Ermächtigungsgesetz 1933


Da der Plenarsaal im Reichstagsgebäude durch den Brandanschlag vom 27. Februar 1933 zerstört wurde [Reichstagsbrand], eröffnet Hermann Göring die erste Sitzung des neuen Reichstags am 21. März 1933 in der Kroll-Oper.

Nach drei Jahren verfügt eine Reichsregierung erstmals wieder über eine parlamentarische Mehrheit. Trotzdem verlangt Hitler in seiner ersten Reichstagsrede am 23. März die Ermächtigung, ohne parlamentarische Mitwirkung Gesetze zu beschließen: »Es würde dem Sinn der nationalen Erhebung widersprechen und dem beabsichtigten Zweck nicht genügen, wollte die Regierung sich für ihre Maßnahmen von Fall zu Fall die Genehmigung des Reichstags erhandeln und erbitten.«

Als einzige Partei widersetzt sich die SPD dem »Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich«. Ihr Vorsitzender Otto Wels begründet diese Haltung in einer mutigen Rede: »Die Wahlen vom 5. März haben den Regierungsparteien die Mehrheit gebracht und damit die Möglichkeit gegeben,

streng nach Wortlaut und Sinn der Verfassung zu regieren. Wo diese Möglichkeit besteht, besteht auch die Pflicht.« Den Nationalsozialisten gibt er zu bedenken: »Wir haben geholfen, ein Deutschland zu schaffen, in dem nicht nur Fürsten und Baronen, sondern auch Männern aus der Arbeiterklasse der Weg zur Führung des Staates offen steht. Davon können Sie nicht zurück, ohne Ihren eigenen Führer preiszugeben.« Hitler stößt von Papen weg, der ihn aufhalten möchte, als er nochmals zum Rednerpult stürmt: »Spät kommt ihr, doch ihr kommt!«, höhnt er mit einem Schiller-Zitat (Friedrich Schiller: Die Piccolomini). Reichstagspräsident Göring läutet die Glocke und weist die Abgeordneten zurecht: »Reden Sie keine Geschichten und hören Sie sich das jetzt an!« Nach Hitlers polemischer Antwort an Otto Wels jubelt Joseph Goebbels: »Man sah niemals, dass einer so zu Boden geworfen und erledigt wurde wie hier.«

Als Hermann Göring das Abstimmungsergebnis bekannt gibt – 441 von 538 anwesenden Abgeordneten haben für die Vorlage votiert –, stürmen die NS-Abgeordneten nach vorn und singen das »Horst-Wessel-Lied«. Das Ermächtigungsgesetz passiert noch am gleichen Abend den Reichsrat und wird am 24. März 1933 im Reichsgesetzblatt verkündet. »Der Reichstag übergibt Adolf Hitler die Herrschaft«, lautet die Schlagzeile im »Völkischen Beobachter«.

»Wir nehmen nicht mehr, als wir verdauen können«, versichert Joseph Goebbels. »Aber was wir verdauen können, das nehmen wir uns Stück für Stück; und so werden wir in ein paar Monaten das ganze Reich in uns hineingefressen haben.«

aus Dieter Wunderlich: Göring und Goebbels. Eine Doppelbiografie
(Fußnoten wurden weggelassen)
© Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2002

Dieter Wunderlich: Göring und Goebbels. Eine Doppelbiografie

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Mehr als zwei Jahrzehnte lang las ich rund zehn Romane pro Monat und stellte sie dann mit Inhaltsangaben und Kommentaren auf dieser Website vor. Zuletzt dauerte es schon zehn Tage und mehr, bis ich ein neues Buch ausgelesen hatte, und die Zeitspanne wird sich noch verlängern: Aus familiären Gründen werde ich das Lesen und die Kommunikation über Belletristik deutlich reduzieren.