot ...
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Kritik

Den Figuren in dem leicht zu lesenden Psychothriller "Ein Fremder im Haus" von Patricia MacDonald fehlt es an Komplexität und Widersprüchlichkeit.
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Thomas Lange, der stellvertretende Finanzabteilungsleiter der Phelps Corporation in New York City, lebt mit seiner im dritten Monat schwangeren Ehefrau Anna, seinem vierjährigen Sohn Paul und dem Baby Tracy in Stanwich, Connecticut. Die Villa steht in einem noblen Viertel. Beim Nachbarn Edward Stewart handelt es sich beispielsweise um einen erfolgreichen Unternehmer, der zu den großzügigen Mäzenen und einflussreichen Männern in Stanwich zählt. Thomas und Anna betrachten Edward und dessen schüchterne Ehefrau Iris als Freunde. Sie sehen darüber hinweg, wie Iris von Edward behandelt wird: Er demütigt sie bei jeder Gelegenheit.

Edward stammt aus kleinen Verhältnissen. Als Student konnte er sich kein Apartment leisten, sondern wohnte als Untermieter in einem Zimmer bei einer alten Witwe, die ihren verwaisten Enkel aufzog. Als der Junge einmal versehentlich Kakao über eine Seminararbeit Edwards kippte, lockerte dieser heimlich die Muttern am Fahrrad des Kindes und sah zu, wie es stürzte. Mit dem Geld seines Schwiegervaters, eines Rechtsanwalts, legte Edward die Grundlage für seine Karriere als Unternehmer. Als er eine andere Firma aufgekauft hat, entlässt er die Mitarbeiter eiskalt, obwohl er dem ehemaligen Besitzer während der Verhandlungen versprach, sie zu übernehmen.

An einem heißen Sommertag spielt Anna mit Paul im Garten. Als sie Tracy im Haus schreien hört, geht sie kurz hinein. Wenige Minuten später sieht sie wieder nach ihrem Sohn, aber der ist nicht mehr da. Nachdem sie selbst überall vergeblich nach ihm gesucht hat, alarmiert sie die Polizei, Paul bleibt jedoch spurlos verschwunden.

Elf Jahre später ruft Detective Mario („Buddy“) Ferraro von der Polizei in Stanwich an und teilt mit, dass man Paul gefunden hat. Er wuchs bei Albert und Dorothy Lee Rambo in Hawley, West Virginia, auf. Kurz bevor die Krankenschwester Dorothy Lee Rambo vor einigen Tagen einem Krebsleiden erlag, hatte sie Reverend Orestes Foster einen Brief anvertraut und ihn gebeten, das Kuvert an ihrem Todestag zu öffnen. In dem Schreiben, das der Geistliche nun dem Sheriff übergab, gestand sie, dass ihr Mann das Kind vor elf Jahren entführte und offenbarte die wahre Identität des jetzt fünfzehn Jahre alten Jungen. Albert Rambo, der seit dem Tod seiner Frau flüchtig ist, nahm Paul damals mit, weil Dorothy Lee sich ein Kind wünschte, er jedoch keines zeugen konnte. Eine Adoption kam nicht in Frage, weil Rambo mehrmals in einer psychiatrischen Anstalt gewesen war.

Thomas heißt Paul willkommen, aber der entgegnet, er heiße Billy. Tracy kann mit ihrem überraschend aufgetauchten Bruder nichts anfangen. Selbst für Anna, die als Einzige nie die Hoffnung aufgab, ihren Sohn wiederzusehen, ist Paul ein Fremder im Haus.

Die Polizei fahndet nach dem Kindesentführer Albert Rambo. Der hat sich ein Zimmer im La-Z Pines Motel in Kingsburgh, New York genommen.

Auf dem Golfplatz wendet er sich an Edward Stewart und erklärt ihm, er habe ihn vor elf Jahren am Highway gesehen, während er zwischen den Büschen urinierte. Edward warnt Albert Rambo davor, zur Polizei zu gehen: Man werde ihn sofort festnehmen.

