Türkische Früchte

Türkische Früchte

Türkische Früchte

Türkische Früchte - Originaltitel: Turks Fruit - Regie: Paul Verhoeven - Drehbuch: Gerard Soetman, nach dem Roman "Türkische Früchte" von Jan Wolkers - Kamera: Jan De Bont - Schnitt: Jan Bosdriesz - Musik: Rogier van Otterloo - Darsteller: Rutger Hauer, Monique van de Veen, Hans Boskamp, Manfred de Graaf, Dolf de Vries, Bert Dijkstra, Marjol Flore, Tonny Huurdeman, Dick Scheffer, Wim van den Brink u.a. - 1973; 105 Minuten

Inhaltsangabe

Amsterdam 1973: Der junge Bildhauer Eric steht mit erhobenem Daumen an der Autobahn. Die abenteuerlustige Olga lässt ihn einsteigen und fährt bald auf einen Rastplatz, wo sie die Sitzlehne umklappt. ...
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Kritik

Anfangs könnte man glauben, es handele sich bei "Türkische Früchte" um die harmlose Parodie eines anarchistischen Sex-and-Crime-Streifens. Doch es ist eine Tragödie.
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Amsterdam 1973: Der junge Bildhauer Eric (Rutger Hauer) steht mit erhobenem Daumen an der Autobahn. Die abenteuerlustige Olga (Monique van de Veen) lässt ihn einsteigen und fährt bald auf einen Rastplatz, wo sie die Sitzlehne umklappt. Als er seine Hose wieder hochzieht, klemmt er sich mit dem Reißverschluss den Penis ein, und sie müssen am nächsten Bauernhof halten, damit ihm Olga eine Zange besorgen kann. Weil sie fröstelt, legt er ihr eine Pelzjacke um die Schultern, die er kurz vorher auf einem Maskenball einer älteren Frau stahl, während diese ihn unaufgefordert küsste. Olga versucht in die Ärmel zu schlüpfen, verliert die Kontrolle über den Wagen und rast gegen einen Baum. Mit dem bewusstlosen Mädchen in den Armen klettert Eric die Böschung zur Straße hinauf. Verzweifelt hält er sie hoch. Endlich stoppt ein Autofahrer und bringt sie ohne Rücksicht auf blutverschmierte Sitze ins Krankenhaus.

Nach dem Unfall geht Eric einige Zeit am Stock, aber sobald er auf diese Weise wieder laufen kann, sucht er das Elektrogeschäft von Olgas Eltern auf und fragt nach ihr. Die Mutter erklärt ihm, dass Olga nicht im Haus sei, nichts mehr mit ihm zu tun haben wolle und sie ihr ein Verhältnis mit ihm verbieten würde. Dann schlägt ein Verkäufer Eric zusammen und wirft ihn hinaus.

Zufällig treffen sich Eric und Olga auf einem Rummelplatz wieder. Mit dem Fahrrad bringt er sie in sein Wohnatelier und schläft mit ihr. Olgas Mutter ist entsetzt, als sie die beiden nach ihrer Rückkehr von einer Urlaubsreise in ihrer Wohnung antrifft, aber ihr Mann zeigt Verständnis für die jungen Leute. Schließlich muss sich auch die Mutter damit abfinden, dass Olga und Eric heiraten. Sie schwelgen in ihrem Glück, zu dem auch ihre hemmungslose sexuelle Beziehung gehört.

Eines Abends hat Eric alles für ein schönes Abendessen mit Wein und Kerzen hergerichtet und will gerade zwei Steaks in die Pfanne legen, als Olga anruft: Sie ist auf einer Gesellschaft, die sie nicht verlassen möchte und fordert ihn auf, ebenfalls zu kommen. Als Eric sie im Verlauf des Abends dabei beobachtet, wie sie sich von einem anderen Mann küssen lässt, kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung. In seinem Atelier zerreißt Eric die Zeichnungen von Olga und zertrümmert alle Skulpturen, für die sie Modell saß. Seine Wohnung verwahrlost; auf den Steaks kriechen Maden herum. Eric liegt ohne Hose auf dem Bett und träumt mit offenen Augen davon, wie er Olga zusammen mit einem ihrer Liebhaber grausam ermordet. Dann klebt er ein noch unzerstörtes Bild von ihr mit Speichel an die Wand und onaniert.

Er wartet, bis seine inzwischen verwitwete Schwiegermutter am Morgen den Hund ausführt, dringt in ihr Haus ein und vergewaltigt seine zunächst noch schlafende Frau. Sie wehrt sich heftig, und ihre zurückgekehrte Mutter zerrt Eric an den Beinen von Olga herunter.

Statt Skulpturen bastelt er jetzt Pseudokunst aus Abfall. Bei der Suche nach brauchbaren Gegenständen auf der Müllhalde fängt er eine kranke Möwe ein, und es gelingt ihm, sie in seiner Wohnung mit Fisch zu füttern, bis sie wieder kräftig genug ist, um wegzufliegen.

Da steht plötzlich Olga vor der Tür. Auf der Straße lehnt ihr neuer Geliebter, ein Amerikaner, an seinem Straßenkreuzer. Sie will nur ihre Sachen abholen.

Als Eric sie nach zwei Jahren wiedersieht, ist sie wie eine Prostituierte aufgemacht. In einer Bar trinken sie zusammen Kaffee. Entsetzt beobachtet er, wie Olga geradezu hysterisch die Bedienung schikaniert, und als sie zur Toilette geht, nützt er die Gelegenheit und stiehlt sich davon. Aber die Bedienung läuft ihm nach und führt in aufgeregt in die Damentoilette — wo Olga besinnungslos am Boden liegt. Im Krankenhaus erfährt er, dass sie an einem Gehirntumor leidet. Er bringt ihr türkische Früchte mit und muss zusehen, wie sie sich mit der klebrigen Masse gierig den Mund vollstopft. Als ihr von der Chemotherapie die Haare ausgehen, schenkt er ihr eine Perücke. Wenig später sitzt er an ihrem Bett, während sie sich aufzusetzen versucht, nach der vom Kopf gerutschten Perücke greift und im nächsten Augenblick tot umsinkt.

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Filmkritiik:

Anfangs könnte man glauben, es handele sich bei „Türkische Früchte“ – der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jan Wolkers aus dem Jahr 1969 – um die harmlose Parodie eines anarchistischen Sex-and-Crime-Streifens. Doch es ist eine Tragödie. Dem Provokateur Paul Verhoeven geht es darum, Tabus zu brechen und das Spießbürgertum mit drastischer Hemmungslosigkeit zu konfrontieren. Dabei hat er an einigen unappetitlichen Stellen dick aufgetragen.

Am Ende scheitern Erics uneingeschränkte Liebe und seine individualistische Lebenskunst nicht an den Zwängen der Gesellschaft, sondern an der unersättlichen Lebensgier Olgas, die damit vielleicht auch schon lange vor ihrer Erkrankung die ständige Angst vor dem Krebs verdrängen wollte.

Paul Verhoevens Film „Türkische Früchte“ wurde für einen „Oscar“ nominiert.

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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.