Napoleons Russland-Feldzug 1812


In der Pillnitzer Deklaration beschlossen Österreich und Preußen im August 1791, die Französische Revolution zu bekämpfen, um ein Übergreifen der Bewegung auf andere europäische Staaten zu verhindern. Daraus entwickelte sich der erste der sogenannten Koalitionskriege (1792 – 1797). Der von Österreich und Preußen geführten Koalition schlossen sich im Lauf der Zeit Piemont-Sardinien, Großbritannien, Spanien, die Niederlande und Neapel an. Den Franzosen gelang es jedoch, das linke Rheinufer zu annektieren und die Gegner einzeln zur Einstellung der kriegerischen Handlungen zu bewegen.

Am 9. November 1799 erzwangen Napoleon und seine Anhänger die Auflösung des Direktoriums. Mit diesem Staatsstreich übernahm er die Macht in Frankreich. Nachdem Napoleon sich im Zweiten Koalitionskrieg (1799 – 1802) behauptet hatte, ließ er sich vom Senat zum Konsul auf Lebenszeit ausrufen. Und am 2. Dezember 1804 krönte er sich zum Kaiser der Franzosen.

Bayern verbündete sich am 25. August 1805 mit den Franzosen. Zwei Wochen später marschierten österreichische Truppen in Bayern ein, und Wien schloss sich der fünf Monate alten englisch-russischen Allianz an. Am 21. Oktober vernichtete die britische Flotte die französisch-spanische Armada vor Trafalgar. Fast zur gleichen Zeit stießen französische Truppen zu Lande erfolgreich gegen Österreich vor. Im November erreichten sie Wien, und Napoleon richtete sich im Schloss Schönbrunn ein. Am ersten Jahrestag seiner Krönung besiegte er Kaiser Franz II. und Zar Alexander I. in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz.

1806 verbündeten sich Preußen und Russland gegen Napoleon. Das Kurfürstentum Sachsen und das Herzogtum Sachsen-Weimar, Großbritannien und Schweden schlossen sich der Koalition an. Aber nur Preußen erklärte Frankreich den Krieg – und wurde von Napoleon in einer Schlacht am 14. Oktober 1806 bei Jena und Auerstedt vernichtend geschlagen. Von Berlin aus verkündete Napoleon am 21. November ein Handelsembargo gegen Großbritannien (Kontinentalsperre).

Russland schwankte nach der Besetzung Preußens durch Napoleon zwischen der Furcht vor der französischen Hegemonialstellung in Europa und der Versuchung, sich mit Frankreich zusammenzutun, um gemeinsam den europäischen Kontinent und das Osmanische Reich zu erobern. Am 7. Juli 1807 schlossen Napoleon und Zar Alexander I. und Napoleon in Tilsit einen Friedensvertrag. Und Russland beteiligte sich an der Kontinentalsperre. Im Jahr darauf stimmten der französische Kaiser und der russische Zar in Erfurt ihr weiteres Vorgehen ab (Erfurter Fürstenkongress, 27. September – 14. Oktober 1808).

Als der Zar jedoch 1810 wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten im eigenen Land beschloss, aus der Kontinentalsperre auszuscheren, begann Napoleon gegen Russland zu rüsten. Im Mai 1812 hielt er in Dresden einen glanzvollen Fürstentag ab. Dann setzte sich rund eine halbe Million Soldaten unter seinem Kommando in Bewegung. Die größte Armee, die es bis dahin in Europa gegeben hatte, erreichte am 23. Juni die Memel und begann sie tags darauf zu überqueren.

Napoleon hatte mit einem Blitzsieg gerechnet, aber die weit unterlegenen Russen wichen einer Entscheidungsschlacht aus. Beim Rückzug hinterließen sie verbrannte Erde, damit die Angreifer sich nicht aus dem Land ernähren konnten. Am Ende räumten sie Moskau und zündeten die Stadt an. Am 14. September 1812 zog Napoleon in die verlassene Metropole ein. Zar Alexander I. wartete ab, statt mit ihm zu verhandeln oder gar zu kapitulieren.

Nachschubschwierigkeiten und der anbrechende Winter zwangen die Franzosen, sich vom 19. Oktober an zurückzuziehen. Dabei wählten sie den Weg, den sie gekommen waren, obwohl sie bereits auf dem Hinweg alles Essbare aufgebraucht hatten. Weil die Pferde zu Tausenden verendeten, musste schweres Gerät zurücklassen werden. Während die Männer sich mühsam ihren Weg durch das verwüstete Land suchten, setzten russische Soldaten und Partisanen ihnen zu. Kälte, Hunger und Krankheiten lösten die »Grande Armée« vollends auf. Insgesamt kamen 275 000 Männer ums Leben.

Am 5. Dezember verließ Napoleon den kläglichen Rest seiner Truppen, um rasch nach Frankreich zurückzukehren und sein wankendes Regime zu retten. Am 19. Dezember 1812 traf er in Paris ein.

Eigenmächtig schloss Johann David Ludwig von Yorck, der Befehlshaber des preußischen Hilfskorps in Napoleons Russlandarmee, am 30. Dezember in Litauen ein Neutralitätsabkommen mit General Iwan J. von Diebitsch-Sabalkaskij (Konvention von Tauroggen). Dieser Schritt wurde für die Patrioten in Preußen zum Fanal für die Erhebung gegen die Fremdherrschaft. Von Zar Alexander I. vor die Wahl gestellt, sich entweder als Bundesgenosse oder als Kriegsgegner zu erklären, verbündete sich König Friedrich Wilhelm III. Ende Februar 1813 mit den Russen und erklärte Frankreich einen Monat später den Krieg.

Währenddessen hob Napoleon eine neue Armee aus. Damit besiegte er die preußischen und russischen Streitkräfte am 2. Mai bei Großgörschen und am 20. / 21. Mai bei Bautzen. Dass er sich in dieser Lage für einen Waffenstillstand

zwischen den Kriegsparteien gewinnen ließ, bezeichnete Napoleon später als die größte Dummheit seines Lebens. Seine angeschlagenen Gegner nutzten nämlich die Zeit, um sich für eine Entscheidungsschlacht zu rüsten. Schweden, Großbritannien und schließlich auch Österreich gaben ihre abwartende Haltung auf und stellten sich auf die Seite der Preußen und Russen. Mit drei gewaltigen Armeen stießen die Alliierten nach dem Ablauf des Waffenstillstandes gegen den in Sachsen stehenden Napoleon vor. 600 000 Soldaten kämpften vom 16. bis 19. Oktober 1813 bei Leipzig. Damit gilt die »Völkerschlacht bei Leipzig« als größte Feldschlacht der Weltgeschichte. 100 000 Tote waren zu beklagen. Die Franzosen unterlagen der Übermacht und zogen sich zurück.

Das Napoleonische System brach zusammen.

© Dieter Wunderlich 2006

Das Zeitalter Napoleons

Napoleon Bonaparte (Kurzbiografie)

Anne Goldmann - Das Leben ist schmutzig
Anne Goldmann erzählt im raschen Wechsel, mit viel Empathie und Lebenserfahrung von den Bewohnern eines Wiener Mietshauses. Sie beschreibt die Figuren nicht, sondern charakterisiert sie durch ihr Verhalten und vor allem durch lebendige Dialoge.
Das Leben ist schmutzig