Kurz darauf spricht Albert Rambo Anna Lange auf dem Parkplatz eines Supermarkts an. Er müsse ihr etwas mitteilen, sagt er, es sei für Paul lebenswichtig. Weil es ihm an Ort und Stelle zu riskant ist, fordert er Anna auf, zu ihm ins Motel zu kommen. Anna verschweigt die Verabredung, denn sie weiß, dass Thomas die Polizei einschalten würde. Sie aber will mit dem Entführer ihres Sohnes sprechen, um mehr über Paul zu erfahren. Als sie jedoch ins La-Z Pines Motel kommt, ist die Tür des angegebenen Zimmers verschlossen, und niemand reagiert auf ihr Klopfen. Widerstrebend sperrt der Inhaber Gus DeBlakey die Tür auf. Im Bad stoßen sie auf Albert Rambos Leiche. Er scheint sich erhängt zu haben. (Als Leser wissen wir es besser: Er wurde in seinem Zimmer überfallen und betäubt. Offenbar hat der Mörder den Suizid vorgetäuscht.)

Thomas gerät außer sich, als er von dem Alleingang seiner Frau erfährt. Er wirft ihr vor, sich nur noch um Paul zu kümmern und weder auf ihn noch auf Tracy Rücksicht zu nehmen. Was wenn Pauls Entführer ihr etwas angetan hätte? Kurz entschlossen packt er seine Sachen, geht und nimmt sich ein Hotelzimmer. Am Abend besucht er seine attraktive junge Mitarbeiterin Gail Kelleher. Als er sich verabschieden will, fordert sie ihn zum Bleiben auf, und er verbringt die Nacht mit ihr.

Am anderen Morgen geht Anna mit Paul zum Arzt, weil der Junge unter Albträumen leidet und bereits mehrmals mit heftigen Kopfschmerzen zusammenbrach. Sie befürchtet, Albert Rambo habe ihr etwas über eine schlimme Krankheit Pauls mitteilen wollen. Bei den medizinischen Untersuchungen ergeben sich allerdings keine Auffälligkeiten.

Edward erschrickt, als er während der Zugfahrt zur Central Station in Manhattan in der Zeitung liest, dass Rambos Leiche von Anna gefunden wurde. Rambo hatte also Kontakt mit ihr aufgenommen. Was erfuhr sie von ihm? Besorgt fährt er mit dem nächsten Zug zurück nach Stanwich und hofft, dass nicht schon die Polizei auf ihn wartet. Anna wundert sich, als er zu ihr herüberkommt, denn das hat er noch nie getan, noch dazu an einem gewöhnlichen Werktag, an dem sie ihn im Büro vermutete. Edward zeigt sich besorgt und mitfühlend – was sonst nicht seine Art ist –, und versucht Anna auszuhorchen. Erleichtert stellt er fest, dass Rambo ihr nichts mehr sagen konnte.

Im La-Z Pines Motel beschwert sich ein methodistisches Paar über eine vollgekritzelte Bibel in ihrem Zimmer. Gus DeBlakey händigt ihnen eine neue aus, und als er in dem anderen Exemplar blättert, stößt er auf den Namen „Edward Stewart“ und eine Telefonnummer. Weil die Bibel in dem von Albert Rambo benutzten Zimmer lag, ruft Gus DeBlakey den Polizisten in Stanwich an, der ihm seine Karte daließ und ihn aufforderte, sich zu melden, wenn ihm etwas auffiele. Aber Buddy Ferraro wird erst in ein paar Tagen wieder im Dienst sein. Er und seine Frau Sandy bringen gerade ihren Sohn Mark ins College.

Am Abend ruft Thomas zu Hause an und erkundigt sich nach dem Ergebnis der medizinischen Untersuchung. Er möchte mit Anna reden und verabredet sich mit ihr in einem Restaurant. Weil Tracy nach der Schule im Tierheim tätig ist und erst um 22 Uhr nach Hause kommen wird, will Anna ihre Nachbarin bitten, auf Paul aufzupassen. Iris ist nur auf einem Sprung da, aber Edward versichert Anna, Paul könne ihn jederzeit anrufen, wenn irgendetwas los wäre.

