Hotel Lux, Moskau


Die Delegierten des III. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale wurden 1921 in einem zehn Jahre zuvor vom Sohn eines Bäckers errichteten Hotel („Hotel Franzija“) in Moskau untergebracht, das von da an als Gästehaus der Komintern diente.

Im Hotel Lux fehlt es an nichts. In der Nähe entstand ein Straßenstrich, denn notleidende Russinnen prostituierten sich für ein paar Lebensmittel. Ernst Thälmann soll einmal mit einer Dose Kondensmilch bezahlt haben. Weil einige der im Hotel Lux wohnenden Emigranten Sekretärinnen der Komintern heirateten, spottete Karl Radek: „Das ist unser Beitrag zur Evolution der Menschheit – vom Matriarchat übers Patriarchat zum Sekretariat!“

Auf das vierstöckige Gebäude wurden 1933 zwei weitere Etagen gesetzt. Es verfügte nun über 300 Zimmer. Toiletten gab es nur auf den Fluren, die Duschen konnten die Männer freitags, die Frauen samstags benutzen. Das Hotel Lux beherbergte nach dem Umbau vor allem politische Flüchtlinge aus Deutschland. Betreten durfte man es nur mit einem Passierschein. Die sowjetische Staatspolizei (NKWD) kontrollierte die Post und überwachte die Telefone. Viele der Bewohner wurden zwischen 1936 und 1938 festgenommen und in Straflager deportiert.

Als die Wehrmacht im Oktober 1941 nah an Moskau herangerückt war, brachte man die Menschen aus dem Hotel Lux nach Ufa in Baschkortostan am Ural. Aber schon im Frühjahr konnten sie zurückkehren.

Tschou En-lai und Ho Tschi Minh, Richard Sorge, Tito, Georgi Dimitroff, Palmiro Togliatti, Johannes R. Becher, Wilhelm Pieck, Ernst Reuter und Herbert Wehner gehörten beispielsweise zu den Gästen des Hotel Lux. In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs hielt sich die Gruppe Ulbricht vorübergehend im Hotel Lux auf, bevor sie am 30. April 1945 nach Deutschland zurückkehrte.

Weil man die Zimmer 1954 für die Gäste einer landwirtschaftlichen Ausstellung benötigte, wurden die letzten Politischen ausquartiert und das Gebäude als Hotel weitergeführt („Hotel Zentralnaja“). Als nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Hotelpreise in Moskau explodierten, galt das schäbige „Hotel Zentralnaja“ als eine der billigsten Unterkünfte in der Stadt.

Dann kaufte ein dem Geschäftsmann Boris Ivanishvili gehörendes Unternehmen das Gebäude und ließ es zum Luxushotel der Mandarin Oriental-Gruppe umbauen.

Ruth von Mayenburg, die von 1938 bis 1945 im Hotel Lux lebte, schrieb darüber ein Buch („Hotel Lux“, Bertelsmann Verlag 1978; Neuausgabe: „Hotel Lux, die Menschenfalle“, Elisabeth Sandmann Verlag, 2011).

Leander Haußmann drehte den Film „Hotel Lux“.

© Dieter Wunderlich 2012

Leander Haußmann: Hotel Lux

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Patrick McCabe erzählt in seinem Roman "Der Schlächterbursche" die Entwicklung eines Heranwachsenden aus dessen Perspektive und in dessen Sprache. Trotz der Brutalität wirkt die psychologisch subtile Darstellung auf beklemmende Weise auch komisch.
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