Aborigines


Als Aborigines bezeichnen wir die Ureinwohner Australiens und Tasmaniens (vergleichbar mit den Maori in Neuseeland). Das Wort kommt aus dem Lateinischen: ab origine (von Beginn an). Die Aborigines selbst nennen sich nicht so, sondern haben je nach Stammeszugehörigkeit verschiedene Namen für sich, beispielsweise Koori, Nanga oder Nyungar im Süden Australiens, Wonghi im Westen, Yolngu im Norden, Murri im Osten und Palawa auf Tasmanien. Während Europäer früher geglaubt hatten, die Aborigines verfügten über eine einheitliche Sprache, fand Ludwig Leichhardt in der Mitte des 19. Jahrhunderts heraus, dass dies nicht der Fall ist. Heute existieren von den damals etwa 500 Sprachen und Dialekten nur noch weniger als die Hälfte. Ob sie alle zu einer einzigen Sprachfamilie gehören, ist unklar. Jedenfalls weisen die Sprachen und Dialekte der Aborigines keine Gemeinsamkeiten mit anderen Sprachfamilien auf.

Aborigines glauben, dass die Totems, von denen sie abstammen, in einer „Traumzeit“ (Dreamtime, Tjukurrpa) genannten mythischen Epoche durch das damals öde Land zogen

und durch ihren Gesang überhaupt erst Berge, Felsen, Flüsse, Wasserlöcher, Pflanzen und Tiere schufen. Sie sangen die Welt ins Dasein und markierten zugleich ihre Territorien. Während ein Vogel durch seinen Gesang ein Revier beansprucht, denken die Aborigines nicht in Flächen, sondern in Pfaden, die das Land durchziehen. Diese Traumpfade haben auch heute noch eine große Bedeutung für die Aborigines, die ihre Mythen durch Tänze und Gesänge von Generation zu Generation überliefern.

Die Aborigines sind dunkelhäutig. Charakteristisch für sie sind ausgeprägte Nasenlöcher und eine fliehende Stirn.

Traditionell leben Aborigines in Sippen mit Stammesältesten an der Spitze und Frauen am unteren Rand der Gesellschaftspyramide. Ursprünglich handelte es sich bei den Aborigines um Nomaden. Für kürzere Aufenthalte errichteten sie aus Zweigen, Baumrinde und Gras Schutzschirme gegen den Wind; Hütten bauten sie nur, wenn sie vorhatten, längere Zeit an einem Ort zu bleiben. Während die Männer mit Speeren und Speerschleudern, Bumerangs und Keulen auf die Jagd gingen, sammelten die Frauen Früchte und Beeren, Knollen und Samen, Insekten und Würmer.

Weil die Aborigines nackt herumliefen, keine eigene Schrift entwickelten, sondern ihr Wissen mündlich überlieferten und sich mit Holz- und Steingeräten begnügten, statt Metall zu verarbeiten, hielten die englischen Einwanderer sie für Wilde und versuchten, sie zu missionieren.

Die Zahl der Aborigines verringerte sich inzwischen von schätzungsweise einer Million auf 250 000.

1961 erhielten die Aborigines das Wahlrecht in Australien, aber die Rassentrennung beispielsweise an den Schulen wurde erst in den Achtzigerjahren aufgehoben. Heute leben die meisten der Aborigines in einem Zwiespalt zwischen ihren Traditionen und dem Lebensstil der weißen Bewohner Australiens. Aufgrund dieses Konflikts und fehlender Perspektiven (Analphabetismus, Arbeitslosigkeit, unzureichende medizinische Versorgung) sind viele Aborigines alkoholkrank.

Aborigines werden wesentlich häufiger aus banalen Gründen inhaftiert als nicht-indigene Australier. Obwohl sie nur etwa drei Prozent der Bevölkerung ausmachen, stellen sie in manchen Gefängnissen mehr als 90 Prozent der Insassen. Wegen mangelhafter Ernährung, Alkoholsucht, Selbstmorden und häuslicher Gewalt sterben Ureinwohner im Durchschnitt 20 Jahre früher als andere Australier.
(Urs Wälterlin, Süddeutsche Zeitung, 29. Januar 2007)

© Dieter Wunderlich 2006/2007

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.