Iris verlässt das Haus, kehrt aber nicht zu einer Wellnessfarm zurück, wie Edward meint, sondern zieht zu ihrer Freundin Angelica, mit der sie von jetzt an zusammenleben will.

Sobald alle weg sind, dringt Edward durch ein Kellerfenster ins Nachbarhaus ein. Er hat ein Messer bei sich. Bevor er Paul etwas antun kann, kehrt Tracy unerwartet früh vom Tierheim zurück. Zwei Kinder anzugreifen, wagt Edward nicht. Stattdessen zieht er sich unbemerkt zurück.

Nachdem Anna und Thomas sich beim Abendessen im Restaurant versöhnt haben, gesteht er seinen Seitensprung, und bevor er erklären kann, dass er nicht wegen einer anderen Frau ausgezogen sei, springt Anna auf und lässt ihn sitzen.

Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
überspringen Sie bitte vorerst den Rest der Inhaltsangabe.

Am nächsten Morgen bedauert Anna ihr Verhalten, und weil sie weiß, dass Thomas in Boston zu tun hat, fährt sie mit Paul zum Flughafen LaGuardia, um ihren Mann vor dem Abflug zu überraschen. Während sie ins Abfertigungsgebäude geht, bleibt Paul im Auto. Anna hat ihm eingeschärft, die Türen geschlossen zu halten und das Fahrzeug nicht zu verlassen.

Jemand klopft an die Seitenscheibe. Es ist Edward Stewart. Thomas sei von einem Straßenräuber niedergestochen worden, behauptet er. Er werde Anna suchen und dann mit ihr und Paul ins Krankenhaus fahren. Als Paul sich Edwards schwarzem Cadillac nähert und sein Blick auf die Kühlerfigur fällt, begreift er plötzlich, was es mit seinen Albträumen auf sich hat. Immer wieder träumt er, dass eine schwarze Masse und ein goldener Adler auf ihn zukommen und dann ein Mann sich über ihn beugt. Er erinnert sich, wie er als Kind von einem schwarzen Auto angefahren wurde. Verletzt blieb er im Gras neben der Straße liegen. Edward Stewart kam auf ihn zu. Er dachte, der Nachbar wolle helfen, aber stattdessen trug dieser ihn zu seinem Wagen, fuhr ein Stück mit ihm und legte ihn dann auf den Highway. Dann tauchte Albert Rambo auf und nahm ihn mit nach Hause.

Bevor Paul reagieren kann, zerrt Edward ihn in seinen Wagen und betäubt ihn.

Nachdem Anna sich erneut mit Thomas versöhnt hat, kehrt sie zum Parkplatz zurück – und kann es nicht fassen, dass Paul zum zweiten Mal verschwunden ist. Sie ist sich sicher, dass er erneut entführt wurde, aber die Polizei geht erst einmal davon aus, dass der Junge fortlief und über kurz oder lang wieder auftauchen wird.

Verzweifelt hinterlässt Anna im Copley Plaza Hotel in Boston die Nachricht, Thomas solle unverzüglich wieder nach Hause kommen; man habe Paul entführt. Dann klingelt sie bei den Nachbarn. Beim Anblick des schwarzen Cadillacs mit dem Adler als Kühlerfigur denkt sie an Pauls Albtraum. Seit sie Edward kennt, fährt er solche Autos, wenn auch alle zwei Jahre ein neues Modell. Obwohl der Wagen da ist, öffnet niemand. Vielleicht ist Edward in der Windmühle, die zum Anwesen gehört. Als Anna sich anschickt, dort nachzuschauen, kommt Edward aus dem Haus. Er bedauert sie, behauptet jedoch, nichts über Pauls Verbleib zu wissen. Auf dem Rückweg nähert Anna sich dem Cadillac – und zieht unter dem Scheibenwischer ein an diesem Morgen ausgestelltes Parkticket vom Flughafen LaGuardia hervor. Da schlägt Edward sie nieder und schleppt sie in die Mühle, wo er sie fesselt, wie er es auch mit Paul getan hat. Dann schließt er eine Kochplatte an die Steckdose an, schaltet sie ein und legt Stoffreste und alte Zeitungen darauf. Sein Plan besteht darin, dass die Mühle mitsamt den beiden hilflosen Opfern in Flammen aufgeht, während er von vielen Leuten in seinem Club gesehen wird.

