Uschi Obermaier
Die schöne Kommunardin wurde zur Ikone der Achtundsechziger-Bewegung und der sexuellen Revolution.
Uschi Obermaier:
»Sex, Drugs & Rock’n’Roll«
Leseprobe aus
Dieter Wunderlich: AußerOrdentliche Frauen. 18 Porträts
Piper Verlag, München 2009 (3. Auflage: 2011)
Zu den Grundsätzen der Kommune gehörte der Verzicht auf Privatsphäre, persönliches Eigentum, exklusive Paarbeziehungen und eine hierarchische Ordnung. Kinder sollten von der Gruppe gemeinsam antiautoritär erzogen werden. Uschi Obermaier fand nichts dabei, sich nackt fotografieren zu lassen und wurde einmal vorübergehend festgenommen, weil sie am Wannsee ohne Bikini-Oberteil herumlief. Andererseits hasste sie es, dass alle ihr Stöhnen beim Liebesspiel hören konnten. Obwohl Rainer Langhans und Uschi Obermeier auch mit anderen Partnern schliefen, wurde die Beziehung der beiden in der Kommune argwöhnisch beäugt, denn jeder wusste, dass die Münchnerin nicht aus politischen Gründen, sondern nur wegen Rainer da war, und eine
Zweierbeziehung widersprach der Ideologie. »Schönstes Paar der Apo« kommentierte der »Stern« ein Foto der beiden. »Für diese Frau würde ich jede Revolution verraten«, beteuerte Langhans. Die anderen Kommunarden warfen ihm denn auch vor, sich von Uschi »alles Politische aus dem Kopf ficken [zu] lassen« .
Uschis Leben mit den langhaarigen Kommunarden auf einem Matratzenlager war in den Augen der Öffentlichkeit ein beispielloser Skandal: »Sex, Drugs and Rock’n’Roll« . In Wirklichkeit machte sie eine harte Zeit durch, weil sie sich »in einer männlichen, politischen und manchmal total freudlosen Gruppe aufhielt, ohne den Unterschied zwischen Kapitalismus und Kommunismus zu kennen«. Sie wollte nicht die Welt verändern, gehörte weder zur APO noch zur Frauenbewegung, und ihr Rebellentum beschränkte sich darauf, nach eigenem Gusto zu leben. »Sie war in der Kommune, aber weder politisch noch intellektuell. Sie war mit Musikern zusammen, aber kein Groupie. Sie nahm Drogen, war aber kein Junkie.« Unbeabsichtigt wurde Uschi Obermaier nicht nur zum Gegenmodell der braven deutschen Hausfrau, sondern auch zur Ikone der Achtundsechziger-Bewegung und der sexuellen Revolution.
Das verdankte sie ihrem fotogenen Gesicht, ihrem wohlgeformten Körper und der unverklemmten Art, mit der sie vor der Kamera posierte. Nicht nur Reporter wurden auf sie aufmerksam, sondern auch Modefotografen, darunter Helmut Newton und Richard Avedon, und sie zierte zahlreiche Zeitschriftentitel.
Als sich die Kommune 1 im November 1969 auflöste, zogen Uschi und Rainer nach München, wo sie sich vorübergehend einer Frauenwohngemeinschaft anschlossen. Schließlich gründeten sie ihre eigene Kommune, »eine hedonistische Drogenkommune« mit dem Namen »Highfish«. Einige Mitglieder spielten in Pornofilmen mit, was Uschi für eine »Komplettverarsche der bürgerlichen Erwartungshaltung gegenüber den Kommunen und den WGs« hielt. Bei den Dreharbeiten schaute sie nur zu, denn sie hatte den Eindruck, dass die Darsteller sich abmühten. »Wenn es ausgesehen hätte, als mache es Spaß, wäre ich bestimmt dabei gewesen.«
Quelle: Dieter Wunderlich, AußerOrdentliche Frauen. 18 Porträts
© Piper Verlag, München 2009
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Fußnoten wurden in der Leseprobe weggelassen. Zitate:
Uschi Obermaier und Olaf Kraemer: High Times. Mein wildes Leben, 2007, S. 52 / 73
„Die Welt“, 20. Juni 2006
Achim Bornhak, „Der Tagesspiegel“, 15. Januar 2007
„Süddeutsche Zeitung“, 22. Januar 2007
Uschi Obermaier und Olaf Kraemer: High Times. Mein wildes Leben
Achim Bornhak: Das wilde Leben
Rudolf Thome: Rote Sonne (Kinofilm mit Uschi Obermaier)