Zur gleichen Zeit steigt Thomas nebenan aus einem Taxi. Weil niemand da ist, ruft er die Polizei an. Marian Hammerfeldt, die über Pauls Entführung vor elf Jahren und sein erneutes Verschwinden Bescheid weiß, ruft Buddy Ferraro im Hotel an und unterrichtet ihn über die Neuigkeiten.

Als Edward gerade das Haus verlassen und in den Club fahren will, steht Thomas vor der Tür. Um ihn von der in Kürze brennenden Mühle wegzukriegen, bietet Edward ihm an, mit ihm gemeinsam nach Anna und Tracy zu suchen. Sie sitzen bereits im Auto, als sie das Telefon im Haus klingeln hören. Edward meint, der Anrufer werde aufgelegt haben, bevor er aufsperren könne, aber Thomas besteht darauf, sofort den Anrufbeantworter abzuhören, denn es könnte sich um Anna oder Tracy gehandelt haben. Tatsächlich hinterließ Tracy eine Nachricht mit der Bitte, ihren Eltern auszurichten, dass sie bei ihrer Freundin Mary Ellen sei. Als Thomas Rauch aus der Mühle aufsteigen sieht, begreift er, dass Edward ihn weglotsen wollte. Er schlägt ihn nieder, rennt zur Mühle und rettet Anna aus den Flammen. Als er erfährt, dass Paul noch in dem brennenden Gebäude ist, stürzt er sich noch einmal in das Inferno.

Edward will mit seinem Cadillac flüchten, doch auf der Straße kollidiert er mit einem entgegenkommenden Streifenwagen. Obwohl er schuld ist, versucht er, die Polizisten durch Drohungen einzuschüchtern. Buddy Ferraro fragt ihn jedoch ungerührt, wie er es sich erkläre, dass Albert Rambo seinen Namen und seine Telefonnummer notiert habe. Man riecht Rauch. Sofort rufen die Polizisten die Feuerwehr und die Ambulanz.

Inzwischen hat Thomas auch seinen Sohn ins Freie gezerrt und mit Wiederbelebungsversuchen begonnen. Bald beginnt Paul zu husten.

Paul lächelte schwach und umklammerte die Finger seines Vaters.
Thomas lächelte Anna an […] Er beugte sich zum Ohr des Jungen und flüsterte: „Mach dir keine Sorgen. Der Krankenwagen ist gleich da.“ Er hörte bereits, wie Ambulanz und Feuerwehr über den gepflegten Rasen der Stewarts näher und näher kamen.
Paul nickte und schloss die rotgeränderten, tränenden Augen. Thomas musterte das hagere Gesicht seines Sohns. „Ich frage mich bloß, was er von mir hat“, sagte er mit einem traurigen Seufzer.
Anne nahm ihn in die Arme, während sie ihren Sohn keine Sekunde aus den Augen ließ. „Einfach alles“, sagte sie. „Alles Gute dieser Erde.“ (Seite 337)

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Im Klappentext wird „Ein Fremder im Haus“ als „raffinierter psychologischer Thriller“ gepriesen. Da hat der Verlag übertrieben, denn die Handlung ist weitgehend vorhersehbar, und nicht immer greifen die Szenen wie die Zahnräder eines Uhrwerks ineinander. Außerdem fehlt es den Figuren an Komplexität und Widersprüchlichkeit. Das gilt besonders für Edward Stewart, dem Patricia MacDonald ausschließlich negative Eigenschaften angedichtet hat. Schemenhaft wirkt dagegen Albert Rambo, von dem die Autorin behauptet, er sei psychisch gestört, ohne dies jedoch in irgendeiner Weise szenisch darzustellen. Fazit: „Ein Fremder im Haus“ ist ein leicht zu lesender, einigermaßen spannender Psychothriller, der sich zur Entspannung beispielsweise am Strand eignet.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2010
Textauszüge: © Deutscher Taschenbuch Verlag

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.